18. Februar 2024 | Das Wormser Theater: Es ist erstaunlich, dass eine zeitgeschichtliche Zäsur wie die Corona-Pandemie auch zwei Jahre später in Kunst und Kultur kaum Widerhall findet. Eines der wenigen Theaterstücke, das sich mit dieser Zeit auseinandersetzt, „Endlose Aussicht“, entstand bereits im ersten Corona Jahr 2020 und wurde nun in Worms aufgeführt.
Verfasst wurde das Stück während des ersten Lockdowns von der Autorin Theresia Walser mit Unterstützung der Schauspielerin Judith Rosmair. Die ist wiederum in Worms keine Unbekannte, spielte sie doch 2015 in Nico Hofmanns Intendanz Debüt „Gemetzel“ die Rolle der Kriemhild. In dem Ein-Personen-Stück „Endlose Aussicht“ übernahm sie mit Walser die Regie und die Rolle der Jona, die eigentlich in der Karibik eine unbeschwerte Zehn-Tages-Reise verbringen wollte und sich nach Ausbruch einer Seuche in Quarantäne wiederfindet. Gefangen in der Isolation ihrer Kabine, umgeben von nichts als Wasser, sinniert die Frau über ihre bis dahin so oberflächliche Welt und wie aus dem mondänen Kreuzfahrtschiff angesichts der Perspektivlosigkeit ein Vergnügungskoloss wurde. Die Tage verschwimmen und der samtene Morgenmantel wird zum treuen Begleiter, ebenso wie die Weißweinflasche, die Jona durch den Tag hilft. Visualisiert wurde das – neben Rosmairs einnehmenden Spiel – durch psychedelisch anmutende Videoeinspieler, die immer wieder die See in den Mittelpunkt rückten, die wiederum als Metapher für die Hilflosigkeit der Menschen zu verstehen war. Nicht wissend, wie es nach dem ersten Lockdown weitergehen sollte, spiegelte das Stück genau jene Ängste wider und riss zugleich auch den gesellschaftlichen Graben an, der in den nächsten Monaten folgen sollte, als Jona inbrünstig über Maßnahmenkritiker schimpfte.
Fazit: Intensiv von Judith Rosmair gespielt, krankte die Dramaturgie des Stückes leider unter einer gewissen Ziellosigkeit, die natürlich der Zeit, in der es verfasst wurde, geschuldet war. Insofern funktionierte das Stück am besten als Zeitdokument, das die Ohnmacht jenes Frühlings 2020 in knackigen 80 Minuten auf die Theaterbühne brachte.
Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf