Noch wenige Wochen hat das Traditionskaufhaus Kaufhof seine Türen geöffnet, ehe sie am 31. Oktober endgültig geschlossen werden. Rund 40 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz, zugleich markiert die Schließung auch einen Wendepunkt und wirft die Frage auf: Wie sieht die Wormser Innenstadt der Zukunft aus?

Klar ist allen Beteiligten, dass die Innenstadt keine zweite Bauruine wie das frühere C & A Gebäude verträgt. Zwar soll dort ein chinesisches Restaurant eröffnen, doch wann, das steht in den Sternen. Das Kaufhofgebäude, erbaut 1965, ist ein Relikt vergangener Tage und aufgrund seiner Größe für den Handel längst nicht mehr zeitgemäß. Eine Art zweite Kaiser Passage ist wenig realistisch, zumal das Problem mit der eingeschränkten Kaufkraft in Worms, die dann auch noch mit dem Internet konkurrieren muss, nicht gelöst ist. Um dieser Frage nachzugehen, hatte man im Stadtrat zusätzliche finanzielle Mittel beantragt (bis 100.000 Euro), um eine Beraterfirma zum Thema Innenstadtentwicklung zu beauftragen. Aktuell scheint man erst mal von dem Gedanken abgerückt zu sein, denn wie die Stadt in einer Pressemitteilung bekanntgab, hat man zunächst zwei Arbeitsgruppen gebildet, die von Helmut Emler, 1. Vorsitzender des Stadtmarketing Worms e.V., moderiert werden. Kürzlich kam die „große“ Runde, bestehend aus Vertretern des Einzelhandels, des Stadtmarketing, der Stadtratsfraktionen und der Verwaltung erstmals im Rathaus zusammen. Aus dieser großen Gruppe heraus hat sich inzwischen ein kleinerer Arbeitskreis gebildet, der sich Ende August zum ersten Mal traf. Für den September sind weitere Workshops und Schritte geplant. Der zweite Gruppe, die auch als das „Kernteam“ bezeichnet wird, setzt sich zusammen aus Vertretern der Eigentümer-Gesellschaft ehret+klein, dem Stadtmarketing, dem Einzelhandel, der IHK, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Worms und Mitarbeitern der Stadtverwaltung. „Wir wollen am Ende ein gelungenes Konzept präsentieren können, dass von ehret+klein vollumfänglich mitgetragen wird“, erklärt Adolf Kessel zu den Gesprächen. Man wolle aber auch viel Wert auf die öffentliche Meinung legen, denn schließlich geht es um einen nicht unwesentlichen Teil der Innenstadt. Ziel ist es, die Lücke, die der Kaufhof im Herzen der Stadt hinterlassen wird, so schnell wie möglich wieder zu schließen und dabei ein Angebot zu schaffen, dass der Stadt und ihren Bürgern gleichermaßen zugutekommt. Kessel sieht es deswegen als unumgänglich, dass die Politik in den Prozess involviert ist: „Wir sind uns bewusst, dass die Erwartungen an einem derart zentralen Standort hoch sind“, betont der OB. Erste Ideen wurden auch schon in den Raum geworfen. In einer Pressemitteilung regte Richard Grünewald (Bündnis 90/Die Grünen) an, aus dem großflächigen Gebäude einen sogenannten „Dritten Ort“ zu gestalten. Ein Anlaufpunkt, in den vielleicht auch die Volkshochschule, Jugendmusikschule, Bürgerservice und die Bücherei eingebunden sind. Einen Vorstoß bezüglich des Bürgerservice unternahm bereits die SPD kurz nach Bekanntwerden des Kaufhof-Aus und teilte mit, dass man sich vorstellen könne, den Verwaltungstrakt des Unternehmens als Rathaus II zu nutzen. Attraktiv ist sicherlich auch der Gedanke, die Volkshochschule dort unterzubringen. Seit längerem ist klar, dass die Raumkapazitäten in der Neusatzschule zur Neige gehen, weshalb die Außenstelle der Geschwister-Scholl-Schule in die Karl-Marx-Siedlung ziehen soll. Das stößt bekanntermaßen bei den Anwohnern auf Unmut. So könnte in der Neusatzschule Platz geschaffen werden, ohne dass ein weiterer Umzug stattfinden muss. Interessant ist sicherlich auch, einen Ort der Begegnungen – nach dem Vorbild der Stadtbibliothek in Ludwigshafen – zu schaffen. Das alles klingt schön und interessant, steht und fällt aber letztlich mit der Frage, ob sich ein solches Unterfangen für die Stadt finanzieren lässt. Möglich wäre das nur, wenn die Stadt eine nachvollziehbare Gegenfinanzierung vorlegt und sich von anderen Immobilien trennt. Ungelöst ist dann ebenfalls noch die Frage, inwieweit eine solche Nutzung für die Innenstadtentwicklung zuträglich ist. Klar ist, die Aufenthaltsqualität muss verbessert werden. Dazu gehört, dass man z.B. eine abwechslungsreiche, attraktive Gastronomie anlockt. Ein Weg, um dies zu erreichen, wäre, endlich eine sinnvolle Gestaltungssatzung für die Innenstadt zu entwickeln, um vielleicht wieder eine heterogene Gastronomie- und Geschäftswelt zu schaffen, die sich nicht nur auf Döner und Nagelstudios beschränkt. So lange dieses Problem nicht angegangen wird, erscheint ein „Dritter Ort“ eher als Gedanke aus einer sozialromantischen Vergangenheit, der aber den schleichenden Tod der Fußgängerzone nicht aufhalten wird.