Normalerweise verbringe ich als WO! Mitarbeiter die meiste Zeit hinter dem Laptop, besuche Veranstaltungen oder sitze geduldig bei Pressekonferenzen. Als mein Blick beim Schreiben auf ein Plakat an der Wand meines Arbeitszimmers fiel, fragte ich mich, wie viel Arbeit es wohl ist, einen professionellen Rahmen anzufertigen?
Bis zu diesem Zeitpunkt fristete mein Original Filmplakat des ersten „Star Wars“ Films, als dieser noch „Krieg der Sterne“ heißen durfte, sein Dasein hinter einer Plastikscheibe, umrahmt von einem matt golden schimmernden Plastikrahmen, an dem der Zahn der Zeit merklich genagt hatte und der schlussendlich dieser Kindheitserinnerung einen unwürdigen Rahmen verlieh. Da meine eigenen handwerklichen Fähigkeiten nicht mit meinen vokabularen Fertigkeiten mithalten können, suchte ich eine Antwort auf meine Frage bei Profis. Die fand ich in der Kunsthandlung Steuer, die seit mehr als 90 Jahren nicht nur ein verlässlicher Ansprechpartner für das passende Kunstwerk ist, sondern in der hauseigenen Werkstatt gleich noch für die passenden Rahmen sorgt. Mehr als 300 unterschiedliche Rahmen in Form, Farbe und Holzverarbeitung stehen hier zur Auswahl. Grundsätzlich gilt, dass der Rahmen das Bild zur Geltung bringen, aber nicht die Show stehlen soll. Ein barocker Bling Bling Rahmen kam daher nicht in Frage. Stattdessen fiel die Wahl auf einen dezenten, also eher schmalen Holzrahmen, der mit einem silbernen Farbanstrich den Grundton des Plakats perfekt ergänzen würde.
Stanzen für den perfekten Rahmen
Der Rahmen wird anschließend bei einem Hersteller geordert. Dieser liefert allerdings nicht den fertigen Rahmen, sondern lediglich Einzelstücke, die in der Werkstatt fachgerecht und vor allem mit großer Genauigkeit zusammengefügt werden. Das geschieht an einem Stanzgerät. Matthias und Helmut Steuer erklären mir, dass der Unterschied zwischen industriell gefertigten Rahmen und solchen, wie sie sie verkaufen, bereits in der Nutzung der Holzarten beginnt. Während die Rahmen in großen Baumärkten oftmals kostengünstig aus einem Holzstück gefertigt werden, sind professionelle Rahmen aus mehreren Holzarten zusammengesetzt. Schließlich soll der Rahmen viele Jahre unverändert Eindruck vermitteln und bekanntlich lebt und arbeitet Holz. Genutzt werden hierbei vor allem Fichte, Buche, Ilomba oder Ramin. Der Rahmen wird nun gestanzt, die Wucht hierbei ist überraschend stark. Am Ende ist die Leiste in vier Teile zerlegt. Die Kanten sind glücklicherweise sauber gestanzt, sodass ich kein Schmirgelpapier an den Winkeln ansetzen muss. Im nächsten Schritt werden nun die Teile miteinander verleimt. Damit später keine schiefe Überraschung droht, werden diese mit Hilfe von Winkelblechen fixiert und durch Spangen zusammengehalten.
Mein neuer Freund Gunnar
Bis der Leim getrocknet ist, ist nun Zeit für das Passepartouts und es zeigt sich, dass auch im Kunsthandwerk der Computer längst Einzug gehalten hat. Musste das Passepartouts in früheren Zeiten akkurat mit spitzem Messer ausgeschnitten werden, erledigt diese Arbeit nun Gunnar. Versehen mit dem Zusatz F1 ist Gunnar ein Programm, mit dem man nahezu jede Form bestimmen kann, die dieser im Anschluss präzise in den Karton schneidet. Nach dieser kleinen Verschnaufpause steht nun Glasschneiden auf dem Programm. Hierbei gilt es, zunächst ein wenig mit dem Glasschneider zu üben, ehe mir das großflächige Glas für das Plakat anvertraut wird. Die ersten Versuche wollen noch nicht so gelingen, entweder ist die Bruchstelle nicht klar genug oder im Schnitt hat sich eine kleine Kurve eingeschlichen. Nach mehrmali- gen Üben ist es schließlich soweit und unter fachkundigen Augen gelingt es mir, das Glas zurecht zu schneiden. Im Anschluss befestige ich das Plakat mit säurefreiem Klebeband am Passepartout, das in den Rahmen eingefügt wird. Die Rückwand, die ebenfalls aus Kartonage besteht, verschließe ich mit einem dünnen säurefreien Klebeband am Rahmen, sodass das Bild staubfrei verschlossen ist. Doch damit ist das Verschließen immer noch nicht beendet. Das Bild wird anschließend mit Hilfe eines Tackers „eingestiftet“ und nochmals staubdicht verpackt und fixiert.
Altes Plakat mit neuem Glanz
Nach rund 45 Jahren ist es nun endlich soweit und das Plakat, das mich seit meiner Kindheit begleitet, dürfte nun auch die kommenden Jahre gut überstehen. Abzüglich der Wartezeit auf den Rahmen habe ich letztlich drei Stunden hochkonzentriert – mit Unterstützung der beiden Steuers – in der Werkstatt verbracht. Es ist vor allem das präzise Arbeiten, das viel Konzentration erfordert. Ein Holzrahmen hat seinen Preis und dementsprechend bedeutet ein Verschnitt für die Kunsthandlung zusätzliche Kosten. Warum ein professioneller Rahmen einen durchaus stolzen Preis hat, ist mir nun klar, denn statt Maschinen, die einen glanzlosen Massenrahmen fertigen, stehen hier zwei Profis in der Werkstatt, die mit großer Handwerkskunst Zeitloses schaffen. Dennoch bin ich selbst auch wieder froh, statt Holz zu stanzen, wieder Buchstaben in mein Notebook zu tippen. Dankbar für die Erfahrung, verlasse ich schließlich wieder Helmut und Matthias Steuer.
Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf