Ein Appell an die Wormser Politik

Die Situation ist dramatisch! Seit 2. November haben Gastronomie, Veranstalter und damit zusammenhängenden Branchen (z.B. Kinowelt Worms Medienpark-Vision.de) oder Tanzschulen (RALFs Tanzgalerie und Tanzcafé de facto ein Berufsverbot. Mitte Dezember folgte der Handel. Die Unternehmerhilfen ersetzen den Verlust kaum und die Hürden sind zudem hoch. Viele Geschäftsleute zehren mittlerweile von ihrem Ersparten. Viel ist wiederum seit dem Beginn des Lockdowns passiert. Nachdem die Zahlen in den vergangenen Monaten dramatisch anstiegen, scheint sich der Inzidenzwert aktuell in Worms zwischen 100 und 120 eingependelt zu haben. Im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern ein vergleichsweise niedriger Wert, aber zu hoch für Deutschland. Denn zwischenzeitlich hat die vom Bund und den Ländern verordnete Corona-Notbremse die Stadt fest im Würgergriff. Diese greift bei einem Inzidenzwert ab 100, also in Worms. Warum die Zahlen in Worms nicht unter die magische Grenze von 100 gehen, ist eine komplexe Frage. Hierfür Lösungen zu finden, ist Sache der Stadtverwaltung und soll auch nicht Thema unseres Appells sein. Vielmehr richtet sich dieser an die Politik, denn die Notbremse wirft Fragen auf.
Derzeit ist in Worms dem Einzelhandel das Terminshopping erlaubt, während andere Branchen weiterhin nicht öffnen dürfen. Das Terminshopping verhindert allerdings nicht die dramatische Entwicklung, insbesondere für inhabergeführte Geschäfte. Zu hoch sind für viele Kunden die Hürden. Der Weg ins Internet ist nun mal leichter. Kai Hornuf, Geschäftsführer Stadtmarketing e.V. und Wormser Vinothek sprach zuletzt mit Jan Metzler über die katastrophale Situation. Für viele Bürger und Bürgerinnen ist die Regel zudem kaum nachvollziehbar. Weshalb dürfen in „systemrelevante Geschäfte“ wie den Woolworth oder Drogeriemärkte ohne Tests die Massen hineinströmen, während ein kleines inhabergeführtes Geschäft wie die Puderdose (Margit Weiler Dürkes oder die Kunsthandlung Steuer (Matthias Steuer), die ohnehin auch im normalen Geschäftsleben keine Massenanstürme erleben, nur mit Termin sowie Test- oder Impfnachweis Kunden empfangen dürfen. Wäre die Zahl dauerhaft bei 98, dürften diese wiederum die Kunden ohne Termin begrüßen. Warum ist es nicht möglich, wie im vergangenen Jahr, Quadratmeterbegrenzungen zu erlassen, die Händlern mehr Luft zum Atmen lassen? Die Infektionsgefahr würde das wahrscheinlich nicht anheben, da die Kunden weiterhin ihre Nachweise vorzeigen müssten. Das gleiche gilt für die Gastronomie (z.B. Café Ohne Gleichen oder Fritzi’s Manufakturei). Die Logik der Notbremse war es, Kontakte zu vermeiden. Die Tests waren kaum vorhanden und die Zahl der Geimpften gering. Das hat sich mittlerweile in Worms geändert. Dementsprechend sterben glücklicherweise kaum noch Menschen in der Nibelungenstadt. Was spricht also dagegen, bei einem überschaubaren Infektionsgeschehen gegen Vorlage besagter Nachweise, Gäste/Kunden empfangen zu dürfen. Kurzum, es ist Zeit über Ausnahmeregelungen nachzudenken.
Von der lokalen Politik hört man derzeit wenig, das Mut machen könnte. Wäre es insofern nicht an der Zeit, dass der Stadtrat, Oberbürgermeister Adolf Kessel, Landtagsabgeordneter Jens Guth und der Bundestagsabgeordnete Jan Metzler sich aktiv an die politisch Verantwortlichen richten? Aktuell ist davon auszugehen, dass Worms, wenn überhaupt, nicht vor Mitte Juni unter die magische 100er Grenze kommen wird. Ist das nicht der Fall und es gibt weiterhin keine Ausnahmeregelungen, dürfte das große Geschäftesterben in einer Stadt, die ohnehin seit Jahren von vielerlei Problemen gebeutelt ist, unvermeidbar sein. Förderlich ist hierbei auch nicht, dass manche Bundespolitiker bereits laut darüber nachdenken, die Corona-Notbremse über den 30. Juni hinaus zu verlängern. Kurzum, es ist Zeit zu handeln.
Text und Foto: Dennis Dirigo