Vom 31. Juli bis zum 16. August 2015 finden die Nibelungen-Festspiele in Worms das erste Mal unter der Leitung von Intendant Nico Hofmann statt. Am 10. November stellte der bekannte Filmproduzent im Rahmen einer Pressekonferenz sein künstlerisches Team für die neue Spielzeit vor und verriet auch erstmals Details über die Inhalte der ersten Inszenierung. Freuen dürfen sich die Besucher auf eine echte Uraufführung auf der imposanten Freiluftbühne vor dem Wormser Dom, die auf dem neu geschriebenen Stück „Gemetzel“ des preisgekrönten Schriftstellers und Autors der Nibelungen-Festspiele, Albert Ostermaier, basiert.

Ganz neu wird sicherlich, dass sich Ostermaier einer anderen Erzählperspektive bedient, wird doch die Geschichte erstmals aus der Sicht des Kindes Ortlieb erzählt, dem Sohn von Kriemhild und Etzel. Dementsprechend beginnt die Geschichte auch erst mit dem Einmarsch der Burgunder auf dem Hof des Hunnenkönigs. Ein großes Fest soll gefeiert werden nach all den Jahren der Trennung, bei dem man sich während der Vorbereitungen die alten Geschichten von Siegfried, Kriemhild, Brunhild und Gunther erzählt. Ortlieb hört neugierig und fasziniert zu. Während Vorgänger Wedel es sich nicht nehmen ließ, aus der durchaus umfangreichen Nibelungensage zwei Teile zu basteln, wobei der erste Teil mit dem Tod Siegfrieds endete, steigt das erste Stück unter dem neuem Intendanten Nico Hofmann erst nach dem Tod des Helden ein. Das Leben Siegfrieds wird lediglich im Rückblick erzählt – und zwar in Form von Tänzen, um damit eine eigene Erzählebene zu schaffen. Im 14. Jahr wird also bei den Nibelungen-Festspielen erstmals zeitgenössischer Tanz zu sehen sein, der einstudiert wird von dem amerikanischen Choreographen Ted Stoffer. Überhaupt ist das künstlerische Team hinter den Kulissen international besetzt, denn der aus Belgrad stammende Aleksandar Deni?, „Bühnenbildner des Jahres 2014“ („Theater Heute“), soll für ein optisch packendes Bühnenbild sorgen. Intendant Hofmann zeigte sich überzeugt von der Verpflichtung von Deni?, der sich den Wormser Kaiserdom bereits angesehen habe und so begeistert gewesen sei, dass er trotz seiner zahlreichen Verpflichtungen zugesagt hat. Dramaturgisch betreut wird das Stück von Maren Zimmermann, die bereits mehrfach erfolgreich mit Autor Albert Ostermaier zusammengearbeitet hat. Und last but not least wird das Stück inszeniert von dem mehrfach ausgezeichneten Regisseur (Adolf-Grimme-Preis, Deutscher Fernsehpreis) und Direktor der Filmakademie Baden-Württemberg, Thomas Schadt, der auch Künstlerischer Leiter der Nibelungen-Festspiele ist. Hofmann ist voll des Lobes: „Thomas Schadt ist ein herausragender Regisseur, mit dem ich bereits bei mehreren Filmprojekten zusammengearbeitet habe. Ich vertraue seiner künstlerischen Arbeit sehr. Er wird für das Stück „Gemetzel“ von Albert Ostermaier eine eindrucksvolle Bildersprache finden.“ Man sollte jedoch in Anbetracht des martialischen Titels keine allzu blutrünstige Aufführung erwarten, denn das Gemetzel wird hauptsächlich auf emotionaler Ebene stattfinden, ließ Schadt bei der Pressekonferenz durchblicken. Wie Autor Ostermaier vorab verriet, wird es diesmal einen ungewöhnlichen Schluss der Geschichte geben, der eine andere Interpretation der Nibelungensage zulässt. Keine Experimente wird es dagegen bei der Sprache geben, die sehr klassisch bleibt und auf keinen Fall einer Modernisierung unterzogen wird.

Faszination Nibelungen

Gleichwohl zeigte sich Regisseur Thomas Schadt fasziniert von dem Nibelungenstoff: „Meine Regiearbeit wird sich auf diese Personenkonstellationen konzentrieren und zeigen, was es heißt, als Königssohn nicht nur seine Kindheit zu verlieren, sondern auch Verrat und Rache kennenzulernen. Bei allem Dröhnen der Geschichte werden Poesie und Zartheit der Figuren aber nicht zu kurz kommen. Neben der Schauspielkunst, die diesen Spagat meistert, werden Tänzer zum Einsatz kommen. Die Musik ist in das Bühnengeschehen integriert und wird live von einer Band eingespielt.“ Auf Nachfrage gab Schadt an, dass die Coverband „Panzerballet“ aus München dabei sein wird, die die Aufführung musikalisch begleitet – mit einer Mischung aus Jazz und Metal. Auch Albert Ostermaier kann dem Nibelungenstoff einiges abgewinnen: „Für mich liegt die Faszination darin, dass wir durch keinen anderen Stoff unserer Literatur so viel über uns, unser Werden, unser Können, unser Träumen, unsere Gefährdung und unser Gefährlichsein erfahren können wie dort, in diesem Lied aus Liebe und Verrat, Politik und Privatheit, Trieb und Trieben, Lüge und Lust, Wut und Wahnsinn, Wunder und Wunden, Zauber und Entzauberung, Vernunft und Brunft, Überwältigen und Überwältigtsein. Das Nibelungenlied ist wie ein Urtext, den wir durch unsere Gegenwart immer wieder neu vergegenwärtigen müssen. Wir müssen ihm dafür keine Gewalt antun, denn alle Gegenwart wohnt und wartet in ihm, in seiner Tiefenschärfe und Schärfentiefe. Das auszuloten, darauf freue ich mich in den kommenden Jahren.“

Qualität entscheidend

Das künstlerische Team hinter den Kulissen für 2015 steht fest, fehlt nur noch das Schauspielemble, das traditionell erst im Frühjahr vorgestellt wird. Daran wird sich auch unter dem neuen Intendanten nichts ändern. Wer jedoch aufgrund der 13-jährigen Intendanz von Dieter Wedel auf bekannte TV-Schauspieler hofft, wird womöglich im nächsten Jahr enttäuscht sein: „Wir verpflichten keine große Namen nur der Namen wegen – uns geht es immer um die beste Besetzung der Rolle“, so Nico Hofmann. Zwar könne es durchaus passieren, dass der eine oder andere Name im Ensemble auftauchen würde, den man bereits aus dem Fernsehen kennt. Aber für die Qualität eines Stückes oder eines Filmes sei das Mitwirken eines großen Stars nicht entscheidend. Als Beispiel führte er den kürzlich in der ARD ausgestrahlten und von ihm produzierten Fernsehfilm „Bornholmer Straße“ an, der mit acht Millionen Zuschauern ein Riesenerfolg war, obwohl kein einziger namhafter Star dort mitgespielt hat. Und das war wahrlich nicht die erste Produktion von Hofmann, bei der das so gelaufen ist.