Während erfahrene Festivalhasen längst wissen, dass das Sonderkonzert der Sportfreunde Stiller ein ganz besonderes wird, hört man von Kritikern der Band stets die gleichen Argumente, wie „Die haben total naive Texte“ oder „Der Sänger kann überhaupt nicht singen!“. Natürlich stimmt das und keiner weiß das besser, als die Band selbst. Trotzdem darf sich Worms am 16. Juni auf ein Konzert freuen, das die Besucher garantiert mit einem fetten Grinsen auf den Lippen verlassen werden.

Quizfrage vorab: Welche Band hat am häufigsten bei „Rock am Ring“ gespielt? Nein, nicht etwa „Die Toten Hosen“ oder „Metallica“, sondern die „Sportfreunde Stiller“. Warum man ausgerechnet drei Jungs aus Germering, in der Nähe von München, immer wieder aufs Neue verpflichtet für das größte Open-Air-Festival Europas, liegt auf der Hand, wenn man ein Konzert der Sporties besucht. Vor ziemlich genau elf Jahren habe ich die Band zum ersten Mal live gesehen bei besagtem „Rock am Ring“. Die Jungs waren dank Hits wie „Ein Kompliment“ oder „Ich, Roque“ gerade erst dem Indie-Status entsprungen, durften aber trotzdem schon auf der Hauptbühne ran. Damals, im Juni 2006, stand die Fußball-WM im eigenen Land kurz bevor, auch wenn sich die Vorfreude bei den meisten deutschen Fans noch in Grenzen hielt in Anbetracht der dürftigen Leistungen der Nationalelf im Vorfeld des Turniers. Alle Bedenken, ob das Schülerband-Geschrammel ausreichen würde, um mehr als 50.000 Leute dauerhaft zu unterhalten, fegten die Sportis mit den ersten Akkorden ihres Openers „54, 74, 90, 2006“ gnadenlos beiseite wie bei einem wichtigen Tor, wenn es direkt nach dem Anstoß im Kasten des Gegners klingelt. Fortan hörte man die Leute auf den Zeltplätzen rund um den Ring nur noch dieses eine Lied singen, das zwei Monate später das ganze Land kannte. Und je öfters man voller Inbrunst diese Zeilen mitsang, umso fester glaubte man daran, dass Klinsis Jungs vielleicht doch was reißen können bei unserer Heim-WM. „Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein“ reichte es zwar nur für Platz 3, für viele Deutsche bleibt diese WM trotzdem unvergessen. Mit ähnlichen Zutaten – Herz, Leidenschaft und mindestens genauso viel bubenhaftem Charme wie Poldi, Schweini & Co. – hatten die Sportfreunde Stiller 2006 auch den Nürburgring erobert und wurden gefeiert wie keine andere Band an diesem Wochenende. Seitdem habe ich die Band auf gut einem halben Dutzend Festivals gesehen, enttäuscht haben sie dabei nie. Wenn jemand sagt, dass die Sporties eine gute Liveband sind, ist damit bestimmt nicht gemeint, dass deren Songs in der Live-Umsetzung an Qualität gewinnen, weil die Drei an ihren Instrumenten zur Höchstform auflaufen. Peter, der immer noch kein Solo auf der Gitarre spielen kann, singt auch live öfters mal schief, während Rüde seinen Bass malträtiert und Drummer Flo manchmal so feste in die Becken haut, dass man die anderen beiden kaum noch hört. Über ihren Dilettantismus machen sie sich in ihrem Song „1. Wahl“ sogar selbst lustig: „Gott sei Dank ist in dieser Zeit, die Technik schon so weit. Dass sich eins, zwei, drei Banausen ziemlich hoch nach oben mausern.“ Wer also auf perfekte Stimmen, aber fehlende Persönlichkeit steht, der soll halt weiter DSDS glotzen. Und zum Thema „naive Texte“: Wo sich andere nicht zu schade dafür sind, lyrische Massenkonfektionsware aufzuführen, bringen die Sporties vieles, was in dieser Welt schief läuft, zwar einfach, aber treffend auf den Punkt. Vor allem aber geben sie uns den Glauben an Bands zurück, die nicht nur gemeinsam musizieren, weil sie damit erfolgreich sind, sondern weil sie auch miteinander befreundet sind. Zusammen erzeugen die Sportfreunde Stiller bei ihren Konzerten eine einzigartige Atmosphäre, die man nur bei ganz wenigen Bands findet. Am 16. Juni kann man diese live auf dem Wormser Marktplatz erleben. Bei Redaktionsschluss waren noch Karten erhältlich.