02. Dezember 2017 – Das Wormser (Mozartsaal):
Text: Dennis Dirigo, Frank Fischer
Zehn Bands, davon sechs, die zum ersten Mal auf der Bühne des neuen Mozartsaals standen, sorgten für eine äußerst kurzweilige Wormser Rocknacht 2017. Gleichzeitig bewies die regionale Musikszene am 02. Dezember 2017 erneut, dass sie pulsiert. Knapp 400 Besucher, etwas mehr als im letzten Jahr, feierten bis weit nach 1 Uhr eine laute Rockparty.
Es war Punkt 20 Uhr, als die ersten verzerrten Akkorde durch den bereits bestens besuchten Mozartsaal donnerten. Ein untrügliches Zeichen, dass die Wormser Rocknacht eröffnet war. Die Aufgabe, die fünfstündige Rockparty einzuläuten, hatte die junge Band NO SECOND NAME aus Worms. Eigentlich ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Rocknacht nur Bands vorbehalten ist, die ihre eigene Musik spielen; andererseits versteht sich die Veranstaltung auch als Bühne für Nachbuchsbands – und das sind No Second Name ohne Zweifel. Sängerin Leonie Ahlert fasste augenzwinkernd die Erfahrung so zusammen: „Das ist unser bisher größter Auftritt und wir sind überhaupt nicht nervös!“ Nach anfänglichen Unsicherheiten gewann die Band im Laufe des Auftritts deutlich an Selbstbewusstsein. Musikalisch spielte man sich durch einen unterhaltsamen Mix diverser Alternative-Rock-Klassiker. Dass man vorhat, irgendwann die Pfade des Coverns zu verlassen, demonstrierten sie mit ihrem gelungenen Debüt-Song „Fassaden“. Der letzte Ton war kaum verhallt, da übernahm auch schon die Osthofener Band AEMMA das Konzertruder auf der rechten Bühne im Mozartsaal. Das musikalische Gaspedal voll durchgedrehten, legten die Rock’n’Pop Youngsters 2017 in Sachen Energie nochmal eine kräftige Schippe drauf. Ein Song hieß „Sorgenfrei“, so könnte man wohl am besten die Atmosphäre dieser kraftvollen halben Stunde „Pineapple-Punk“ umschreiben. Zum Abschluss ließen es sich die Jungs auch nicht nehmen, sich mit einer letzten Zugabe in die Nacht zu verabschieden. Auch die Band THE JUKES kann bereits auf einige Preise verweisen, u.a. den Deutschen Rock- und Pop-Preis 2015. Warum das so ist, zeigten sie bei ihrem kraftvollen Auftritt. Unterstützt von zwei Bläsern grenzten sich die Musiker mit ihrer wilden Mischung aus Ska, Rock, Folk, Mariachi und Reggae deutlich von den beiden Vorgängerbands ab. Eingängige Songs und eine perfekt geölt spielende Bandmaschinerie sorgten für Gute-Laune-Garantie. Bei ihrem Song „Traveler“ gab es zu früher Stunde auch bereits die erste Polonaise der Besucher durch den Saal. Nach diesem stimmungsvollen Auftritt ist die Band aus dem hessischen Rödermarkt mit Sicherheit mal wieder ein gern gesehener Gast in Worms. Während die ersten drei Bands des Abends allesamt zum ersten Mal auf der Wormser Rocknacht spielten, sind JOLEEN fast schon alte Hasen, die bereits zum vierten Mal (beim 1. Auftritt noch unter dem alten Namen „Stereoswitch“) die Bühne des Mozartsaals enterten. Mit Songs aus ihrem neuen Album „Aeon“ im Gepäck stellte die Band um Frontmann Florian Schwöbel einmal mehr unter Beweis, warum man auch bei größeren Festivals wie „Rock im Park“ das Publikum begeistert hat. Ihr American Nu Rock, gespielt mit drei Gitarren, reißt vom ersten Song an mit und hält ein beachtliches Level an radiotauglichen Rocksongs wie „My Muse“ oder „Free your mind“ bereit. Außerdem hatten Joleen wieder einmal eine geniale Überleitung zur nachfolgenden Band einstudiert. Während Joleen auf der rechten Bühne Torben Müller, Frontmann von AMEGAPHON (von der linken Bühne), für den letzten Song begrüßten, spielten sich beide Bands gleichzeitig in den alten Ramones-Klassiker „Blitzkrieg Bop“. Das war sicherlich einer der besten Momente der Rocknacht. Auch Amegaphon sind keine Greenhorns mehr, sondern zum dritten Mal bei der Rocknacht dabei. Ihr Alternative-Punk mit deutschen Texten hat Verve, ist für Punkverhältnisse sauber gespielt, wirkt aber auf Dauer etwas eintönig. Anschließend folgten THE FABSTERS, die bereits 2015 schon einmal auf der Wormser Rocknacht gespielt haben. Danach wurde es ruhig um das Trio um Sänger und Bassist Anton Belousov, so dass man ihren diesjährigen Auftritt als erstes Lebenszeichen nach längerer Zeit werten konnte. Ihr „Eclectic Indie Rock“ ist von britischen und amerikanischen Indie-Vorbildern beeinflusst und geriet nicht ganz so schwungvoll wie bei ihrem letzten Auftritt. Eine grandiose Version von „Helter Skelter“ als Abschlusslied entschädigte jedoch für den einen oder anderen langatmigen Moment ihres halbstündigen Auftritts.
