Als der Rheinland-Pfalz-Tag 1986 zum ersten Mal in Worms stattfand, glich das Fest mehr einem bescheidenen Stadtfest. Auf dem Obermarkt, der damals noch ein Parkplatz war, präsentierten sich auf einer schlichten Bühne Wormser Schulen, während in der Stadt verteilt Vereine, Institutionen oder eben die Stadt selbst sich vorstellten. Sicherheitsvorkehrungen, wie Fahrverbote in der Innenstadt, gab es zwar auch, aber längst nicht in dem Umfang wie 32 Jahre später.
Heute scheint alles anders zu sein. Seit zwei Jahren beschäftigen sich unterschiedlichste Gruppen mit der Vorbereitung dieses Wochenendes, das sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem veritablen Großevent entwickelt hat, das auch eine Stadt wie Worms an seine Grenzen bringt. Im Angesicht der Ausmaße und den damit verbundenen Auflagen und umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen ist es nicht verwunderlich, dass sich derzeit bei vielen Bürgern noch keine Feierlaune einstellen will. Zwar will Oberbürgermeister Michael Kissel beobachtet haben, dass die Wormser gleichermaßen elektrisiert wie fasziniert sind, spricht man jedoch mit den Menschen auf der Straße, zeigt sich aktuell eine gewisse Skepsis. Jetzt könnte man natürlich sagen, dass der typische Wormser sowieso gerne meckert und aus Prinzip erstmal alles schlecht findet, doch dann würde man es sich zu einfach machen.
Wie geht richtige Kommunikation?
Ein Umstand, der vielerorts kritisiert wird, ist hierbei die Kommunikation. Man kann nicht sagen, dass es keine Bemühungen gäbe, die Einwohner – insbesondere die Wormser in der Innenstadt – zu informieren. Das Problem ist allerdings, dass viele drängende Fragen auch bis zum Zeitpunkt dieses Artikels nicht beantwortet waren. Fast scheint es so, als würden zu viele Akteure hinter den Kulissen agieren. Ein pikantes Beispiel sind die Fragen der Gastronomen und der Einzelhändler. Bereits im Dezember des vergangenen Jahres lud die Stadt zu einem sehr kurzfristig terminierten Treffen ein, bei dem man über Besonderheiten für Gastronomen und Einzelhändler beim RLP-Tag 2018 informierte. Dort hieß es, dass während der Zeit des Rheinland-Pfalz-Tage Sondernutzungsgenehmigungen für Außenflächen – plus der Auf- und Abbauzeit – ausgesetzt werden, da momentan noch nicht final absehbar ist, welche Flächen beim Rheinland-Pfalz-Tag im Detail benötigt und welche Wege und Flächen aufgrund des Sicherheitskonzepts freigehalten werden müssen. Weiterhin versprach man, dass das Projektteam plant, die konkrete Flächenplanung bis Ende Februar 2018 abzuschließen. Auch wurde angekündigt, dass man sich dann ab 1. März melden könne und man zusammen prüfe, ob zum Beispiel eine Außenbestuhlung doch möglich ist und unter welchen Rahmenbedingungen. Gerade die Sommermonate sind für die Gastronomen die umsatzstärksten. Insofern ist nachvollziehbar, dass die Wormser Unternehmer mit Sorgen dem Landesfest entgegenblicken. Nachvollziehbar ist natürlich auch, dass bei einem Rheinland-Pfalz-Tag Außenflächen für unterschiedlichste Belange benötigt werden. So soll am Parmaplatz eine Infomeile entstehen. Eine offizielle Bestätigung gab es bislang nicht. Im Programmheft ist hierzu ebenso nichts zu finden. Auch die von KVG-Mitarbeiterin Lea Bork genannte Frist konnte nicht eingehalten werden. Auf Nachfrage unseres Magazins hieß es immer wieder, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen seien. Letztlich der perfekte Nährboden für Gerüchte.
