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ZIELE ERREICHT? Eine Zwischenbilanz zum 15. Geburtstag des Wormser Kultur- und Tagungszentrums

Das Wormser Tagungszentrum Foto: Dennis Dirigo /WO!

Als „Das Wormser“ am 29. Januar 2011 nach einer Bauzeit von fast dreieinhalb Jahren eröffnet wurde, waren die Erwartungen sehr hochgesteckt. Worms sollte mit der neuen Eventlocation im Herzen der Stadt nicht nur einen kulturellen Schub erhalten, sondern ebenso zu einer bedeutenden Tagungsstadt werden. Was das Thema Tagungen angeht, ist die Ernüchterung fast 15 Jahre später ziemlich groß.

Als nach der Jahrtausendwende bekanntwurde, dass das „Städtische Spiel- und Festhaus“ in der Rathenaustraße dringend sanierungs- bedürftig war, suchten die politischen Gremien lange Zeit nach einer Lösung. Zwischenzeitlich geisterte auch die Idee einer Stadthalle auf dem Gelände der Prinz-Carl-Anlage durch Worms. Das im direkten Umfeld neu gebaute Prinz-Carl-Hotel (heute: Dormero Hotel) sollte entsprechend Übernachtungsgäste von Veranstaltungen beherbergen. Konzeptioniert als Multifunktionshalle sollten dort nicht nur Theatervorstellungen, sondern auch Konzerte, Tagungen oder Sportevents stattfinden. Als das Thema „Stadthalle“ immer konkreter wurde, sorgte die Wormser CDU, die in Erwartung der ausufernden Kosten eines Neubaus eine vorherige Bedarfsanalyse einforderte, in letzter Minute für ein Scheitern des Projektes. Da diese Bedarfsanalyse ergab, dass in Worms offensichtlich kein Bedarf für eine Stadthalle besteht, entschieden sich die politischen Verantwortlichen für eine vermeintlich „kleine Lösung“. Nun sollte an alter Stelle in der Rathenaustraße ein Neubau mit Tagungsbereich entstehen, während das denkmalgeschützte Theatergebäude des „Städtischen Spiel- und Festhauses“ in den Neubau integriert wird. Hierfür waren ursprünglich 25 Millionen Euro an Bau- kosten angesetzt, aber schon bald wurde klar, dass die Kosten aus dem Ruder laufen würden. Letztendlich lagen diese bei knapp 45 Millionen Euro, wobei zwei Drittel auf die Sanierung des Altbaus entfielen (Theater), knapp ein Drittel auf den Neubau (Kultur- und Tagungszentrum). Zum Vergleich: Die 2005 eröffnete SAP-Arena in Mannheim mit einem Fassungsvermögen von 15.000 Plätzen kostete seinerzeit vergleichsweise bescheidene 70 Mio. Euro. In Worms entstand derweil ein Kultur- und Tagungszentrum mit dem prägnanten Namen „Das Wormser“, das mit einer Gesamtfläche der Veranstaltungsräume von etwa 4.508 m² in den nächsten Jahren mit Leben gefüllt werden wollte.

Sorgenkind: Tagungsgeschäft

Wieder einmal ist die Stadt sehr spät auf einen Zug, in diesem Fall das Tagungsgeschäft, aufgesprungen. Große Hotelketten hatten den Trend schon viel früher erkannt und ihre Häuser seminartauglich umgerüstet. In Frankenthal hatte man bereits im Jahr 2005, also sechs Jahre vor der Eröffnung des Wormser Kutaz, die 1991 erbaute Stadthalle auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik durch einen Anbau in das Congressforum Frankenthal umgewandelt, dessen Fokus nunmehr verstärkt auf Tagungsgästen lag. Um diese unterbringen zu können, befinden sich unmittelbar neben dem Congressforum Frankenthal – vom 3-Sterne- Hotel bis zum preisgekrönten Designhotel am Fluss – verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten. Im Wormser Kutaz hat man mehrere kleine bis mittlere Tagungs- und Seminarräume geschaffen, deren Größen von 42 bis 81 m² variieren. Um jedoch das Tagungsgeschäft in Schwung zu bringen, war auch in Worms von Anfang an in der Konzeption ein Hotel in unmittelbarer Nachbarschaft vorgesehen. Auf dem heutigen EWR-Parkplatz sollte ein Hotel angesiedelt werden, in dem Tagungsgäste, auswärtige Besucher von Veranstaltungen oder Künstler untergebracht werden können. E<

