Gar nicht so einfach war im Jahr 2019 die Suche nach einem Headliner für das Sonderkonzert von „Worms: Jazz & Joy“. Horrende Künstlergagen und konkurrierende Musikfestivals in der Region machen es der Festivalleitung zunehmend schwerer Künstler zu finden, die bezahlbar sind, aber trotzdem für einen gut gefüllten Marktplatz sorgen. Vier Monate vor dem Festival lautete die rettende Idee „Wolfgang Niedeckens BAP“.
Als man 1990 noch als „Wormser Jazzfestival“ startete, da war nicht nur die Konzeption des Festivals eine andere, auch die gesamte Musikwelt war mit der heutigen nicht vergleichbar. Vor 30 Jahren verdienten Musiker ihr Geld hauptsächlich über Plattenverkäufe, aber mit der zunehmenden Digitalisierung und den damit verbundenen Raubkopien ist dieser Markt nahezu komplett zusammengebrochen. Waren Konzerte früher allenfalls nette Zubrote für die Künstler, sind sie mittlerweile zur Haupteinnahmequelle geworden. Als Folge daraus sind die Gagen in den letzten Jahren massiv explodiert. Für Veranstalter ist es deshalb nahezu unmöglich, in diesem hart umkämpften Markt ein „Schnäppchen“ zu finden, mit dem man bestenfalls sogar noch Geld verdienen kann. Auch für die Macher von „Worms: Jazz & Joy“ gestaltet sich die Suche nach Künstlern für das Sonderkonzert immer schwieriger. Konnte man in der Vergangenheit noch Simply Red (2003), Die Fantastischen Vier (2008) oder Xavier Naidoo (2013), die allesamt 2020 in großen Arenen touren, nach Worms locken, wären diese heute unbezahlbar. Erschwerend kommt hinzu, dass 2019 nicht unbedingt ein gutes Konzertjahr war. Um die wenigen Künstler, die unterwegs waren, buhlte eine immer größere Masse an Musikfestivals in der Region. Seit 2016 gibt es im Sommer das Rhein-Neckar-Zeltfestival in Mannheim, das Künstler in einer ähnlichen Preisklasse anspricht wie beim Sonderkonzert von „Jazz & Joy“. In unserer Landeshauptstadt findet seit zehn Jahren über den Sommer verteilt „Summer in the City“ statt, wobei die meisten Konzerte auf der Mainzer Zitadelle ausgetragen werden, die eine ähnliche Kapazität wie der Wormser Marktplatz hat. Während man in Mainz schon frühzeitig mit Künstlern wie Bob Dylan, Rea Garvey, oder Foreigner warb und in Mannheim Nena, Andreas Bourani, Ska-P, Status Quo oder Cypress Hill zusagten, konnte man in Alzey die Verpflichtung von Fettes Brot für das Da Capo Festival verkünden. In Worms dagegen fing man sich eine Absage nach der anderen ein.
Die rettende Idee lautete schließlich: Wolfgang Niedeckens BAP. Die Kölner Combo war zwar erst im Jahr 2016 im (ausverkauften) Mozartsaal aufgetreten und man hatte nur noch vier Monate Vorlaufzeit für die Werbung. Letztendlich waren aber alle Bedenken umsonst, denn 2.500 Besucher spülten über 120.000 Euro in die Kasse, während die Gage der Band, laut Kennerschätzung, ungefähr bei der Hälfte gelegen haben dürfte. Von daher entwickelte sich das Sonderkonzert von BAP zu einem lohnenden Geschäft, mit dem man sogar einen Teil des restlichen Festivals refinanzieren konnte. Auch aus künstlerischer Sicht gab es wenig zu meckern. Das Programm von „Worms: Jazz & Joy 2019“ darf man als frisch und gewohnt abwechslungsreich bezeichnen. Max Herre und De Phazz sorgten am Samstagabend für volle Plätze, Jazzfans kamen bei Ed Motta oder Pee Wee Ellis auf ihre Kosten und natürlich gab es auch wieder jede Menge verheißungsvolle Newcomer wie Bukahara oder LionLion zu entdecken. Und BAP sorgten dann am Sonntagabend mit einem dreistündigen Ritt durch die eigene Bandgeschichte für den umjubelten Schlusspunkt des Festivals.