Unternehmen ehret + klein stellt Pläne zur Sanierung des Kaufhofgebäudes vor

2020 war kein gutes Jahr für die Wormser Innenstadt. Zunächst zwang der erste Lockdown im Frühjahr Händler dazu, ihre Geschäfte zu schließen, und als der Sommer noch nicht einmal begonnen hatte, verkündete das Unternehmen Galeria Kaufhof das „Aus“ für den Standort in Worms. Der Schock saß und damit wuchs die Sorge, ob das gewaltige Gebäude inmitten der Fußgängerzone nun zum Mahnmal einer sterbenden Innenstadt verkommt. Das Starnberger Unternehmen ehret + klein, dem die Immobilie gehört, stellte nun erste Sanierungspläne vor und überraschte mit einem nicht unbedingt originellen, aber mutigen Plan, um das Gebäude und womöglich die Einkaufsstadt Worms zu retten.

MISCHNUTZUNG ALS SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG?

Als 2018 das bayerische Unternehmen ehret + klein die rund 11.000 Quadratmeter große Immobilie im Herzen von Worms erwarb, ahnte man bereits, dass das Konzept eines Kaufhauses keine Zukunft hat. Dennoch war man letztlich überrascht über die Geschwindigkeit, mit der sich die Investorengruppe Benko, denen Galeria Kaufhof gehört, von dem Wormser Geschäft trennte. Da man sich zuvor schon mit dem Thema Innenstadtentwicklung beschäftigte, hatte das Unternehmen, das sich selbst als „Projekt und Quartiersentwickler“ sieht, bereits eine ungefähre Marschrichtung, als das Worst Case Szenario im vergangenen Frühjahr eintrat. Im Rathaus präsentierte Unternehmenschef Michael Ehret, in Begleitung von Oberbürgermeister Adolf Kessel, die Pläne. Während man sich in Landau, wo das Unternehmen ebenfalls eine Kaufhof Immobilie besitzt, für einen Abriss entschied, verfolgt man in Worms den Weg der Entkernung und Sanierung. Michael Ehret erklärte hierzu, dass die Substanz des Gebäudes im Wesentlichen sehr gut sei und hinter der aufgesetzten Fassade sogar noch die zahlreichen Fenster, die einst für viel natürliches Licht im Gebäude sorgten, erhalten seien. Ebenso war man positiv überrascht, dass auch die Technik der früheren Markthalle im Untergeschoss in einem guten Zustand sei. Keinen Bedarf hat man indes für die Rolltreppen. Die möchte man entfernen und den daraus entstehenden Raum dafür nutzen, einen „Lichthof“ zu gestalten, der, wie der Name schon sagt, durch eine Glaskuppel auf dem Dach für zusätzliches Licht in dem großen Gebäude sorgen soll. In diesem Moment werden auch Erinnerungen wach an die benachbarte Kaiser Passage. Michael Ehret erklärt jedoch, dass man mitnichten eine weitere Mall in der Innenstadt etablieren wolle. Aus den ehemaligen Verkaufsflächen des Kaufhofgebäudes sollen etwa 8.600 Quadratmeter neu genutzte Fläche entstehen.

ERSTE MIETER ENDE MÄRZ GEPLANT

Verteilt über sechs Geschosse strebt man ein vielseitiges Nutzungskonzept an. Im Untergeschoss möchte man Flächen für Einzelhandel anbieten, während man im Erdgeschoss lokalen Anbietern zeitlich begrenzte Verkaufsflächen in Form von „Pop-Up Stores“ anbieten möchte. Auch sei eine gastronomische Nutzung vorstellbar. Ehret schwebt diesbezüglich ein Markthallencharakter vor. Im ersten Stock sollen Büroräume entstehen, die man günstig vermieten möchte. Den zweiten Stock, in dem sich früher die Herrenabteilung befand, möchte man für Kulturangebote (Ausstellungsflächen) nutzen. Zusätzlich sollen hier Räume für lokale Bildungsträger entstehen. Im Obergeschoss soll ein Café mit Dom Blick einziehen, sowie Flächen für eine Co-Workingspace Nutzung geschaffen werden. Zusätzlich hegt man den Gedanken, zwei weitere Geschosse auf das Gebäude zu setzen, die als Wohnfläche genutzt werden sollen. Hier favorisiert man eine leichte und moderne Holzbauweise. Unterteilt ist die Umsetzung dieses Konzeptes in drei Schritten. Kurzfristig möchte man eine Zwischennutzung des Bestandes bis zum Mieterausbau. Michael Ehret spricht davon, dass man bereits Ende März erste Mieter begrüßen könnte. Tatsächlich würden derzeit Gespräche mit Interessenten laufen. Mittelfristig strebt man den Umbau der Verkaufsflächen an, sowie die Vermietung an Lebensmittelvollsortimenter und lokale Händler. Ziel ist es, einen „multifunktionell genutzten Anziehungspunkt in der Innenstadt“ zu schaffen. Das könnte aber auch dazu führen, dass die KW endgültig ausblutet, sollte, wie einst bei der Kaiser Passage, eine Verschiebung verschiedener Mieter in die geplante Markthalle stattfinden. Das würde wiederum dem Plan entgegen kommen, den Jens Buschbacher, Centerleiter Kaiser Passage, vor kurzem anregte, die Innenstadt auf den Bereich zwischen Parmaplatz und Römischer Kaiser zu fokussieren. Eher langfristig plant man die Aufstockung des Gebäudes. Klar ist den Immobilienentwicklern, die auch ein Wohnquartier auf dem ehemaligen Rheinmöve Gelände planen, dass man zusätzlich ein Mobilitätskonzept benötigt, da Wohnen auch mit zusätzlich benötigen Parkraum einhergeht.

