Auch im Privatleben und in der Freizeit werden Kämpfe ausgetragen. Da gibt´s Streitereien zwischen Nachbarn und beim Karrieremachen. In der Familie und in der Ehe geht es auch nicht mehr allzu harmonisch und friedlich zu. War früher der Andere in erster Linie „Mitmensch“, Kamerad oder lieber Nachbar und wurde weitgehend positiv wahrgenommen, so hat sich das heute gründlich geändert. Jeder andere wird überwiegend als Rivale, Konkurrent und z.T. sogar als Gegner empfunden. Ganz besonders grassiert momentan der Rassismus, wobei Ausländer grundlos als Feinde bezeichnet werden. Das alles belastet unser bestehendes Miteinander und schadet praktisch der Lebensqualität aller.
Nun also wollen wir an einigen Beispielen unserer Sprache sehen, wie friedlich oder unfriedlich es in diesem, unserem Lande wirklich zugeht. Dazu werden wir in der Hauptsache Worte und Begriffe aus zwei Wortfamilien genauer unter die Lupe nehmen. Zuerst zum Wörtchen „schlagen“. Da gibt es: Vorschlag, Nachschlag, nachschlagen, einschlagen (einwickeln), Aufschlag, Umschlag, Zuschlag, Ausschlag, Ratschlag, Beschlag, Verschlag, verschlagen (gerissen), einschlägig, Niederschlag, niedergeschlagen (deprimiert), schlagfertig, Schlagseite, Schlagloch, Schlaglicht, Schlagschatten, Herzschlag, Pulsschlag, Hirnschlag, Schlaganfall, Schlagwort, Schlagzeile und den Anschlag (verschiedene!). Und auch in der Musik wird geschlagen. Da gibt es den Schlager und das Taktschlagen. Wie man sieht, ist überall von Schlagen die Rede, obwohl nirgends echt geschlagen wird. – Fast vergessen: Schlagsahne. Ähnlich verhält es sich bei der Wortfamilie „schießen“, wie Sie gleich sehen werden: Vorschuss, Ausschuss (gleich zweierlei: Kommission und Mängelprodukt), Zuschuss, Überschuss, Schuss (beim Eingießen und Kaminteil), Geschoss (Stockwerk und vom Geschütz), Einschießen (der Muttermilch). Obwohl bei den genannten Begriffen nirgends geschossen wird, erfreut sich das Schießen sprachlicher Beliebtheit.
Nun ist es an Ihnen, lieber Leser, zu entscheiden, ob all die erwähnten Wortbildungen rein zufällig entstanden sind, oder doch kriegerische Grundhaltungen im Unbewussten zu verbalen Wortbildungen geführt haben.
Jetzt aber zu ganzen Redewendungen und Aussagen, die keinen Zweifel mehr zulassen. Bestimmt haben auch Sie schon gehört, dass jemand schimpfend äußert: „Den Kerl könnte ich umbringen“, „dem/der könnte ich Gift geben“. Oder „den soll doch der Teufel holen“ und jemanden „einen Kopf kürzer machen“. Sicherlich könnte man von derlei Flüchen und Verwünschungen noch wesentlich mehr finden. Doch, pars pro toto (ein Teil für´s Ganze) es mag genügen und wer interessiert ist, kann vergnüglich weiter suchen und wird auch reichlich davon finden.
Und zum Schluss noch weitere aggressiv klingende Worte verschiedener Art: Vorwurf, Vorstoß und Bestechung. Überall „tätliche“ Vokabeln, ohne dass eine Körperverletzung gemeint wäre. Zusammenfassend kann man feststellen, dass es in unserer Sprache gewaltig wimmelt von angriffslustigen Wörtern und die Friedfertigkeit ihrer Sprecher wäre doch sehr anzuzweifeln.

Als lustiges Nachwort frei nach W. Busch jetzt:

Wer (zu) starke Worte braucht, hat eine (zu) weiche Birne.

Ihr Heinz Dierdorf