Schwerstkranke Menschen einen letzten Wunsch erfüllen, das ist kurz zusammengefasst das Konzept des Wünschewagens, dessen Konzept, das 2014 erstmals in Holland Anwendung fand und der seit 2017 auch in Rheinland-Pfalz fährt. Geparkt und koordiniert wird er von Worms aus.

Betreut wird dieser vom Arbeiter Samariter Bund (ASB). Als Projekt gestartet ist dieser längst ein fester Bestandteil. Die Idee verbreitete sich in Deutschland von Essen aus, wo der Ortsverband Ruhr als erster das Konzept aus Holland aufgriff. Dirk Beyer, der für den ASB gemeinsam mit zwei Kolleginnen (Christina Wickert und Christina Kunde) den Einsatz des Wagens koordiniert, erklärt im Gespräch mit WO!, dass man bereits kurz danach auch in Rheinland-Pfalz diese tolle Idee schnellstmöglich umsetzte. Seitdem fanden 104 Wunschfahrten statt, die Zahl der Bewerbungen ist mittlerweile allerdings dreimal so hoch. Finanziert werden der Wagen und die Fahrten ausschließlich durch Spenden, weshalb die Fahrten auch nur von ehrenamtlichen Mitarbeitern begleitet werden können. Umso größer war die Freude, als das Team die Nachricht erreichte, den Nettoerlös aus dem ersten Entenrennen am Backfischfest (6.000 Euro) als Spende von Stadtmarketing, Fischwerwääder e.V und dem Rotary Club überreicht zu bekommen, schließlich hilft jede Spende, weitere Wünsche zu erfüllen. Der Wagen selbst ist ein speziell umgebauter Rettungswagen (Mercedes Sprinter), ausgestattet mit einer bequemeren Liege, einem Kühlschrank, einem DVD-Player und getönten Scheiben, um die Privatsphäre zu wahren und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Bei der Anmeldung müssen Angehörige einen Fragebogen zur Person und dem persönlichen Befinden des Kranken ausfüllen und seine Patientenverfügung vorlegen. Die Angehörigen werden eingehend und intensiv informiert, dabei geht es auch um rechtliche Fragen, vor allem aber um „Empathie und Bauchgefühl“. Für die Fahrtgäste, von Patienten spricht man in diesem Zusammenhang nicht, sowie einer angehörigen Person ist die Fahrt, inklusive anfallenden Eintrittsgeldern und Übernachtung, umsonst. Die Ziele sind dabei so mannigfaltig wie die Fahrtgäste. Während der eine den Wunsch äußert, ein letztes Mal seine Lieblingsband zu sehen, möchte ein anderer einen letzten Besuch bei Verwandten, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, die betroffene Person im Hospiz zu besuchen.

Betreut werden die Fahrten von zwei ehrenamtlichen Helfern, von denen einer eine rettungsdienstliche Ausbildung haben muss. Was alle Helfer gemein haben, ist, dass sie zusätzlich auf einem Wochenendseminar speziell für diese Fahrten geschult wurden. Insgesamt gibt es in Rheinland-Pfalz derzeit 50 Helfer. In Worms sind es 15, die zurzeit diese verantwortungsvolle Tätigkeit freiwillig übernehmen. Zwei davon sind Olaf Deichelmann und Sylke König. Olaf Deichelmann, der auch als ehrenamtlicher Rettungssanitäter für den ASB unterwegs ist, erfuhr über ein Plakat von diesem Projekt und löcherte anschließend einen Kollegen diesbezüglich mit Fragen. Nachdem er sich weitere Informationen einholte, stand für ihn schnell der Entschluss fest, dabei sein zu wollen. Auf die Frage, warum er dies mache, strahlt Deichelmann und erklärt schnell, dass es ihm große Freude bereite, Menschen bei der Erfüllung eines letzten Wunsches helfen zu können. „Es ist das zufriedene Lächeln der Gäste, was mich immer wieder motiviert“, sagt er. Nachdenklich fügt er hinzu, dass es auch den Blick auf das Leben verändere, denn schließlich trifft der Tod uns alle irgendwann. Ein Thema, das bis heute in unserer Leistungsgesellschaft tabuisiert wird. Nach den ersten Fahrten sprach er mit seiner guten Bekannten Sylke König über seine Erlebnisse. Zunächst war die ausgebildete medizinische Fachangestellte, die im Wormser Klinikum arbeitet, skeptisch, ob sie dies emotional verkraften würde. Nach einer Fahrt, bei der das Team ausnahmsweise durch eine dritte Kraft unterstützt wurde, änderte sie ihre Meinung. Seitdem war sie in den vergangenen Monaten elf Mal mit Olaf Deichelmann in ganz Deutschland unterwegs, der rüstige Senior Deichelmann absolvierte mittlerweile 28 Wünschewagen-Touren. Auf den Fahrten spielt das Thema Tod keine Rolle, schließlich möchte man den schwerstkranken Menschen ein tolles Erlebnis bereiten, das am Ende hilft, loslassen zu können. Für die ehrenamtlichen Helfer ist es dennoch wichtig, im Anschluss an die Fahrt die Reise zu reflektieren und gemeinsam zu reden. Fragt man Beide nach dem schönsten Erlebnis, kommen sie aus dem Erzählen gar nicht mehr raus. Es sind vor allem die vermeintlich kleinen Fahrten, die im positiven Sinne berühren und nachhaltig in Erinnerung bleiben. So erzählen sie von einer Frau aus Koblenz, die ein letztes Mal ihre Familie sehen wollte. Euphorisiert von der Aussicht, nochmal ein paar Stunden mit ihren Liebsten verbringen zu können, brauchte die schwerkranke Frau noch nicht einmal ihre Medikamente auf der Fahrt. Stunden später holten sie die junge Frau wieder ab, glücklich und zufrieden. In der folgenden Nacht verstarb sie schließlich. Dennoch wissen Sylke König und Olaf Deichelmann, dass sie der Frau helfen konnten, einen schönen Abschied zu finden. Am Ende unseres Gesprächs sagt Olaf Deichelmann: „Die Würde des Menschen ist unantastbar, steht im Grundgesetz, dies sollte auch für den Tod gelten“ und ergänzt: „Es ist mir immer wieder eine große Ehre, diese Fahrten machen zu dürfen.“

Weitere Informationen finden Sie unter: www.wuenschewagen.de

Das Spendenkonto:
Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V.
Volksbank Mittelhessen
IBAN: DE07 5139 0000 0060 8253 51
BIC: VBMHDE5FXXX
Stichwort: Wünschewagen

Olaf Deichelmann, Sylke König und Jan Metzler

beim großen Wünschewagentreffen in Berlin /

Foto: privat