Es war ein Post der Wormser Stadträtin Katharina Schmitt (stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen), der im Februar bei Facebook Aufmerksamkeit erregte. Mit dem entwaffnend ehrlichen Satz „Die Party ist vorbei!“ beschrieb die seit 2014 im Wormser Stadtrat sitzende Cellistin Schmitt einen Umstand, auf den wir ebenfalls seit Jahren hinweisen. Entscheidend ist nicht, wie niedrig oder wie hoch das aktuelle Haushaltsdefizit im jeweiligen Jahresplan ausfällt. Entscheidend ist die Gesamtverschuldung unserer Nibelungenstadt und die beträgt rund 500 Millionen Euro!
Verwaltung vs. Stadtrat?
In ihrem Text bezog sich die Kommunalpolitikern auf den Umstand, dass bei der Verkehrsplanung besonders der Fahrradfahrer immer wieder zu leiden hat, da Radwege bisher nicht in die verpflichtenden Straßenbauinvestitionen aufgenommen werden, sondern zu den berühmt-berüchtigten „freiwilligen Leistungen“ zählen. Seit diesem Jahr gibt es erstmals einen Posten für Radwegeausgaben, wie Richard Grünewald (Fraktionsvorsitzender) im Gespräch mit WO! erklärt. „100.000 Euro wurden auf meinen Antrag hin im Stadtrat verabschiedet“, sagt er und räumt ein, dass das zwar nicht viel ist, aber immerhin ein Anfang. Dementsprechend optimistisch meint er, dass vielleicht auch die Verwaltung in fünf Jahren erkannt hat, dass es bei Radwegen nicht um die Freizeitfahrer geht, sondern vor allem um jene, die das Rad als Verkehrsmittel im gewöhnlichen Alltag nutzen. Besonders im Hinblick auf die delikate Finanzsituation der Stadt sieht Schmitt die Notwendigkeit, in der Zukunft deutlich enger mit eben jener Verwaltung zusammenzuarbeiten. In ihrem Post zitiert sie die Verwaltung mit einem Satz aus der öffentlich zugänglichen Bürgerinfo-Seite: „Investitionen müssen dem Grunde, der Höhe und der Zeitschiene nach unabweisbar und alternativlos sein. Die Budget- und Projektverantwortlichen haben dies laut ADD zu dokumentieren und zu bestätigen. Sie sind dafür haftbar.“ (Anlage HH 2018, Bürgerinfo SR 3.5. 2018). Übersetzt bedeutet das, der Stadtrat muss glaubhaft machen, dass die beschlossenen Ausgaben absolut notwendig sind. Katharina Schmitt sieht in den Auflagen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion auch den Grund für ein latentes Misstrauen zwischen Verwaltung und Rat und fragt: „Was gibt es zu beschließen, wenn das Geld aus ist?“ Schmitt weiter: „All die Jahre wurden wir gewählt, weil wir was Schönes für die Leute beschlossen haben. Nun ruft der ganze Rat z.B. unisono: Wir sind für mehr Radwege! Ein Ausruf, der die Verwaltung in die Ecke drängt, würde sie doch womöglich gerne mit rufen, kann aber nicht aufgrund der finanziellen Knebelung“.
Ist die Lage wirklich so schlimm?
Im Gespräch erklärt Katharina Schmitt, dass die Aussage etwas pessimistischer klingt als sie gemeint ist und verweist darauf, dass es nicht alleine die Geldsituation ist, die die Verwaltung in die Ecke drängt und kaum Luft für alternatives Denken lässt. Grünewald erklärt, dass es letztlich der OB ist, der als Verwaltungschef die Richtung der Verkehrspolitik vorgibt. Während andere Städte einen Verkehrsdezernenten mit der Planung einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik beauftragen, liegt diese in Worms in den Händen von OB, Baudezernent und der ausführenden Stadtverwaltung. Richard Grünewald attestiert den Politikern zusätzlich eine gewisse Angst vorm Bürger, weshalb man Dinge beschließt, die zwar im Moment populär sind, aber eben nicht zukunftsweisend. Schmitt hierzu: „Jahrzehntelang haben wir eine (Verkehrs-)Infrastruktur beschlossen und umgesetzt, die erhebliche Folgekosten generiert, aber nicht zukunftsfähig ist“. Und weiter: „Wenn wir Rad und ÖPNV ausbauen wollen, werden wir den Kraftfahrzeugen was wegnehmen müssen. Das hat man auch in der Vergangenheit immer wieder vorgeschlagen, und keiner hat sich getraut (z.B. Bus-/ Radspur mit Einbahnstraßenregelung). Es gibt Städte, die damit erfolgreich für alle sind“. Ein Beispiel ist München, dort hat der Stadtrat jüngst eine Verkehrswende beschlossen. Öffentliche Flächen sollen zugunsten von öffentlichen Verkehrsmitteln, Fußgängern und Radlern neu aufgeteilt werden, auch möchte man den Parkraum einschränken. Es ist wohl nicht zu befürchten, dass München aufgrund dieser Entscheidungen eine schlechter besuchte Stadt sein wird, dennoch ist es ein mutiger Entschluss für die drittgrößte deutsche Stadt.
Im Mai sind Kommunalwahlen. Für den neuen Stadtrat und den neuen OB bedeutet das, in Hinsicht auf die angespannte Kassensituation, eine vorausschauende Politik für Worms zu entwerfen. Das ist leicht gesagt und oftmals vielen Bürgern schwer zu vermitteln, aber dringend notwendig, wenn wir nicht wollen, dass die Stadt an ihrem eigenen Verkehr kollabiert!