inige Zeit nach der Eröffnung berichtete die Wormser Zeitung, dass die HILTON Tochter Hamptons an einem Neubau interessiert wäre. Böse Zungen behaupten, dass der damalige OB das Interesse der Hotelkette etwas zu früh an die Lokalpresse durchgestochen hat, was die potentiellen Investoren verärgert habe. Fakt ist, dass man danach nichts mehr von dem geplanten Projekt gehört hat. Bis Ende 2016, als OB Kissel von dem Interesse der Hotelkette „Ibis“ berichtete, die ein Drei-Sterne-Haus der Marke „Ibis Styles“ plane. Verträge waren zwar noch nicht unterzeichnet, aber Kissel war zuversichtlich, dass aus dem Traum endlich Realität wird. Das geplante Drei-Sterne-Hotel mit knapp 100 Zimmern sollte sieben Etagen haben, wobei im Erdgeschoss zwei Konferenzräume sowie Küche und Technikeinrichtungen entstehen sollten. Die seinerzeit veranschlagten Baukosten lagen bei neun Millionen Euro. Der Hotelkette wurde Baurecht eingeräumt, das vom Prinzip immer noch besteht. Doch zunächst war es die Corona-Krise, die neue Finanzierungsgespräche nach sich zog. Gestiegene Kreditzinsen und wirtschaftlich ungewisse Zeiten (vor allem während der Corona Pandemie) haben die Investitionsfreudigkeit von Hotelketten deutlich schrumpfen lassen. Schließlich kamen noch neue Bauauflagen im Kontext mit dem SchUM-Weltkulturerbe hinzu, weshalb es in dieser Sache still geworden ist. Heute, fast 15 Jahre nach der Eröffnung des Tagungszentrums, glaubt kaum noch jemand daran, dass es tatsächlich zu einem Hotelbau neben dem „Wormser“ kommen wird. Damals wie heute hat dies zur Folge, dass man die Teilnehmer einer größeren Tagung in verschiedenen Hotels in der Stadt unterbringen müsste. Das erschwert die Akquise von potentiellen Geschäftskunden erheblich und sorgt bis heute dafür, dass das Tagungsgeschäft im Wormser nie so richtig in Schwung gekommen ist.

Das Theater läuft…

Dass das Theaterprogramm seit Jahrzehnten gut angenommen wird, liegt in erster Linie an der Arbeit des Teams um Theaterfachmann Oliver Mang. Mittlerweile weiß man, mit welchem Programm man das mit- unter etwas angegraute, typische Theaterpublikum anlockt. Aber auch hier hat sich die Besucherstruktur in den letzten Jahren verändert. Comedians, Kabarettisten, Poetry Slams, Zaubershows oder Kinder- theater ziehen auch ein jüngeres Publikum an. Dem versucht man, durch neue Formate Rechnung zu tragen, was nicht immer, aber oft gelingt. Gleichwohl ist das „junge Programm“ noch ausbaufähig. Unser Magazin hat im Vorfeld des Baus immer wieder die Gesamtkonzeption des Hauses kritisiert, direkt neben dem Theater einen Mozartsaal mit dem nahezu identischen Fassungsvermögen zu bauen. Der Theatersaal hat 844 Sitzplätze, der Mozartsaal 712 Sitzplätze in Reihenbestuhlung (stehend kann man ca. 1200 Leute unterbringen). Das sorgt dafür, dass ab und zu ein Künstler lieber in den Mozartsaal ausweicht, obwohl er von der Zuschauerkapazität her genauso im Theatersaal auftreten könnte. Denn bei mangelndem Kartenvorverkauf fällt es im Mozartsaal – im Vergleich zu den festinstallierten Sitzen im Theater – kaum auf, wenn man ein paar Sitzreihen weniger aufbaut.

Was passiert sonst im Mozartsaal?

