Szenische Lesung „Lieber Herr Käthe“

11. November | Magnuskirche in Worms:

Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau, die ihm den Rücken freihält und auch mal entscheidet, was jetzt zu tun ist. So auch bei Luther, dessen Ehefrau im bisherigen Wormser Luther-Jahr keine Rolle spielte. Die szenische Lesung „Lieber Herr Käthe“ holte dies nun nach.

Katharina von Bora stammt aus einer Familie des sächsischen Landadels und wurde 1499 geboren. Sie verkörperte all das, was nach damaligem Verständnis der Männer Frauen nicht sein sollten: eigenständig, selbstbewusst, klug, mutig und erfolgreich. Die regional bekannte Theaterpädagogin Kirsten Zeiser erweckte die selbstbewusste Frau bei einer szenischen Lesung in der Magnuskirche nun zum Leben. Pendelnd zwischen einem mädchenhaften Ton und selbstbewusster Frau, gekleidet in ein mittelalterliches Kleid, begeisterte Zeisers Spiel in der rund 75 Minuten dauernden Aufführung. Den Part Martin Luthers übernahm Dr. Achim Müller, Pfarrer für Stadtkirchenarbeit. Während Zeiser durch den Altarraum wirbelte und selbstverfasste Monologe sprach, verweilte Müller am Rednerpult und verlas mit sonorer Stimme Luthers authentische Post. Chronologisch angeordnet, begann die verlesene Korrespondenz 1524, also einige Jahre nach dem geschichtsträchtigen Auftritt in Worms. Zunächst stand allerdings gar nicht die Kommunikation mit seiner Frau im Mittelpunkt, sondern mit Georg Spalatin, jenem Theologen, der die Schein-Entführung auf die Wartburg organisierte. Kurz vor seiner Hochzeit mit Katharina von Bora stehend, schreibt er über Enthaltsamkeit in der Ehe, aber auch über das körperliche Verlangen: „Nicht dass ich mein Fleisch und mein Geschlecht spüre!“ Zeiser alias von Bora offenbarte wiederum: „Luther, er mochte mich nicht gleich leiden“. Aus der anfänglichen Distanz wurde schließlich eine respektvolle Beziehung, aus der sechs Kinder hervorgingen. Drei davon verstarben bereits im Kleinkindalter, was Luther zu für ihn unbekannte Gefühle führte: „Nie zuvor hätte ich geglaubt, dass die väterlichen Herzen bei ihren Kindern so weich werden können“. Noch kurz vor seinem eigenen Tod schreibt Luther an seine Frau, die er liebevoll auch Herr Käthe nannte: „Mir geht es gut. Fresse wie ein Römer und saufe wie ein Deutscher“. Am 18. Februar 1546 starb Luther schließlich in Eisleben. Katharina überlebte ihn um sechs Jahre und verstarb 1552 in Torgau.

Fazit: Unterhaltsam gestaltete Lesung, die sich dem Menschen und Ehemann Luther widmete und damit den streitbaren Reformer aus dem übermächtigen Schatten der Geschichte führte.