Als Nico Hofmann die Intendanz der Nibelungen-Festspiele 2015 übernahm, verband man damit die Hoffnung, dass zukünftig große Namen den Weg nach Worms finden. Nachdem zunächst prominente Namen ausblieben, sorgt der Starproduzent („Dresden“) zwischenzeitlich dafür, dass regelmäßig Schauspielgranden den Weg auf die Bühne vor dem Wormser Dom finden. Nachdem im letzten Jahr Jürgen Prochnow die Festspiele veredelte, ist es in diesem Jahr Klaus Maria Brandauer, der mit seiner unvergleichlichen Präsenz dem Stück „Überwältigung“ eine besondere Note verleihen soll.
Geboren wurde er eigentlich mit dem bodenständig klingenden Namen Klaus Georg Seng in der Steiermark 1943. Der junge Schauspielschüler entschied sich allerdings für einen Künstlernamen, den er seiner Mutter entlieh. 1963 reüssierte er erstmals als Schauspieler und spielte in Tübingen Shakespeares „Maß für Maß“. 1972 wurde er schließlich festes Ensemblemitglied am renommierten Burgtheater in Wien. Das sollte allerdings erst der Anfang einer großen Schauspielerkarriere sein. Die Mischung aus Unverschämtheit und spitzbübischem Charme, die er hintergründig und arrogant präsentierte, wurde sein Markenzeichen und brachte ihm immer größere Rollen. Bis heute ist Brandauer jemand, der mit nur wenigen Gesten eine Szene für sich einnehmen kann und mit kraftvoller Präsenz fasziniert.
Der internationale Durchbruch folgte 1981. Brandauer spielte die bis heute unvergessene Rolle des Schauspielers Hendrik Höfgen, der sich in den Dienst der Nazis stellt, um beruflich keine Nachteile zu erlangen. Die Geschichte, die auf einem Roman von Klaus Mann basiert, lehnt sich lose an der wahren Biografie des Schauspielers Gustav Gründgens an. Das Drama wurde mit dem Oscar als bester nicht englischsprachiger Film bedacht. Brandauer und sein Regisseur Istvan Szabo galten fortan als Dreamteam der anspruchsvollen Unterhaltung. Auch für die folgenden Filme „Oberst Redl“ und „Hanussen“ wurden sie zumindest für den Oscar nominiert. In den 80er Jahren baute der Schauspieler seine Filmkarriere weiter aus, spielte in Kassenschlagern wie dem James Bond Thriller „Sag niemals nie“, der Literaturverfilmung „Das Russland-Haus“ und in „Jenseits von Afrika“. Für seine Darstellung des betrogenen Ehemanns in Sidney Pollacks Breitwandepos gewann Brandauer einen Golden Globe und wurde als bester Nebendarsteller für den Oscar nominiert. Die wahre Heimat des Klaus Maria Brandauer ist jedoch die Theaterbühne. Brandauer spielt nicht nur auf ihr, sondern führt auch regelmäßig Regie. Das Publikum und die Kritik lieben ihn, kaum ein anderer Darsteller wurde in den vergangenen Jahrzehnten so umfangreich mit Preisen gesegnet.
Neben seiner Schauspielarbeit ist Klaus Maria Brandauer auch als kritischer Geist bekannt, der sich gerne in politische Diskussionen einbringt. „Jeder ist aufgerufen, einer falsch gepolten Gesellschaft die Stirn zu bieten“, ließ er in einem dpa-Interview zu seinem 75. Geburtstag die Menschen wissen. Ganz in diesem Sinne übt er immer wieder Kritik an der politischen Entwicklung in seinem Heimatland. Wenn Brandauer ab 12. Juli vor dem Wormser Dom spielt, ist er gerade 76 Jahre alt geworden (22.6.43). An Ruhestand ist allerdings noch nicht zu denken. Zuletzt initiierte er am Wiener Burgtheater eine „literarische Reise“. In der liest Brandauer aus Briefen und anderen Texten namhafter Persönlichkeiten wie Mozart oder vor kurzem Stefan Zweig.