Auf den Auftritt der nächsten Band waren viele Besucher gespannt, denn auf der seit 2013 erstmals wieder im Mozartsaal durchgeführten Wormser Rocknacht haben die „Elder Statesman“ der regionalen Musikszene noch nie gespielt. Die Rede ist von minusmen, die seit zwei Jahrzehnten im Geschäft sind und jüngst ihr fünftes Album „Rosemary“ veröffentlicht haben, von dem es auch einige Kostproben gab. Die drei Bandmitglieder – Alex Günther (Gesang & Bass), Gitarrist Martin Stenger und Drummer Dennis Welker – leben zwar seit einigen Jahren in Köln, kommen aber immer wieder gerne für einen Gig in ihre alte Heimat zurück. Während ihr an Dinosaur Jr. erinnernder Noise-Rock in kleinen Locations, wie der Funzel oder dem Schwarzen Bär, eine geradezu hypnotische Wirkung entfacht, dauerte es auf der großen Bühne im Mozartsaal ein wenig, bis sich ihr gewohnt brachialer Sound seinen Weg bannte. Zufrieden, aber nicht euphorisch, waren dementsprechend die Reaktionen des Publikums. Da nicht alle Bands exakt 30 Minuten gespielt hatten, war es schon nach Mitternacht, als mit SCHAUDINGER genau die richtige Band zum richtigen Zeitpunkt die Bühne betrat. Vermutlich hätte man bei einem größeren Festival an dieser Stelle „Die Ärzte“ eingestreut, um die Besucher zu später Stunde bei Laune zu halten. Die Rocknacht-Debütanten Schaudinger erfüllten diesbezüglich ihren Auftrag nahezu perfekt. Mit Punk, der gute Vibes versprühte, und mit deutschen Texten, die Spaß machten und keinem weh tun, hielt das Punk-Trio das Publikum in Bewegung. Die nachfolgenden THE IRON KEYS waren bereits 2014 bei der Wormser Rocknacht dabei und stellten einmal mehr unter Beweis, warum sie zu den Bands des Abends zählten, die man bedenkenlos für jedes Rockfestival buchen kann. Ohne viel Schnörkel gespielt und mit den entsprechenden „Ohohoho-Mitsingparts“ ausgestattet, waren ihre Songs auch zu später Stunde noch Anreiz genug für das immer spärlicher vorhandene Publikum, um kräftig mitzusingen. Zum ersten Mal bei der Wormser Rocknacht am Start, hatten DEREK T. RYDER AND THE RED ANGELS die undankbare Aufgabe, erst nach 1 Uhr, als eigentlich schon Schluss sein sollte, die Bühne zu betreten. Ihre Mischung aus Grunge und Stoner Rock, gepaart mit teils schiefem, teils aggressivem Gesang, ist zugebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig, so dass sich der Mozartsaal recht schnell leerte. Womöglich werden aber auch nur die härtesten Rockfans irgendwann müde.
Fazit: Auch wenn es keine Band geschafft hat, einen überragenden Auftritt hinzulegen, von dem man noch tagelang gesprochen hat, war die Wormser Rocknacht 2017 eine runde Sache, weil es eben auch keine negativen Ausfälle gab. Die Marschrichtung „Rock“ wurde konsequent eingehalten.