19. August 2016
Marktplatz in Worms:
Es war schon ein fulminantes Sonderkonzert der Cowboys von „The Boss Hoss“ auf ihrer Zwischenstation in Worms, wenn da nicht zwei Schönheitsfehler den Spaß etwas getrübt hätten: Der Sound war einfach grottenschlecht und der Marktplatz ungemütlich voll.
„Das könnte schon ein bisschen lauter sein.“ So dachte wohl ein Großteil der Besucher beim Sonderkonzert des diesjährigen „Jazz & Joy“. „Ganz schön voll heute hier“ dachte vermutlich der andere Teil der Besucher. Tatsächlich waren das die einzigen beiden Wermutstropfen eines ansonsten ziemlich kurzweiligen Konzertvergnügens. Während die Akteure auf der Bühne so ziemlich alles unternahmen, um das zahlreich erschienene Publikum bestens zu unterhalten, hatte der Mann hinterm Mischpult nicht seinen besten Tag erwischt. Zu breiig, ohne Höhen und Tiefen und vor allem vollkommen ohne Druck kam der Sound daher. Dass das Publikum selbst in den vorderen Reihen zwei Mal geschlossen „L-a-u-t-e-r!“ rief, das sagt schon ziemlich viel aus. Von den hinteren Reihen gleich ganz zu schweigen, die weder Ansagen, geschweige denn die Texte der Lieder verstehen konnten. Überhaupt galt für die hinteren Reihen an diesem Freitagabend sowieso das altbekannte Gorbatschow-Motto „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Da der laut Festivalleitung für 4.800 Personen zugelassene Marktplatz mit 4.750 Besuchern ziemlich kuschelig gefüllt war, gab es selbst für Leute, die nur mal im vorderen Bereich aufs Klo oder eine Bratwurst essen wollten, keinerlei Durchkommen. Und für den miserablen Sound war weder die Stadt wegen Lärmschutzauflagen, noch die Firma Medienpark Vision verantwortlich, die in diesem Jahr wieder für die Beschallung zuständig war. Deren Geschäftsführer Christian Ruppel erteilte etwaigen Spekulationen bei Facebook, die Anlage in Worms hätte nicht genug Power gehabt, eine deutliche, wenn auch witzige Absage: „Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist nicht die Badehose schuld.“ Und tatsächlich war der Sound in den folgenden Tagen – mit genau der gleichen Anlage – deutlich besser…
Über das Konzert an sich, gibt es jedoch wenig zu meckern. Zum ersten Mal in Erscheinung getreten sind „The Boss Hoss“ im Jahr 2005 mit ihrem ersten Album „Internashville Urban Hymns“, auf dem sie aus bekannten Klassikern der Popgeschichte ihre urtypischen Country-Western-Songs geschnitzt haben. Seitdem sind die Berliner mit den weißen Feinrippunterhemden, diversen Ringen an den Fingern, Sonnenbrillen und den obligatorischen Cowboyhüten auf den Bühnen des Landes unterwegs und haben sich elf Jahre und sechs Alben später von einer gewöhnlichen Coverband zu einer eigenständigen Band gemausert, bei der mittlerweile die Eigenkompositionen deutlich die Überzahl im Programm bilden. So auch in Worms, vereinzelt eingestreute Coversongs durften natürlich trotzdem nicht fehlen. Der alte Dolly-Parton-Klassiker „Jolene“ – in einem Akustikblock gegen Ende des Konzertes – gehörte ebenso zu den Höhepunkten der Show wie die dritte und letzte Zugabe „Word up“ (im Original von Cameo), bei der knapp 20 weibliche Gäste aus dem Publikum auf die Bühne durften, um zusammen mit der Band das Finale der Show zu zelebrieren. Zuvor hatte man schon ein ausgiebiges Crowdsurfing von Sänger Alec, genannt „Boss Burns Walk“, ebenso wie einen kollektiven, tausendfachen Squaredance am Marktplatz erleben dürfen. Ihr aktueller Hit „Dos Bros“ wurde zum Ende des Hauptprogramms genauso zelebriert wie „Don’t gimme that!“, der bisher meistverkaufte Singlehit der Band. Sieht man einmal von den ausgiebig diskutierten Soundproblemen ab, war es also eine ziemlich unterhaltsame Show, die Sascha „Hoss Power“ Vollmer und Alec „Boss Burns“ Völkel da zusammen mit ihrer Band – mitsamt drei „mexikanischen“ Streichern (die man leider kaum gehört hat…) – auf die Beine gestellt haben. Dass der Marktplatz so voll war wie wohl noch nie zuvor in der Geschichte von „Jazz & Joy“, kommt nicht von ungefähr. Dank TV-Formaten wie „Voice of Germany“ oder „Sing meinen Song – Das Wunschkonzert“ haben „The Boss Hoss“ noch einmal einen ungeheuren Popularitätsschub erhalten. Ihr im September letzten Jahres veröffentlichtes siebtes Studioalbum „Dos Bros“ erreichte erstmals in der Geschichte der Band Platz eins der deutschen und österreichischen Albumcharts. Mit deren Verpflichtung haben die Veranstalter vom „26. Worms: Jazz & Joy“ also zweifelsohne ein gutes Händchen bewiesen.
FAZIT: The Boss Hoss sind nicht unbedingt begnadete Musiker, aber als vorbildliche Entertainer lieferten sie eine (fast) perfekte Show.