EIN KLANGPOET NAMENS ENGEL – Konzertkritik zum Konzertabend mit Martin Engel

Von Geburt an blind, begann der gebürtige Heidelberger Martin Engel mit neun Jahren Klavier zu spielen. Heute wird er deutschlandweit gefeiert. Auf Einladung des Vereins „Gemeinsam leben Worms-Wonnegau e.V.“ spielte Engel im Lincoln Theater ein Konzert, um im Rahmen der „Aktionstage für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2022“ auf das sensible Thema aufmerksam zu machen. 

Eigentlich sollte das Konzert schon im vergangenen Jahr stattfinden. Aber wie das so mit dem Wörtchen „eigentlich“ ist, kam es natürlich anders. Die Corona Beschränkungen machten ein Livekonzert mit Publikum unmöglich. Engel spielte dennoch, wenn auch nur für die Kamera ohne Applaus. Dafür zeugt die daraus resultierende Aufzeichnung bei You Tube noch heute von dem Talent des Klangpoeten. In diesem Jahr war es dem blinden Pianisten nun endlich vergönnt, auch das Wohlwollen des Publikums hören und spüren zu können. Im musikalischen Gepäck hatte der Musiker Klavierstücke von Mozart, Mendelsohn-Bartholdy und Chopin. Dass er sein Handwerk beherrscht, zeigte sich nach wenigen Takten aus Mozarts Kleinod „Fantasie d-Moll“, das als schwer zu spielen gilt. Beseelt von der sprichwörtlichen Kraft der Fantasie, versuchte Mozart, sich von etablierten Formen zu befreien. Pausen, Stimmungswechsel, die sich sowohl in Melodieführung als auch im Tempo ausdrücken, sowie andere Herausforderungen meisterte Engel mit eleganter Fingerfertigkeit. Zwischen den ambitionierten Stücken informierte der Künstler kenntnisreich über Hintergründe selbiger. Er schilderte aber auch sein emotionales Verhältnis zu den Werken, wie im Falle von Mozarts Stück, das auf ihn abgründig und düster wirke. Engel nahm so das Publikum immer wieder an die Hand, um dieses durch die Komplexität der Stücke zu leiten oder auf Parallelen zwischen Mozart und Mendelsohn-Bartholdy aufmerksam zu machen.

Fazit: Für das Publikum stand am Ende des Abends fest, ein Glanzstück klassischer Musikunterhaltung gesehen und gehört zu haben. Zudem berührte der Pianist durch eine boden- ständige Bescheidenheit auf der einen Seite und musikalischer Anmut auf der anderen.

Text und Foto: Dennis Dirigo

Passend zum Text finden Sie hier das erwähnte Konzert im Lincoln Theater aus dem Jahre 2021:
https://www.youtube.com/watch?v=hxHQkfuTIhI