Worms erlebt ein Jahr der Hiobsbotschaften

Foto: Dennis Dirigo

Das Jahr ist noch nicht zu Ende, aber die Hiobsbotschaften in der Stadt Worms scheinen einfach nicht aufzuhören. Was Anfang des Jahres mit der vorübergehenden Schließung des Nibelungenmuseums begann, findet in der
Vorweihnachtszeit mit der angekündigten Schließung des
Traditionsfachgeschäftes „Lützenkirchen“ seinen traurigen Höhepunkt. Da die Stadt gleichzeitig unter einem stark defizitären Haushalt leidet, steht zu befürchten, dass
zukünftig
noch mehr innerhalb der Stadt zusammenbrechen wird. Es ist an diesen grauen Herbsttagen wahrlich nicht einfach, sich an etwas Positivem festzuklammern.

Das größte Sorgenkind bleibt nach wie vor die Wormser Innenstadt. Man könnte jetzt gebetsmühlenartig wiederholen, dass die Leerstände kein typisches Wormser Problem sind. Auch andere mittelgroße Städte haben den Verlust eines Kaufhof oder Karstadt zu bedauern und müssen darum kämpfen, ihre Innenstädte wieder zu beleben. Bis auf eine Handvoll Metropolen in Deutschland, in denen Leerstände relativ zügig wieder gefüllt werden, gibt es kaum noch Städte, in denen leere Schaufenster oder ein stark verändertes Warenangebot nicht schon längst zum Alltag gehören. In Worms ist in der Filiale der „Bäckerei Theurer“ am Obermarkt die Döner-Kette „Maydonoz“ eingezogen, aus dem einstigen griechischen Restaurant „Akropolis“ in der Stephansgasse wurde mittlerweile „Crunchy Kebab“ und aus der „Rheingold-Apotheke“ am Bahnhof wurde mal eben eine Shisha-Bar. Während solche Veränderungen im Warenangebot nicht neu sind und schlichtweg dem Grundsatz „Angebot und Nachfrage“ folgen, wird in Anbetracht der anatolischen Übermacht in den Sozialen Medien gerne moniert, dass man in der Innenstadt nicht mal mehr eine „Currywurst mit Pommes“ essen könne. Ganz davon abgesehen, dass vielen Deutschen der unternehmerische Wille fehlt, um selbst ein solches Geschäft aufzuziehen, vergisst man hierbei, dass erst vor wenigen Monaten am Obermarkt „My Currywurst“ mit eben genau dem geforderten Warenangebot seine Pforten schließen musste. Dafür gibt’s an gleicher Stelle nun „Stickys Fried Chicken“. Dass das städtische Bild von Dönerläden, Nagelstudios, Barber-Shops oder Handyläden geprägt wird, liegt daran, dass sich der Mix der Geschäfte schlichtweg dem Umfeld und seinen Konsumenten anpasst, was bei einem Migrationsanteil in Höhe von 42 Prozent in Worms nicht verwundert – im Innenstadtbereich sind es fast 60 Prozent. Im Übrigen beschwert man sich aktuell auch in anderen Städten wie Mainz über die Anhäufung von Dönerläden, in Heilbronn wurde sogar über eine „Döner-Obergrenze“ diskutiert. Aber es ist eben leicht, von außen über die Veränderungen zu meckern und etwas anderes zu fordern. Da aber die wenigsten selbst aktiv werden wollen, muss man für die aktuelle Entwicklung nicht die Stadt verantwortlich machen, schließlich werden die Läden in der Innenstadt nicht von der Stadt angemietet und betrieben, sondern von ihren Einwohnern. Insofern spiegelt die Qualität der Geschäfte ein Stück weit auch das Niveau einer Stadt wider. Die zuletzt belegten hinteren Plätze der Stadt bei Wirtschafts- oder Niveaurankings kommen nicht von ungefähr.

Andere Gründe

Wenn Geschäfte schließen, werden als Begründung oft die Nachwirkungen von Corona und der Dauerkonkurrent Onlinehandel genannt. Speziell die verzerrten Wettbewerbsbedingungen zwischen dem stationären Handel und dem Internet, lassen immer mehr Geschäfte vor Ort resignieren. Die höheren Kosten (Miete, Personalkosten, etc.) im Vergleich zum Onlinehandel sind kaum noch zu erwirtschaften, weil der Kunde – trotz der guten Fachberatung im Handel – ab einem gewissen Preisaufschlag dann doch lieber online kauft. In Worms hat es an Fachgeschäften in diesem Jahr bereits die Aurum Goldschmiede und Quick Schuhe erwischt, Lützenkirchen wird im Frühjahr 2025 schließen. Jetzt verfügt Worms nur noch über ein gutes Dutzend Fachgeschäfte und man kann diese nur am Leben halten, wenn man in diesen Läden seine Einkäufe tätigt. Wenig ändern kann man an der Kaufkraft der Einwohner einer Stadt, der die Probleme zunehmend über den Kopf wachsen und die an ihren Sozialkosten zu ersticken droht. Dazu passt, dass sich auch die Nachfrage nach den Geschäften fürs K32 im ehemaligen Kaufhof-Gebäude in Grenzen hält, weil es offensichtlich schwer ist, in Worms Geld zu verdienen.

Text: Frank Fischer