Erste Gerüchte bahnen sich ihren Weg
Die ließen auch nicht lange auf sich warten. Schnell verbreitete sich unter Gastronomen in der Stadt die Nachricht, dass man jetzt sogar noch extra Gebühren zahlen solle, wenn man eine Außenbestuhlung hat. Auf Nachfrage, ob man hierzu etwas Schriftliches vorlegen könne, wurde dies verneint. Gefragt nach dem Ursprung der Information hieß es: „Das habe ich so gehört!“. Pressesprecherin Iris Kühn erklärte hierzu: „Eine Gebührenerhöhung gibt die Satzung nicht her und ist damit rechtswidrig, also dem entsprechend nicht vorgesehen.“ Kaum war dieses Missverständnis geklärt, folgte das nächste. Wie ein Lauffeuer, zusätzlich angefacht durch die Berichterstattung in der Wormser Zeitung, verbreitete sich die Aussage, dass es bereits amtlich sei, dass die Gastronomen komplett auf ihre Außenbestuhlung verzichten müssten. Allen voran Pietro Vannini und das Café Adami. Auch hier stellte sich heraus, dass es noch keine abschließenden Planungen gebe. Im Gespräch mit WO! erklärte Pressesprecherin Iris Kühn, dass man sich natürlich bemühe, die Interessen der Gastronomen und Einzelhändler in die Planungen mit einzubeziehen. Ganz im Gegenteil zu den Aussagen der Gastronomen hätte man auch versucht, Brücken zu den einzelnen Bühnenbetreibern zu schlagen, um Synergieeffekte zu schaffen. Wo viele Menschen an einem Projekt zusammenarbeiten, kann es allerdings immer wieder zu Missverständnissen und fehlgeleiteter Kommunikation kommen. Anders ist nicht zu erklären, dass uns nahezu parallel zu diesem Gespräch die Nachricht eines Gastronomen erreichte, dass er zwischenzeitlich Besuch von drei mehr oder weniger freundlichen Mitarbeitern des Ordnungsamtes erhalten hätte, die ihm mitteilten, dass er ab 21. Mai die komplette Bestuhlung abräumen müsse. Die KVG verneinte wiederum diese Aussage und betonte, dass die Informationen hierzu schriftlich erfolgen und nicht mündlich über das Ordnungsamt. Das wussten offenbar die eifrigen Mitarbeiter nicht. Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass letztlich ein gemeinsamer Weg gefunden wird, von dem alle profitieren. Die Sicherheitsauflagen sind enorm und benötigen ebenso Platz wie die genannten Infostände. Die Gastronomen sind jedoch die Seele der Innenstadt und die muss, wie wir wissen, stets gepflegt werden. Eine gut abgestimmte Kommunikation wäre der Stimmung in der Innenstadt sicherlich zuträglich gewesen und hätte womöglich viel Unmut verhindert.
Ein Fest kostet Geld. Aber wie viel?
Im Mai 2017 fragte Oberbürgermeisterkandidat und Stadtratsmitglied Richard Grünewald (Die Grünen) im Stadtrat, was der Rheinland-Pfalz-Tag kosten wird bzw. kosten darf. Eine zufriedenstellende Antwort hat er hierauf nicht erhalten. Stattdessen wich OB Kissel aus und erklärte, dass man den Tag nicht alleine unter diesem Aspekt sehen dürfe. Muss man aber! Sicherlich ist das Landesfest eine Chance, sich einem breiteren Publikum zu zeigen. Ein Argument, was übrigens auch bei allen anderen städtischen Veranstaltungen immer wieder genannt wird. Im Umkehrschluss heißt das also, dass all die Millionen, die in den letzten Jahren für die anderen Events ausgegeben wurden, bisher nicht ausreichten, das touristische Profil der Stadt nachhaltig zu schärfen. Dass Worms massiv im Soll ist, ist nicht neu. Insofern muss man sich tatsächlich die Frage stellen, ob man eine Luxusfete feiern kann, wenn der Gerichtsvollzieher um die Ecke wartet. Alzey, das zwei Jahre zuvor das Fest ausrichtete, zahlte letztlich 228.000 Euro aus der Stadtkasse. Obwohl das Fest dort gerademal vor zwei Jahren stattfand, ist davon auszugehen, dass die Endabrechnung für Worms deutlich höher ausfallen wird. Ein Kostentreiber sind hierbei die Sicherheitsmaßnahmen, die, wie man aus Organisationskreisen hört, immer wieder nachjustiert werden müssen. Das heißt dann konkret: es wird noch teurer. Derzeit spricht man hinter verschlossener Tür von Summen um die 500.000 Euro und vielleicht noch mehr. Man kann verstehen, dass der amtierende Oberbürgermeister in einem Wahljahr – bis zum finalen Kassensturz – nicht über die ausufernden Kosten sprechen will, zumal er offenbar weiterhin mit dem Land im Gespräch ist, um zu klären, welchen Kostenanteil sie übernehmen. Aber hier ist klar zu sagen: Rheinland-Pfalz selbst hat ebenfalls enorme Schulden. In Anbetracht der kostenintensiven Sicherheitsmaßnahmen im Jahr 2018 muss man wohl oder übel darüber nachdenken, wie lange man diese Entwicklung überhaupt noch mittragen kann. In den vergangenen Jahren wurden bundesweit aufgrund dieses Umstandes bereits etliche Feste abgesagt (wir berichteten). Genauso sorgen die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen in der Bevölkerung für sehr viel Skepsis, Befürchtungen und auch Unmut. Hierzu muss man allerdings sagen, dass die Organisatoren in einer Einwohnerversammlung umfassend darüber informiert hatten. Man kann sicherlich über Sinn oder Unsinn der Maßnahmen diskutieren, aber man kann Stadt, Land und KVG nicht nachsagen, bezüglich der Sicherheit nicht transparent genug gearbeitet zu haben. Leider fanden aber nicht allzu viele Wormser den Weg ins Wormser Kultur- und Tagungszentrum zu diesen interessanten Informationsveranstaltungen.