Irgendwie war es von Anfang an ein großes Missverständnis. Die Rede ist vom Nibelungenmuseum. Während die Bevölkerung das Bauwerk weitestgehend abgelehnt hat, waren die politischen Verantwortlichen geradezu besessen von der Idee, die Nibelungensage virtuell an der Stadtmauer erlebbar zu machen.
Es rückten französische Architekten und Fachfirmen an, um ein Bauwerk zu verwirklichen, das 19 Jahre nach der Eröffnung bereits einen Sanierungsbedarf von mindestens einer Million Euro aufweist. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man schon seit längerem, dass man dieses Gebäude so nicht hätte bauen dürfen. Sollten die beiden großen Parteien im Wormser Stadtrat die millionenschwere Sanierung durchwinken, dann geschieht dies in erster Linie, weil man sich nicht den Fehler eingestehen will, dass das Nibelungenmuseum nie die gesteckten Erwartungen erfüllen konnte und sich von Beginn an zum Zuschussbetrieb entwickelt hat. Vor allem aber muss man sich die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, noch einmal ordentlich Geld zu investieren, um eine „Totgeburt“ noch 20 weitere Jahre zu betreiben. Die Stadt Worms und die Nibelungen virtuell entdecken, mag im Jahr 2001 noch spektakulär gewesen sein. Im Jahr 2020, in Zeiten von Apps, Playstation und 3-D-Kinos, wirkt die Nibelungen-Multimediashow wie ein Relikt aus einem anderen Jahrhundert.
Gerade in einer Zeit, in der rechtsextreme Parteien immer mehr Zulauf erhalten, ist es unsere Pflicht, über den 75. Jahrestag der Zerstörung der Stadt Worms zu berichten und immer wieder daran zu erinnern, was passiert, wenn Rechtspopulisten die Oberhand gewinnen. Umso bemerkenswerter war eine Aktion, die sich am 24.01.2020 am Rande der „Fridays gegen Altersarmut“ Demonstration am Obermarkt abspielte. Auch wenn die über FACEBOOK gegründete Bewegung in dem Verdacht stand, von rechten Gruppierungen unterwandert zu sein, ist ihr Anliegen durchaus ehrenhaft. Zwar wird das Thema der Pfandflaschen sammelnden Rentner gerne aus dem rechten Spektrum aufgegriffen, von der Hand zu weisen, ist das Problem aber nicht. Um erst gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, erteilte die Organisatorin Doreen Naumann zu Beginn der Veranstaltung einigen NPD-Funktionären, die sich über die sozialen Medien angekündigt hatten, einen Platzverweis, dem diese auch anstandslos folgten. Und das ist auch gut so. Das Thema „Altersarmut“ ist viel zu wichtig, um es von den Rechten vereinnahmen zu lassen, die das Problem hauptsächlich mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung in Verbindung bringen, getreu dem Motto: Ohne Flüchtlinge hätten wir gar keine Altersarmut. Dabei sind die Rentenprobleme des Staates hausgemacht, weil man in schlechten Zeiten die Rentenkasse geplündert hat, aber in guten Zeiten kaum Zugeständnisse an Rentner machen will. Dafür können aber die Flüchtlinge nichts. Im Übrigen sprühten am Abend vor dem angekündigten Besuch von Rechten vermutlich linke Aktivisten Parolen an Fassaden in der Wormser Innenstadt und schädigten damit in erster Linie einheimische Geschäfte. Das zeigte wieder einmal, dass Dummheit keine Unterschiede macht zwischen Links oder Rechts.
Gute Unterhaltung beim Lesen der 170. Ausgabe von:
WO! – DAS Wormser Stadtmagazin
wünscht Ihnen
Frank Fischer | Chefredakteur