03. August 2014
Domvorplatz in Mainz:

Weil sich MTV den Begriff hat schützen lassen, wurde die lange angekündigte Unplugged-Tour der Kölschrocker um Frontmann Wolfgang Niedecken, die an einem lauen Sommerabend auch Station in Mainz machte, kurzerhand umbenannt in „BAP zieht den Stecker“…

2.500 BAP-Fans fanden sich im wunderschönen Ambiente des Mainzer Domvorplatzes ein, nahmen auf ungewohnten Sitzplätzen Platz und lauschten Wolfgang Niedeckens Ausführungen zum „Märchen vom gezogenen Stecker“. So lautet auch der Name der kürzlich erschienenen Live-CD, ist es doch eher ein Märchen, dass man komplett „akustisch“ ein Konzert dieser Größenordnung bestreiten könnte. Da die Karten seit Wochen ausverkauft waren, standen nochmal knapp 300 Leute hinter dem Sichtschutz und vernahmen ungewohnt ruhige Klänge. Denn es ist eine mutige Tour, die nicht auf die altbekannten Klassiker setzt, sondern sich eher den unbekannten, ruhigeren Songs aus dem Schaffen Niedeckens widmet, die echtes Zuhören erfordern. Und seine Mitmusiker haben daraus an allerhand Instrumenten (aus Marokko, Türkei und den entlegensten Orten) neue Perlen geschaffen. Die großen Hits kamen dagegen sehr dosiert: „Jupp“ (Gänsehautversion!), „Kristallnach“ (im Original beklemmender), „Verdamp lang her“ als Abschluss des Hauptprogramms (da sind die Mainzer aber hurtig von ihren Sitzen aufgesprungen) oder „Do kanns zaubre“ als 3. Zugabe (auch in dieser Version eines der schönsten deutschen Liebeslieder). Zugegeben, nicht jede Version hat so gezündet, dass man von einer Verbesserung der Urversion sprechen kann (z.B. Rääts un links vum Bahnhdamm“ oder „Lena“), dagegen wussten die Versionen von „Noh Gulu“, „Nöher zo mir“ oder „Lisa“ zu gefallen. Die meisten Songs waren jedoch abwechslungsreich umgesetzt, auch wenn man einer Slide-Gitarre (Uli Rode) bei zu inflationärem Einsatz nicht immer Positives abgewinnen kann. Trotzdem haben die sechs Musiker auf der Bühne, die – mit Ausnahme von Niedecken – im Laufe des Abends bis zu sechs Instrumente bedient haben, mehrfach unter Beweis stellen dürfen, dass sie absolute Könner sind. Auch wenn sich das bei einer derart kompakten Mannschaftsleistung eigentlich verbietet, so verdient doch Rhani Krija an den Percussions ein Sonderlob. Ein letztes Mal durften alle gemeinsam brillieren beim grandiosen „Sendeschluss“ – von der legendären LP „Zwesche Salzjebäck unn Bier“ – als Abschluss eines (mit 20 Minuten Pause) fast dreistündigen Konzertvergnügens. Und erneut sind die Mainzer zum Schlussapplaus in Windeseile von ihren Sitzen aufgesprungen.

FAZIT: Aufgrund der exzellenten Akustik, dank der jedes Instrument einzeln herauszuhören war, hat man auch endlich mal die kölschen Texte eines der besten Geschichtenerzähler Deutschlands besser verstanden. Alleine dafür hat sich das Experiment gelohnt.