Im Sommer 2015 entschied sich der Wormser Stadtrat einstimmig dafür, den Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Nibelungenstadt umzusetzen. Seitdem ist viel passiert. Barrierefreiheit ist vielerorts selbstverständlich geworden, auch im Wormser Rathaus. Eine behindertengerechte Toilette, die sucht man dort allerdings vergeblich.

Als Wolfgang Schall 2016 das Ehrenamt des Behindertenbeauftragten für die Stadt übernahm, fiel ihm dieser Umstand schnell auf. Eigentlich ist vorgesehen, dass der Behindertenbeirat seine Sitzungen im Rathaus abhält, doch das war gar nicht möglich. Für Wolfgang Schall durchaus noch ein Problem, das mit einem anderen Tagungsort gelöst werden konnte. Schall verwies allerdings auch darauf, dass durch die fehlende Toilette keine Rollstuhlfahrer eingestellt werden könnten bzw. für erhebliche Probleme sorgen würde. Für eine Stadt, die sich kurz zuvor dem inklusiven Gedanken verschrieben hatte, unhaltbar. In einem Schreiben am 30. September 2016 an Baudezernent Uwe Franz bat Schall um die Umsetzung einer entsprechenden Toilette, sowohl im Erdgeschoss als auch im Außenbereich. Letztere wurde zwischenzeitlich realisiert, die Toilette im Gebäude selbst jedoch nicht. Dabei sah zunächst alles ganz gut aus. Franz ließ prüfen und zeigte sich einem Umbau nicht abgeneigt. Im November kam er wiederum zu der Feststellung, dass eine Realisierung nur schwer umsetzbar wäre, da man nicht die notwendige DIN-Norm erfüllen könne. Im Februar 2017 dann eine erneute Wende. Der Gebäudebewirtschaftungsbetrieb (GBB) signalisierte, dass ein Umbau möglich sei, es lediglich durch räumliche Gegebenheiten zu kleineren Einschränkungen kommen könnte. Schall wandte sich an das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie und bat um eine Beurteilung der Situation und bekam die Bestätigung, dass die Einschränkung akzeptabel sei. Die Freude war groß, denn theoretisch konnte das Bauvorhaben nun starten. Doch nichts geschah. Weitere Nachfragen führten im Laufe der Jahre zu den üblichen Reaktionen des Vertröstens. Mal war es der Aufwand, mal waren es die vollen Terminkalender der GBB. Fast wäre die behindertengerechte Toilette der Vergessenheit anheimgefallen, hätte nicht der SPD Ortsverein Worms-Mitte dieses Manko entdeckt. Maria Unterschütz, Stadtratskandidatin SPD, und Uwe Gros, Stadtrat SPD, stellten im Innenstadtausschuss einen Antrag zur Schaffung einer entsprechenden Toilette. Als hätte es die Vorgeschichte niemals gegeben, beschied ihnen der Stadtchef persönlich, dass das Bauvorhaben aus unterschiedlichsten Gründen nicht durchführbar sei. Für Wolfgang Schall ein Skandal, der dies dementsprechend mit den Worten kommentierte: „Es fehlt an Wille und Verständnis für dieses Problem.“ In einem Pressegespräch anlässlich des ersten Wormser Inklusionsfestes äußerte sich auch Sozialdezernent Waldemar Herder kritisch: „Wir machen als Stadt Gastronomie und anderen Gewerbetreibenden diesbezüglich permanent Auflagen und gehen selbst nicht mit gutem Vorbild voran!“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Vielleicht erinnern sich alle Beteiligten mal daran, dass eine Gehbehinderung jeden treffen kann!