In einer Zeit, in der sich kaum noch jemand die Nutzungsbedingungen von Apps richtig durchliest, kann niemand erwarten, dass Wähler sich tatsächlich ausführliche Parteiprogramme zu Gemüte führen. Das könnte man meinen, wenn man sich die Ergebnisse der AfD bei den Landtagswahlen am 13. März ansieht. Wurde die Protestpartei doch hauptsächlich dort gewählt, wo die Leute sicherlich am wenigsten von der Politik der AfD profitieren würden.
Wer AfD gewählt hat, der hat dies aus Protest getan. Das haben zumindest drei Viertel der Wähler anschließend zugegeben. Immerhin ein Viertel hatte sich vorab informiert, für was diese Partei eigentlich steht. „Klassische CDU-Wähler, die etwas weiter nach rechts gewandert sind…“ könnte man spöttisch anfügen. Dabei steht so viel fest: Die AfD wurde quer durch alle Schichten und Parteianhängern gewählt. Alle etablierten Parteien, sowohl SPD und CDU, als auch gerade die Grünen, haben massiv Wählerstimmen verloren, die zu mehr oder weniger großen Teilen bei der AfD gelandet sind. Dazu kommt: Die in Worms erzielten 17,7% liegen weit über dem Ergebnis, das auf Landesebene erzielt wurde (12,6%). Trotzdem ist es interessant, einen Blick darauf zu werfen, wo die Hauptklientel der AfD gewählt hat. In gleich vier Wahlbezirken lag die AfD, sowohl bei den Personenstimmen für ihren Kandidaten Matthias Lehmann, als auch bei den Landesstimmen für die Partei, vor Adolf Kessel bzw. der CDU. In der „Karl-Marx-Siedlung“, „Innenstadt Süd“, „Neuhausen“ und im „Wormser Norden“ gelang der AfD dieser Husarenstreich. In den letzten drei genannten Wahlbezirken wählte mehr als jeder Vierte „rechts“. Im Wormser Norden konnten die rechten Parteien 25,4% erzielen, im Wahlbezirk „Innenstadt-Süd“ wählten 26,4% eine rechte Partei. Absoluter Spitzenreiter ist jedoch Neuhausen. Hier erreichte die AfD 25,5%. Dazu kommen die NDP (1,4%), Die Republikaner (0,3%) und Der dritte Weg (0,7%). Zusammen sind das 27,9%, die in Neuhausen eine rechte Partei wählten.
AfD vertritt nicht die Interessen ihrer Wähler-Klientel
Egal ob Neuhausen, Worms-Nord oder Innenstadt-Süd – sie gelten allesamt als Gebiete mit einem hohen Ausländeranteil und einem niedrigen Einkommensstandard. Hier treffen einfache Arbeiter auf Gelegenheitsjobber und Hartz IV-Empfänger. Superreiche, die ihren Reichtum über Generationen hinweg weiter vererben, vermutet man hier eher weniger. Genau diejenigen will die AfD jedoch entlasten, in dem sie die Erbschaftssteuer abschaffen will. Und nicht nur das. Auch die Gewerbesteuer, die vor allem Betriebe und Unternehmer zahlen müssen, soll abgeschafft werden. Klingt nett, ist aber die einzig nennenswerte Einnahmequelle von Kommunen. Wer vermutet, dass er bei der AfD „Soziale Sicherheit“ erhält, wird ebenfalls enttäuscht. Was die AfD gerne als „Rückbesinnung auf bewährte Tugenden“ bezeichnet, ist nichts anderes als die Zerschlagung der Sozialversicherungen. Das, worum uns andere Länder beneiden, soll bei der AfD nach und nach verschwinden. Arbeitslosen- und Unfallversicherung nur noch auf freiwilliger Basis, was zur Folge hätte, dass sich Geringverdiener gar keinen Versicherungsschutz mehr leisten könnten. Bei der AfD spricht man hierbei gerne von der Freiheit, das Recht zu haben, für sich selbst zu sorgen. Profitieren würden von dieser Freiheit in erster Linie Gutverdiener. Auch Allerziehende haben es schwer bei der AfD: „Eine staatliche Finanzierung des selbstgewählten Lebensmodells „Alleinerziehend“ lehnen wir jedoch ab. Wir wenden uns entschieden gegen Versuche von Organisationen, Medien und Politik, Alleinerziehende als normalen, fortschrittlichen oder gar erstrebenswerten Lebensentwurf zu propagieren. Der Staat sollte stattdessen das Zusammenleben von Vater, Mutter und Kindern durch finanzielle Hilfen und Beratung in Krisensituationen stärken“. Die AfD lehnt staatliche Förderungen für diese Frauen und Männer ab. Sie sollen im Vergleich zu klassischen Familien finanziell benachteiligt werden.
Weitere merkwürdige Forderungen
Um der Lügenpresse den Garaus zu machen, fordert die AfD die Abschaffung der GEZ und Zerschlagung des Monopols von ARD und ZDF. Das mag zunächst ganz nett klingen. An deren Stelle sollen jedoch zwei steuerfinanzierte und zu 100 Prozent vom Staat abhängige TV- und Radiosender treten. Im Parteiprogramm liest sich das so: „Die staatliche Informationsversorgung wird durch einen steuerfinanzierten Rundfunk mit zwei Rundfunksendern und zwei Fernsehsendern geleistet.“ Da stellt sich die Frage, ob die AfD nicht einfach noch mehr Einfluss auf die viel gescholtene Lügenpresse nehmen will? In einem von Kuriositäten gespickten Wahlprogramm finden sich noch mehr Forderungen wie „Strafmündigkeit ab 12“, „Alkoholiker und psychisch Kranke in ein Lager stecken“ oder „Wiedereinführung der Wehrpflicht für Männer“, damit Deutschland seiner Rolle in Europa und der Welt nachkommen könne. Was nichts anderes heißt, als dass sich Deutschland an mehr Kriegen beteiligen soll. An anderer Stelle fordert die AfD, in Zukunft für mehr Co2-Ausstoß zu sorgen, da der Klimawandel auf einer Lüge basiere. Wer deren Programm liest, kann sich wundern, den Kopf schütteln, laut protestieren, aber eines anschließend auf keinen Fall tun: diese Partei wählen. Der Protest gegen Merkels Flüchtlingspolitik ist hoffentlich angekommen. Die AfD hatte ihre große Zeit, aber jetzt sollte man sich dringend wieder auf die Inhalte konzentrieren. Wer trotzdem weiterhin AfD wählt, der tut das nicht aus Protest, sondern aus purer Dummheit. Getreu dem Motto: Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.