In Worms den Bürgerservice zu besuchen, ohne dass man zuvor einen Termin ausgemacht hat, kann manchmal zu einer Tortur werden, dessen Ausgang ungewiss ist. Zu viele Kunden treffen auf zu wenig Personal. Um dieses Problem zu lösen, schwirrt in Worms seit einiger Zeit das Wort „Digitalisierung“ durch die Flure der Stadt. Aktuell ist der Digitalisierungsprozess noch ein zartes Pflänzchen. Um diese zu einem stattlichen Baum heranwachsen zu lassen, gibt es seit einiger Zeit den Digitalisierungsausschuss mit dem Vorsitzenden OB Adolf Kessel.

Um den Prozess einer digitalen, bürgerfreundlichen Verwaltung zu beschleunigen, erstellte die Stadtverwaltung ein Positionspapier, in dem man sich erstaunlich offen zu den Defiziten bekennt:

„Während im privaten Bereich fast jeder Bundesbürger ein Smartphone besitzt und über Tablets oder andere Endgeräte das Internet nutzt, während Bestellungen bei Amazon, ebay und Co. an der Tagesordnung sind und Einkäufe über Bezahldienstleister oder Online-Banking abgewickelt werden, sieht es bei der Kommunikation mit Behörden schon deutlich anders aus“

und ergänzt, dass man der Entwicklung hinterher hinke. Aber warum eigentlich? Erste zaghafte Schritte sind gemacht. Im Bürgerservice der Homepage der Stadt Worms sind bereits einige Verwaltungsgänge aufgeführt, die sich bequem von zuhause erledigen lassen, wie Terminvereinbarungen, das Bestellen von Urkunden, KfZ an-/ummelden oder das Anzeigen von Verkehrswidrigkeiten. Voraussetzung ist zum Teil ein elektronischer Personalausweis mit dem passenden Lesegerät. Dennoch kratzt man hierbei nur an der Oberfläche des Möglichen.
Bereits in den vergangenen Wahlkämpfen wurde oft die Frage gestellt, warum es online nicht möglich ist, eine simple Sache wie einen Parkausweis zu verlängern? Die Verwaltung geht in ihrem Papier sogar noch einen Schritt weiter und stellte die Fragen, warum es nicht möglich ist, eine Gewerbeanmeldung online abzugeben, einen Bauantrag digital zu stellen oder die Hundesteuer von zu Hause aus anzumelden? Die selbstgegebene Antwort überrascht in ihrer Offenheit: „Gefühlt dürfte es die „Schriftformerfordernis“ sein, die seit jeher das Steckenpferd bürokratischer Argumentation ist. Bei näherem und vor allem „offenem“ Hinsehen entpuppt sich aber vieles, was auf den ersten Blick festgeschrieben scheint, als bloßes „das haben wir schon immer so gemacht“. Das Papier ergänzt aber auch, dass man abwarten möchte, bis weitere rechtliche Hürden abgebaut werden. So ist der Umgang mit Daten eine zentrale Frage und der damit zusammenhängende Datenschutz vollkommen zu Recht ein hohes Gut, das nicht gefährdet werden darf. Letztlich dürften es aber auch menschliche Ängste sein, die den Prozess der Digitalisierung verzögern. Ängste, möglicherweise seinen eigenen Job zukünftig wegzurationalisieren. Auch dürfte klar sein, dass nicht für jeden Bürger ein digitales Rathaus attraktiv erscheint. Letztlich ist es eine Zweigleisigkeit, die angestrebt werden muss.
Doch um dies zu erreichen, benötigt man entsprechendes Personal, denn es reicht natürlich nicht, einfach eine Online-Seite freizuschalten oder eine App anzubieten. Neben den technischen Komponenten und der Schaffung einer zeitgemäßen und zukunftsfesten IT-Infrastruktur, müssen auch die Mitarbeiter entsprechend geschult werden bzw. entsprechendes Personal eingestellt werden. Und hier zeigt sich ein Problem, dass sich derzeit wie ein roter Faden durch das Rathaus zieht, man findet schlicht und ergreifend kein entsprechendes Personal. Im Digitalausschuss erklärten unlängst Werner Christian Zehe, Abteilungsleiter EDV, und Holger Zutavern, Abteilungsleiter Personal und Organisation, dass man derzeit keine Programmierer fände, um den Prozess entsprechend voranzutreiben. Auch einen Digitalisierungsbeauftragten, dessen Stelle bereits seit mehr als einen Jahr vorgesehen ist, sucht man derzeit im Organigramm der Stadt vergeblich. Im Gespräch mit WO! zeigte sich Oberbürgermeister Kessel dennoch optimistisch, dass die digitale Zukunft der Stadt Worms nicht mehr allzu weit entfernt ist. Den jungen Wormsern, wie dem 20-jährigen Informatiker Jonas Deichelmann, SPD Worms und Vertreter im Digitalausschuss, gehen die städtischen Perspektiven allerdings noch nicht weit genug. Er stellte im Digitalausschuss unlängst den Antrag, zu prüfen, ob es möglich sei, ein smartes Beleuchtungskonzept einzuführen. Das bedeutet, dass die Straßenbeleuchtung nur aktiviert wird, wenn sie benötigt wird. Bis das passiert, wird allerdings noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen.