Demonstration für Demokratie sorgte für kontroverse Diskussionen
Zwei Demos am selben Tag in Worms. Zweimal wichtige Themen, für die es sich lohnt zu demonstrieren. Doch während die Demonstration mit Bezug zur Demokratie mehr als 1.000 Menschen mobilisierte, fand eine Demonstration zu dem Thema Armut kaum öffentliches Interesse (den Text dazu lesen Sie in unserer April-Ausgabe).
Mit Blick auf den drohenden Rechtsruck bei der bevorstehenden Bundestagswahl am 23. Februar in Verbindung mit der in Teilen rechtsextremistischen Partei AfD, kündigte das Wormser Bündnis für Demokratie, Toleranz und Vielfalt Mitte Januar für den 15. Februar eine Demonstration an, die ein starkes Zeichen für die Werte der Demokratie setzen sollte (siehe auch WO! 02/25). In einem Aufruf erklärte das Bündnis: „Wir demonstrieren für eine offene, tolerante und zukunftsfähige Gesellschaft, in der Minderheiten geschützt und Vielfalt unterstützt wird. Wir zeigen uns solidarisch mit denen, die von rechtsextremen Menschen und Organisationen ausgegrenzt und bedroht werden.“ Zudem betonte das Bündnis: „Unser Bündnis ist offen, grenzt sich aber von extremem Gedankengut von rechten, linken oder islamistischen Organisationen entschieden ab.“ Unterstützung erfuhr die Idee dieser Kundgebung von einem breiten Spektrum der Wormser Gesellschaft. Dazu gehörten alle im Stadtrat vertretenen Parteien, bis auf die AfD, Vertreter der Kirchen und deren Verbände. Ebenso schlossen sich Vertreter der Wormser Wirtschaft an, der Lebenshilfe sowie bürgerliche Bündnisse wie das gegen Nazi-Aufmärsche, Omas gegen rechts und der Runde Tisch der Luthergemeinde sowie weitere Gruppen. Doch nicht jeder fand dieses Zeichen für Demokratie gut.
Die hässliche Seite des Internets
Überschattet auch von den Anschlägen in Aschaffenburg am 22. Januar und in München am 14. Februar, tobte von Beginn an, insbesondere in den Kommentarspalten bei Facebook, eine besonders lautstarke Gruppe, die sich ebenso laut- stark immer wieder als AfD Wähler repräsentierte. Auffällig war vor allem die Instrumentalisierung der vergangenen schrecklichen Anschläge in Verbindung mit pseudomoralischer Überhöhung. „Ihr habt inzwischen so viel Blut an den Händen kleben“, unterstellte eine Nutzerin, während ein anderer Kommentator Pietätlosigkeit erkannte. Der Wormser Thomas Neumeister musste sich wiederum belehren lassen: „Immer noch nix kapiert. Wie viele müssen noch sterben durch solche…Menschen kann ich sie nicht nennen?“ Der eigentliche Hintergrund der Demonstration spielte bei den „Empörten“ zu diesem Zeitpunkt schon längst keine Rolle mehr. Vielmehr erkannte man wohl die Veranstaltung als Bedrohung für die Partei, für die jene Kommentatoren unermüdlich warben. Immer wieder wurde dabei der Versuch unternommen, ein Bild zu zeichnen, dass wir schon längst in einer Diktatur leben und die bürgerlichen Demonstranten von Worms natürlich allesamt von der Regierung bezahlt werden. So wurden wir als Presseorgan natürlich auch nicht verschont. „Ihr verkommt immer mehr zu einem Systemling Schmierblatt“, kommentierte ein Besucher unserer Facebook Seite nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Veranstaltung. Bei einem Verweis auf Einhaltung der Netiquette bei selbigem Post entgegnete eine Nutzerin: „Dieser Standardkommentar von euch geht mir am Popo vorbei. Neutral sieht anders aus“. Meinungsfreiheit gibt es natürlich nicht, ohne dabei zu merken, dass genau dieselben Kommentatoren aus der AfD Ecke in diesem Moment genau diese Meinungsfreiheit leben und rechtsextreme Parteien wie „Die Rechte“ und „Der Dritte Weg“ aus diesem Grund in Worms Ende Februar aufmarschieren konnten.
Ein wichtiges Zeichen
Unberührt von diesen offensichtlich hasserfüllten Kommentaren fanden am Veranstaltungstag, laut Schätzung der Polizei, rund 1.000 Wormser den Weg auf den St. Albans Platz, wo die Kundgebung begann. Nach Schätzung der Wormser Zeitung sollen es sogar rund 2.000 Menschen gewesen sein. Tatsache war, dass sich ein durchaus imposantes Bild bot und sich neben den oben genannten Organisationen auch zahlreiche ein- fache Bürger in die Demonstration einreihten. Die Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz begann mit einer Schweigeminute für die Opfer der vergangenen Anschläge. Dr. Peter Diehl vom „Bündnis für Demokratie, Toleranz und Vielfalt“ erklärte in seiner Rede im Anschluss, dass Demokratie nur mit der Toleranz gegenüber anderen Meinungen funktioniere, solange diese anderen Meinungen ebenfalls auf dem Boden dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Diehl betonte aber auch, dass Hass und Hetze nicht toleriert werden können. Ergänzend dazu passten die Worte von Dekanin Jutta Herbert: „Hass und Angst dürfen nicht unser Miteinander bestimmen.“ In Anbetracht der letzten Wochen, in denen Menschen, wie oben beschrieben, ihre Verachtung anderen Motiven und Meinungen gegenüber zum Ausdruck brachten, scheinen diese Worte wichtiger denn je.
Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf