Wormser Stadtrat beschließt Steuererhöhungen

Es war der vorläufige Höhepunkt der Wormser Haushaltsdebatten der vergangenen Wochen, als am Dezember der Stadtrat den Etat für 2024 beschloss und damit einhergehend auch diverse Steuererhöhungen. In ihren Reden hatten verschiedene Ratsmitglieder die Schuldigen für das Defizit schon längst ausgemacht, nämlich Bund und Land. Das Problem ist nur, dass diese auch pleite sind.

Es waren ernüchternde Worte, als Oberbürgermeister ADOLF KESSEL im Ratssaal die Situation der Stadt Worms erläuterte: „DIE AUSWIRKUNGEN DER CORONA- PANDEMIE SIND NOCH IMMER SPÜRBAR. HINZU KOMMEN DIE BELASTUNGEN DURCH DEN UKRAINE- KRIEG MIT SEINEN WIRTSCHAFTLICHEN VERWERFUNGEN, DIE DAMIT EINHERGEHENDE ENERGIEKRISE UND INFLATION (…) DIE UNTERBRINGUNG VON FLÜCHTLINGEN INFOLGE DER WACHSENDEN MIGRATION BRINGT UNS AN UNSERE GRENZEN.“  

Das gilt auch für die Sozialleistungen in einer Stadt, deren Arbeitslosenquote (7,9 Prozent) deutlich über der des Landes liegt. Doch damit ist noch nicht genug, denn Bund und Länder haben in den vergangenen Jahren weitere Herausforderungen für die Kommunen auf den Weg gebraucht. So hat das Land beispielsweise das sogenannte Kita-Zukunftsgesetz oder die betreuenden Grundschulen beschlossen, was beides mit zusätzlichem Personal verbunden ist. Der Bund beglückt wiederum die Kommunen mit der Kindergrundsicherung. So sollen Kinder zukünftig nicht mehr über den Jobcenter betreut werden, sondern über eine eigens geschaffene Stelle. So will es zumindest die verantwortliche Ministerin Lisa Paus. Zwar werden hierfür 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, doch das Personal dafür, das muss die Stadt stemmen. Dementsprechend war bei dieser Debatte oftmals der Satz, „wer bestellt, bezahlt!“ zu hören. Doch egal wie oft dieser Satz gesagt wurde, ernstgenommen wird er offenbar nicht wirklich.

HAUSHALTSPROBLEME AUCH BEIM BUND

Es lag natürlich in der Natur der Sache, dass die SPD-Stadtratsfraktion als einzige Partei an diesem Nachmittag die Politik der Landes- und Bundesregierung, bei denen die Sozialdemokraten die Ministerpräsidentin bzw. den Kanzler stellen, eher verteidigte. So sah der Fraktionsvorsitzende DIRK BEYER, dass Bund und Kommunen schon längst den Ernst der Situation erkannt hätten und verwies explizit auf die Übernahme eines Teils der Altschulden in Höhe von ca. 113 Millionen Euro und immer neue Fördertöpfe. Allerdings räumte auch er ein, dass die bisherigen Förderungen noch nicht ausreichen. Die Frage ist jedoch, woher weitere Förderungen kommen sollen? Denn klar ist, dass auch der Bund massive Haushaltsprobleme hat.

Wie nackt die Ampelregierung da steht, das dürfte spätestens nach dem aufsehenerregenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts bekannt sein. Während einer Kommune die Hände gebunden sind, plötzlich irgendwelche Sondervermögen aus dem Ärmel zu zaubern oder eine Notfallsituation auszurufen, ist das in der Bundespolitik ein gängiges Instrument, um den Laden am Laufen zu halten und die Träume einzelner Minister umsetzen zu können. Dumm nur, wenn eine andere Partei klagt und das Gericht der buchhalterischen Kreativität Grenzen setzt. Das hat Folgen. Stand jetzt wird es 2024 bei Einnahmen von 424 Milliarden Euro ein Defizit von 14 bis 18 Milliarden Euro geben. Damit dieses Defizit nicht noch höher ausfällt, wurde auf Bundes- ebene tagelang gestritten. Das Ergebnis wird viele Menschen 2024 teuer zu stehen kommen.

2024 WIRD TEUER

Um Projekte, wie die angesprochene Kindergrundsicherung oder die Erhöhung des Bürgergeldes, finanzieren zu können, hat man sich unlängst auf verschiedene Maßnahmen geeinigt. So fallen zahlreiche Förderungen weg, wie die finanzielle Unterstützung beim Kauf von E-Autos oder die verminderte Mehrwertsteuer in der Gastronomie, aber auch die Anhebung des CO2-Preises dürfte sich nachhaltig auf die Geldbörse auswirken. Längst ist der Staat zum Inflationsmotor geworden. Da Steuererhöhungen ein politisch beliebtes Mittel sind, ungeachtet der Konsequenzen für alle, wurde auch in Worms auf Druck des Landes, vertreten durch die Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD), nun die Grund-, Hunde- und Vergnügungssteuer angehoben.

Für RAIMUND SÜRDER (CDU) war die Sache klar: „DIE ADD HAT UNS ERPRESST. DAGEGEN WEHRE ICH MICH“. Etwas philosophischer formulierte es PETER ENGLERT (Worms will weiter): „WISSEN SIE, DER LETZTE MENSCH, DEM ZWEI HERZEN IN DER BRUST AUF DEN MAGEN SCHLUGEN, WAR FAUST. DIESER HAT ZWAR NICHT AUF DIE ADD, DAFÜR ABER AUF EINEN PUDEL GEHÖRT, DER IHM EIN ANGEBOT MACHTE, DASS ER NICHT ABLEHNEN KONNTE. DAS ENDE IST HINLÄNGLICH BEKANNT, DIE FRAU LANDETE IM KNAST, IHRE MUTTER UND DER BRUDER SIND TOT UND FAUST VERKAUFTE SEINE SEELE FÜR IMMER AN DEN TEUFEL.“  Worms in der metaphorischen Rolle des Faust! Das bedeutete für Englert nichts Gutes: „2024 WIRD ES EINE ERNEUTE BERATUNG ÜBER STEUERERHÖHUNGEN GEBEN UND AUCH HIER WIRD DER PUDEL WIEDER VERSUCHEN, SEINEN KERN ZU VERBERGEN.“

RICHARD GRÜNEWALD (Fraktionsvorsitzender Bündnis90/Die Grünen) betonte indes, dass auch die Stadt selbst in den vergangenen Jahren über ihre Verhältnisse gelebt habe. DR. JÜRGEN NEUREUTHER (Fraktionsvorsitzender FDP) mahnte einmal mehr an, dass das Nibelungenmuseum als immenser Kostenfaktor schon längst geschlossen sein müsse. Doch alles Lamentieren und Mahnen änderte am Ende nichts. Mit 13 Nein-Stimmen und 36 Ja-Stimmen wurde die Anhebung der Grundsteuer B von 550 Punkte auf 633 beschlossen. Zugestimmt wurde auch der Erhöhung der Hunde- und Vergnügungssteuer sowie der Anhebung der Gebühren für einen Anwohnerparkausweis (zukünftig 15 Euro / Monat). Ob allerdings der defizitäre Haushalt genehmigt wird, das weiß nur die ADD.

Text und Titelfoto: Dennis Dirigo