Es ist wahrlich keine leichte Aufgabe, den Haushalt einer Stadt zu erstellen. Jedes Jahr wiederholt sich das Spiel. Aus den Einnahmen der Stadt, die sich aus dem Geldbeutel der Bürger/innen speisen, müssen Stadtrat und Bereichsleiter/innen plus Oberbürgermeister einen Haushalt gestalten, der die Bürger, gleichermaßen wie die Beamten in Mainz, zufriedenstellt. Das gelingt in Worms nur eingeschränkt. Auch in diesem Monat beschäftigen wir uns mit der Kritik des Landesrechnungshofs an der städtischen Haushaltsplanung und sprachen darüber mit Oberbürgermeister Adolf Kessel.

Geprüft wurden die Haushalte von 2015 bis 2021. Insgesamt 4,8 Millionen Euro an jährlichem Sparpotential erkannten die Prüfer/innen und unterstellten Kommunalpolitik und Verwaltung zu wenige Bemühungen, dieses zu nutzen. „Der Stadtrat hat seine gesetzliche Pflicht, nur ausgeglichene Haushaltsplanungen zu beschließen, bis heute nicht erfüllt“, heißt es dementsprechend im Bericht. Im Stadtrat sieht man das freilich anders. In der jährlichen Haushaltsdebatte ist insbesondere von Seiten der SPD und der CDU, die die Mehrheit im Rat stellen, zu hören, dass die geplanten Ausgaben alternativlos seien. Ohnehin rühre die Verschuldung nur von der Unterfinanzierung im Zusammenhang mit Pflichtaufgaben, aufgetragen von Bund und Land. Ein Argument, dass der Rechnungshof nicht gelten lässt und rechnet auf 200 Seiten vor, wo es auch bei den Pflichtausgaben Möglichkeiten zum Sparen gibt (siehe auch WO! März/22).

OBERBÜRGERMEISTER KESSEL UND DER RECHNUNGSHOF

Oberbürgermeister ADOLF KESSEL betont im Gespräch mit WO!, dass sowohl Verwaltung als auch er selbst den Prüfbericht sehr ernst nehmen und er diesen von der ersten bis zur letzten Seite selbstverständlich studiert hätte. Genehmigt wird der Haushalt zwar von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), aber auch die muss sich bei der dauerhaften Genehmigung eines defizitären Haushalts Kritik von den Landesprüfern anhören. Kessel ist dementsprechend über die Hinweise dankbar und räumt ein, dass man den einen oder anderen Punkt beim kommenden Haushalt 2023 berücksichtigen werde. Vieles, insbesondere im Stellenplan, sei jedoch von der Politik so entschieden worden und sei deshalb kein Gegenstand der kommenden Haushaltsdebatte in Verbindung mit dem Prüfbericht. Ein Problem sieht der Oberbürgermeister in der Haushaltsplanung, dass die Verwaltung erst recht spät erfahre, wie hoch der kommunale Finanzausgleich des Landes ausfällt. Das mache eine seriöse Planung schwierig, da man diese Zahl erst zum 1. Januar 2023 mitgeteilt bekomme. „Wir müssen Annahmen treffen, ohne zu wissen, ob diese so kommen“, erklärt hierzu Kessel.

VIEL GELD FÜR SICHERHEIT UND ORDNUNG

Der dickste Brocken des städtischen Haushaltes sind die Personalausgaben. 1.179 Menschen beschäftigte die Stadt Worms 2021. Tendenz steigend. Der dickste Brocken entfällt dabei auf die zusätzlichen Erzieher/innen Stellen, die aufgrund des neuen Kita-Zukunft-Gesetzes geschaffen werden müssen. Während diese Stellenmehrung unumgänglich ist, übt der Rechnungshof indes Kritik an dem Vorhaben der Stadt, einen 24/7 Ordnungsdienst einzurichten. Aktuell ist dieser bis 22 Uhr erreichbar und mit 17 Stellen besetzt, sonntags ist er zumeist nicht besetzt. Geboren wurde die Idee im Fahrwasser des Oberbürgermeisterwahlkampfs 2018, als Bürger vermehrt darüber klagten, sich in der Stadt unsicher zu fühlen. Die Kommunalpolitik nahm den Ball auf, der schließlich sogar Einzug in den „Worms Plan“ der beiden größten Fraktionen CDU und SPD fand. Ein Unterfangen, das prinzipiell löblich ist, aber schon damals die Frage nach der Finanzierbarkeit aufwarf. Eine Frage, die auch den Rechnungshof beschäftigte. Der Rechnungshof rechnet vor, dass in den vergangenen Jahren 16 zusätzliche Stellen für dieses Ziel geschaffen wurden und fünf weitere in diesem Jahr. Dabei bemängeln die Prüfer, dass bis heute kein Konzept zu dem geplanten 24 Stunden Dienst vorliegt.

