Ein Bahnhof ist leider oftmals ein Ort, der auch zwielichtiges Publikum anzieht, das auch mal mit zu viel Testosteron oder schlechten Drogen im Blut die Toilette betritt, um sie im Anschluss zerstört zu verlassen. So geschehen bereits mehrfach in Worms. Nach den jüngsten Vorfällen möchten Bahn und Stadt die Toilette nicht mehr in Stand setzen. Das stößt auf Unmut.

Vor zehn Jahren wurde die Toilettenanlage im Bahnhof am Gleis 1 neu eröffnet. Im Gegensatz zu früheren Toiletten war diese barrierefrei und mit neuester Technik ausgestattet. Zudem betonte man den besonderen Schutz vor Vandalismus. Die Stadt übernahm die gesamten Kosten von 150.000 Euro sowie die Betriebskosten in Höhe von 5.000 Euro monatlich. Die Bahn selbst betreibt in den seltensten Fällen die Toiletten. In größeren Bahnhöfen wird diese zumeist fremd vermietet. Binnen weniger Tage geriet die Wormser Toilettenanlage allerdings abermals zur Zielscheibe rücksichtsloser Zeitgenossen, die die Räume in ein Trümmerfeld verwandelten. „Zuerst wurden wir von der beauftragten Reinigungs- und Wartungsfirma zu Beginn der letzten Woche informiert, dass die WC-Anlage beschädigt worden sei. Der Schaden wurde umgehend beseitigt und das stille Örtchen wieder instandgesetzt“, berichtet Manuela Wachtendorf. Fassungslos macht die Mitarbeiterin der Abteilung Verkehrsinfrastruktur und Mobilität im Bereich Planen und Bauen, was dann kurz darauf geschah. Kaum war der Schaden behoben, kam schon die nächste Hiobsbotschaft. Diesmal waren der oder die Täter mit noch größerer Zerstörungswut zugange und der verursachte Vandalismus-Schaden so erheblich, dass die WC-Anlage am Wormser Hauptbahnhof aufgrund der Unfallgefahr nun bis auf Weiteres gesperrt werden muss. Eine rechtliche Verpflichtung gibt es nicht. Die Bahn unterliegt dem Eisenbahnrecht, und das schreibt keine Toiletten vor. Das Unternehmen betont außerdem, dass es für ihre Kunden schließlich Toiletten in den Zügen bereithalte. Die Stadt wiederum hat ein chronisches Geldproblem. Dennoch, eine dauerhafte Schließung scheint auch keine Lösung zu sein. In einem Leserbrief schreiben Markus Kopetzki und Bernhard Elz:

„Das heißt, der Stadt Worms ist die Toilettenanlage zu teuer, der Bahn ist Worms dafür zu unbedeutend. Wir fragen uns, hat schon mal jemand die Benutzer gefragt? (…) Wer könnten die Benutzer sein? Wormser, die die Gelegenheit nutzen, wenn sie im Bahnhofsbereich unterwegs sind? Wormser, wenn sie auf ihren Zug warten? Wormser, wenn sie vom Zug kommen und feststellen mussten, dass die Toilette im Zug auch gesperrt war? Wormser Schüler auf dem Weg vom und zum BIZ? Busreisende, die in Worms ankommen (im Bus gibt es bekanntlich keine Toiletten)? Die Busfahrer selbst? Das Zugpersonal der Bahn? Menschen mit gesundheitlichen Problemen, die quasi einen Stadtplan im Kopf haben, wo es öffentliche Toiletten gibt? Menschen mit Behinderungen? Mütter und Väter mit Kindern, die oft sehr plötzlich müssen? Die Obdachlosen, die Penner? Besucher der Stadt Worms, die sich auf diverse Apps, Stadtpläne, Stationsangaben der Bahn usw., die öffentliche Toiletten ausweisen, verlassen?“

Beide Leser können sich auch einen kleinen Seitenhieb gegen den Stadtrat nicht verkneifen und verweisen auf die Entscheidung, dass man für die Pfrimmbrücke schnell 400.000 Euro zur Verfügung stellte. Am Ende merken sie noch provokant an: „Ist der Stadt Worms bewusst, dass der schäbige und abgenutzte Eindruck des Bahnhofs und seines Umfeldes damit noch mehr verstärkt wird? Was sagen übrigens unser Seniorenbeirat, unser Schwerbehindertenbeirat, unser Fahrgastbeirat, die Stadtratsparteien in ihren Mobilitätskonzepten dazu?” Wolfgang Schall, Vorsitzender des Behindertenbeirats, hat sich diesbezüglich bereits an den OB gewandt. Unerwartete Rettung könnte es am Ende aber doch noch von der Bahn geben. Bundesweit sollen noch in diesem Jahr 167 Bahnhöfe aufgefrischt werden, auch Worms. Dafür stellt das BMVI der Deutschen Bahn 40 Millionen Euro zur Verfügung, 195.000 werden dabei für den Wormser Bahnhof bereitgestellt. Die Mittel kommen aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung zur Stärkung der deutschen Wirtschaft und Bekämpfung der Corona-Folgen. Das Programm soll zugleich kleine und mittlere regionale Handwerksbetriebe in ganz Deutschland unterstützen. Die Bahn veröffentlicht auch schon mal einen Maßnahmenplan. Vorgesehen ist der Austausch des Bodenbelags, Ausweitung der Taubenvergrämung, ergänzendes Sitzmobiliar und Wartemöglichkeiten, Erneuerung der Treppen, Zugänge etc., die Sanierung der Fassaden sowie die Beseitigung der Vandalismusschäden. Sollte damit auch die zerstörte Toilette gemeint sein, wird daraus zwangsläufig die Frage erfolgen, wie man zukünftig diesen Ort besonders schützen möchte?