Vom Sehen her kannten wir uns schon seit Jahren von der Wormatia, aber meine erste geschäftliche Begegnung mit Michael Thomas hatte ich im Jahr 2006. Unser Magazin gab es seit etwas mehr als einem Jahr und wir hatten gerade unser zweites Büro in der Friedrich-Ebert-Straße bezogen. Zu dieser Zeit schauten im Wochentakt Vertreter von Druckereien vorbei, um uns von den Vorteilen ihrer „Druckkunst“ zu überzeugen. Einer davon war Michael Thomas von der VMK Druckerei in Monsheim. Nach dem Gespräch entfuhr es meinem damaligen Geschäftspartner: „Das ist ja schon ein komischer Typ. Aber ich mag den.“ Thomas war damals gar nicht wie der typische Geschäftsmann dahergekommen; eher wie ein hemdsärmlicher Kumpeltyp, der immer wieder betont hatte, wie gerne er uns drucken würde und uns das Gefühl gab, dass er gut fand, was wir machten. Vielleicht war er gerade deswegen aus der Masse der Vertreter herausgestochen, zumal sich unser natürlich viel zu langes Gespräch zu 99 Prozent um Privates oder um Wormatia Worms drehte. Tatsächlich sollte es noch ein Jahr dauern, bis wir die Druckerei wechselten, weil Michael Thomas einfach nicht locker gelassen hatte und mich nahezu im Wochentakt bei Wormatia Spielen ansprach. Daraus ist eine bis heute anhaltende Geschäftsbeziehung entstanden – durch alle Höhen und Tiefen.
Michael Thomas war ein echtes Original, an das ich immer mit einem weinenden, aber auch mit einem lachenden Auge erinnern werde. Er war einer, der kein Blatt vor den Mund nahm und immer einen lockeren Spruch parat hatte. Einer, der es zwar faustdick hinter den Ohren hatte, der sich aber im Laufe der Jahre stets seine Menschlichkeit bewahrt hat. Einer, der die Tricks und Kniffe des Geschäftslebens bestens kannte und den man nur sehr schwer übers Ohr hauen konnte. Als Chef habe ich ihn nicht erlebt, aber ich denke, dass er sehr hart sein konnte, wenn es nötig war, dass er auch mal richtig laut werden konnte, aber im Grunde ein herzensguter Mensch war. Als Außenstehender hat man ihn als unglaublich kompetent in vielen Bereichen wahrgenommen. Der Satz „Hier packt der Chef noch selbst mit an!“ traf auf ihn wie auf keinen Zweiten zu. Wenn der Techniker, der eine Maschine reparieren sollte, erst nachmittags kommen sollte, hat er sich morgens selbst ans Werk gemacht. Oder wenn die WO! Redaktion Vorabexemplare der neuen Ausgabe haben wollte, hat der Chef den Bus selbst beladen und kam zu uns gefahren. Vor allem aber konnte man sich immer an ihn wenden, egal um was es ging. Michael Thomas kannte Alles und Jeden, wenn man so will war er sogar besser informiert als so mancher Journalist. Wenn es geschäftliche Probleme gab, wusste er immer einen guten Rat. Und als es unserem Verlag mal eine Zeit lang finanziell nicht sonderlich gut ging, war er der einzige Gläubiger, der eine Zahlungsfrist nicht ganz so eng sah und unseren Verlag damit am Leben gehalten hat.
Die Nachricht von seinem Tod hat uns alle im Verlag schockiert. Ein wenig tröstet mich der Gedanke, dass Michael Thomas ein erfülltes und ereignisreiches Leben hatte. Als großer Fan von Wormatia Worms und Schalke 04 hat er nur wenige wichtige Spiele sausen lassen. Wenn der S04 im Europapokal gespielt hat, ist er durch halb Europa gereist. Für seine Schalker war ihm kein Weg zu weit, ebenso wenig wie für die Wormatia, die er in der bittersten Zeit auch auf den letzten Dorfsportplatz begleitet hat. Stets an seiner Seite seine Frau Helga. Michael Thomas hatte ein Ferienhaus in Spanien und wusste das Leben zu genießen, ohne abgehoben zu werden. Wie jemand, der schon vieles erlebt, aber dabei nicht die Bodenhaftung verloren hat. Mir fällt dazu eine Anekdote ein, die mir Wormatia-Präsident Jochen Schneider vor ein paar Jahren erzählt hat. Michael Thomas, dessen Verlag Publikationen für Hochschulen herausbringt, sei bei einer Präsentation selbiger von einem Professor gefragt worden, welchen Studiengang er denn zuerst gewählt hätte, worauf es Thomas entfuhr: „Isch? Studiert? Isch hab Betriebsschlosser beim Enzinger gelernt!“
Wenn ich zukünftig in die VMK Druckerei fahre, dann ganz sicher mit einem mulmigen Gefühl, weil ich instinktiv nach ihm Ausschau halten und die obligatorische Frage vermissen werde: „Hosche mo kurz?“ Spätestens dann wusste ich genau, dass ich mindestens für die nächste halbe Stunde einen Gesprächspartner haben werde, der von „Kuchenbacken“ auf „Arschbacken“ kommt. Und es war immer toll, sich mit jemandem zu unterhalten, der wirklich interessiert war und wertvolle Ratschläge geben konnte, weil ihm das pralle Leben, das er in 62 Jahren genossen hatte, jede Menge Menschenkenntnis beschert hatte. Manchmal kam Michael Thomas bei uns im Büro (oder später auch bei uns zuhause) vorbei, zumeist angekündigt mit den Worten: „Ich hab aber nicht lange Zeit…“, um dann nach zwei Stunden Plauderei mit ganz viel Lachen hektisch auf die Uhr zu schauen: „Jetzt muss ich aber wirklich los…“ So war er eben. Als ich einmal vor ein paar Jahren wegen der verspäteten Auslieferung unserer Magazine stinksauer war und bereits eine Kollegin am Telefon rund gemacht hatte, rief der Chef persönlich an und schaffte es mit nur einem einzigen Satz, mich von 180 auf Normalblutdruck runterzufahren: „Reesch disch doch net so uff, du krieschts jo noch ans Herz.“ Man konnte dabei regelrecht sein verschmitztes Grinsen durch den Telefonhörer spüren. Spätestens dann konnte man ihm sowieso nicht mehr böse sein. Am 22.11.2019 hat das große Herz von Michael Thomas aufgehört zu schlagen. Unsere Gedanken sind bei seiner Ehefrau Helga, seiner Familie und der Belegschaft der VMK.