Zu den Anfangszeiten waren Guildo Horn, Christina Stürmer, Glasperlenspiel oder Revolverheld zu Konzerten im Mozartsaal. Mit unterschiedlichem Erfolg. Während der Saal bei „Revolverheld“ voll war, verirrten sich zu Guildo Horn gerade mal 150 Besucher. Immerhin: Fast vier Jahre nach der Eröffnung war der Mozartsaal zum ersten Mal bei einem Konzert aus- verkauft und zwar bei dem Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn. Dieses Kunststück schafften in den Folgejahren auch noch BAP und die Rammstein-Coverband Völkerball. Trotzdem hat sich der Mozartsaal nie so recht zu einem Konzertsaal gemausert. Dafür, dass man den Mozartsaal auch als Saal für Musik und für ein jüngeres Programm angepriesen hatte, hält sich das Interesse der auswärtigen Veranstalter, den Saal für Konzerte oder Partys anzumieten, bisher stark in Grenzen. Dass das Konzertgeschäft im Wormser heute nahezu gegen Null tendiert, liegt auch an einem veränderten Markt. Seit der Corona-Pandemie sind die Künstlergagen derart angestiegen, dass aufgrund der mangelnden Kapazität des Mozartsaals allenfalls noch Coverbands, Newcomer oder Altstars refi- nanzierbar sind, die aber allesamt das Risiko eines halbleeren Saales bergen. Und so wird der Mozartsaal in erster Linie für eigene Veranstal- tungen der KVG genutzt, wie die stets gut besuchten After-Work-Partys oder die Wormser Weinmesse. Ab und zu mietet sich der SWR für Konzer- te ein und alle paar Jahre findet dort die Wahl der rheinhessischen Wein- königin oder eine Ausbildungsmesse statt. Aber noch mehr Auslastung könnte dem Mozartsaal sicherlich nicht schaden.

Gute Stube der Stadt

Wenn man heute über die Nutzung des Mozartsaals spricht, erinnert man sich zurück an den Satz von Michael Kissel bei der Eröffnung, dass dies die neue „gute Stube“ der Stadt sei. Tatsächlich wird der Saal in erster Linie von der Stadt zu diversen Anlässen gebucht – von Jahres- empfängen, hin und wieder Stadtratssitzungen bis hin zu verschiede- nen Pressekonferenzen. Derweil haben sich viele Schulen, Tanzschu- len oder einheimische Unternehmen vom „Wormser“ abgewandt, weil es in der Nachbarschaft deutlich günstigere Alternativen für eine Abi- feier, den Abschlussball oder eine Firmenfeier gibt. Auch Fastnachtsvereine reagieren eher zögerlich auf das Angebot einer Anmietung. Von 2013 bis 2022 fand die „Wormser Rocknacht“ im Mozartsaal statt, die aber wegen schwindender Besucherzahlen nun im deutlich kleine- ren „Kanal 70“ steigt. Der Wormser Unternehmer Christian Ruppel ver- anstaltete im Mozartsaal im letzten Dezember seine stark frequentier- te „Winter Revue“. Da man sich hinter den Kulissen nicht über eine Rabattierung für den Zeitraum von immerhin vier Wochen einig wur- de, zieht Ruppel 2026 mit seiner Show um ins Universum Theater nach Landau und kommentierte süffisant, dass die Stadt Worms offensichtlich Leerstand bevorzuge. Von daher trifft auch der Satz zu, dass der Mozartsaal zwar eine gute Stube der Stadt ist, aber eben nicht der Bürger. Die Preispolitik im Zusammenhang mit der Anmietung ist auch ein Kritikpunkt des neuen ehrenamtlichen Dezernenten der Stadt, Peter Englert. Tatsächlich hat man das Problem auch intern erkannt und will neue Konzepte erarbeiten. Das ändert aber nichts an der Konzep- tion des Mozartsaals. Hätte man den Mozartsaal kleiner (und preis- werter) gemacht, wäre es ein Haus geworden, das überwiegend von einheimischen Institutionen genutzt wird. Hätte man den Mozartsaal größer gemacht, könnte man dort auch Künstler unterbringen, für die das Wormser Theater zu klein ist. So bleibt als abschließendes Fazit, dass das Theater (wie schon vor dem Umbau) gut läuft, dem Mozart- saal mehr Frequenz nicht schaden könnte, während das brachliegende Tagungsgeschäft ohne Hotel auch niemals in Schwung kommen wird. Die Frage, ob sich die 45 Millionen Baukosten des Wormser Kultur- und Tagungszentrums rentiert haben, erübrigt sich.

Text: Frank Fischer, Foto: Andreas Stumpf

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