EIN MAULWURF SORGT FÜR AUFREGUNG

Auch die Stadt plant, Mieter zu werden. Zwar nicht im Hauptgebäude, aber im Verwaltungstrakt des früheren Kaufhofs. Dieser umfasst rund 4.500 Quadratmeter. Zwar war der Plan kein Geheimnis, OB Kessel äußerte bereits vor einigen Monaten den Wunsch einer Anmietung, dennoch zeigten sich einige Stadtratsmitglieder überrascht über die Geschwindigkeit, mit der man ihnen eine Zustimmung am 10. Februar abverlangte. Nachdem man in einer nichtöffentlichen Sitzung ausgiebig darüber diskutierte, wurden die weiteren Vertragsgespräche auf eine Sondersitzung am 3. März vertagt. Doch damit endete der Ärger nicht. Kurz darauf bekamen Pressevertreter, auch wir, Post von einem Anonymous, der vorgibt, Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu sein. Als Anhang dabei, die Unterlagen mit Vertragsdetails und die sind für den Bürger, der schließlich die Miete mit seinen Steuern zahlt, mehr als interessant. Vorgesehen ist eine Mietdauer von 15 Jahren. Die Warmmiete beläuft sich pro Jahr auf stolze 567.313,20 Euro zuzüglich einer Mietanpassung gemäß Indexerhöhung. Die Vorlage spricht davon, dass ca. 70 bis 100 Mitarbeiter das Gebäude beziehen sollen. Das würde wiederum bedeuten, dass diesen ziemlich viel Fläche (45 – 65 m²) zur Verfügung stehen würde. Die Vorlage erklärt aber auch, dass nicht alle Räume als Bürofläche nutzbar sind, da diese deutlich zu groß und/ oder keine Fenster vorhanden seien.

MIETVERTRAG BEREITS AB 1. NOVEMBER?

Wie geht es nun weiter und wie bewertet Adolf Kessel die Handlung des Maulwurfs? Unumwunden räumt Kessel ein, dass ihn dieses Verhalten, sollte es ein Verwaltungsmitarbeiter gewesen sein, traurig stimme, da er für Kritik immer wieder offen sei. Da das Verhalten nicht tragbar sei, wurde Anzeige erstattet. Derzeit prüfe man, ob man in der Schweiz Amtshilfe beantrage, da die Mail des Anonymous über einen Schweizer E-Mail Dienst verschickt wurde. Bezüglich der Laufzeit erläutert Kessel, dass er zwischenzeitlich nachverhandelt hätte und diese nun verkürzt sei auf zehn Jahre, mit der Option einer früheren Kündigung bzw. Verlängerung. Wäre es aber nicht günstiger, selbst zu bauen? Dem erteilt Kessel eine Absage, da es in der Vergangenheit wiederholt Schwierigkeiten gab, wenn die Stadt als Bauherr auftrat. Ebenso verweist er auf die Unterhaltung des Gebäudes, die bei Anmietung durch den Vermieter gewährleistet sei. Aber wer zieht nun ein? Geplant ist aktuell, dass Teile des Bereichs Sicherheit und Ordnung das Gebäude beziehen. Knackpunkt ist, dass die Größe verschiedener Räume eine Nutzung als Großraumbüro erfordert, um die Quadratmeterzahl pro Mitarbeiter zu begrenzen. Vorgegeben ist eine Fläche von 15 Quadratmeter. Diese Vorgaben würden sich insofern für den Bereich Sicherheit und Ordnung bestens eignen, erläutert Kessel. Derzeit ist dieser Bereich noch im Verwaltungsgebäude am Adenauerring beheimatet. Der Kontroll- und Vollzugsdienst, der ebenfalls zu diesem Bereich gehört, ist wiederum in der Prinz-Carl-Anlage untergebracht. Außerdem ist auch angedacht, dass der Bürgerservice dort einzieht. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass dies der Innenstadt zusätzliches Publikum bringt. Sollte der Stadtrat am 3. März zustimmen, ist ein Mietbeginn am 1. November 2021 geplant.