Besonderes Augenmerk liegt natürlich bei den Kosten. „Die damit verbundenen Personalkosten belaufen sich im Fall der Stellenbesetzung auf überschlägig 1,2 Mio. € jährlich“, schreiben die Prüfer und kritisieren deutlich den Plan: „Weder für den ruhenden Verkehr noch für den Vollzugsdienst gab es nachvollziehbare und dokumentierte Grundlagen, aus denen die Notwendigkeit der vom Stadtrat beschlossenen deutlichen zeitlichen Ausweitung der Überwachungs- und Kontrollzeiten hervorging.“ Eine Beobachtung, die sich mit denen der Polizei deckt. Die betonte in den vergangenen Jahren immer wieder, dass es aus ihrer Sicht kein erhöhtes Bedrohungspotential gäbe. Auch die Argumentation, dass der Ordnungsdienst auch für den ruhenden Verkehr zuständig sei, lassen die Prüfer nicht gelten und erklären, dass keine einzige kreisfreie Stadt in Rheinland-Pfalz sich diesen Luxus erlaube. Zumal die Prüfer in Worms zudem zur Feststellung kamen, dass sich mit der Ausweitung der Stellen zugleich die Einnahmen nahezu halbierten. Die Stadt wiederum verweist darauf, dass seit 2019 die Quote abgeschleppter Autos um 95 Prozent gestiegen sei. Das ist allerdings nicht verwunderlich, da die Stadt in den Vorjahren in den seltensten Fällen abschleppen ließ und erst in der jüngeren Vergangenheit damit begann.

POLITISCHER WILLE, ABER FINANZIELLE UNVERNUNFT?

Wir wollen vom Oberbürgermeister wissen, ob die Kritik der Prüfer Auswirkungen habe auf die zukünftige Entwicklung des Kontroll- und Vollzugsdienstes. Der Oberbürgermeister betont wiederum erneut den politischen Willen, der entschied, diesen Dienst einzurichten. Als ehemaliger Polizist verweist Kessel darauf, dass im Laufe der vergangenen Jahre zunehmend Tätigkeiten von der Polizei auf den städtischen Bereich Sicherheit und Ordnung übertragen wurden. Dazu gehören zum Beispiel die Geschwindigkeitskontrolle und der Umgang mit Ruhestörung. Zu dem letzten Punkt erklärt Kessel: „Ruhestörungen haben es nun mal an sich, dass sie zumeist nicht nachmittags, sondern beispielsweise nachts um 2 Uhr statt- finden. Da allerdings auch die Polizei unterbesetzt ist, kommt es oftmals zu keiner Lösung des Problems.“ Was die finanziellen Auswirkungen betrifft, so verweist der Oberbürgermeister darauf, dass viele Stellen gar nicht besetzt seien. Ohnehin sei es fraglich, ob ein umfänglicher Ordnungsdienst in den nächsten Jahren umgesetzt werden könne. Selbst wenn man alle Stellen besetzen würde, so Kessel, wäre man aufgrund der vielfältigen Aufgabenstellungen immer noch sehr weit von dem 24/7 Dienst entfernt. Das entkräftet dennoch nicht die Kritik der Prüfer. Schließlich verweisen die darauf, dass man in anderen Städten mit deutlich mehr Problemen diesen Weg nicht gehe. Für den ehemaligen Kriminalbeamten Kessel lässt dieser Umstand eher die Vermutung zu, dass womöglich die anderen Städte einfach zu schlecht besetzt seien und das Wormser Modell vielleicht auch dort angebracht sei. Die sinkenden Einnahmen trotz mehr Personal, erklärt das wiederum nicht.

STADT VERZICHTET AUCH ZUKÜNFTIG AUF GEWINNAUSSCHÜTTUNG

Die Kritik des Rechnungshofs scheint in vielen Fällen berechtigt und in manchen überzogen. Der Versuch, permanent auf die Unterfinanzierung zu verweisen, greift nicht, da der Bericht, unabhängig von zusätzlichen Aufgaben, die von Bund und Ländern verordnet werden, konkret auf Möglichkeiten des Sparens oder des Einnehmens verweist. Sicherlich ist nicht alles umsetzbar und manches dürfte für die Bürger unpopulär, wenn nicht sogar eine zusätzliche Zumutung für den Geldbeutel sein. Wenig erfreulich ist auch der Hinweis der Prüfer, dass die Stadt nach wie vor an der Grundsteuerschraube drehen müsste. Adolf Kessel erklärt dazu, dass grundsätzlich eine Erhöhung der Grundsteuer auf 1000 Punkte verfassungskonform sei (tatsächlich sind es sogar 1050 Punkte, Anm. der Red.). Nach der zweiten Erhöhung in drei Jahren liegt in Worms die Grundsteuer B bei 550 Punkten. Um wiederum einen ausgeglichenen Haushalt unter derzeitigen Einnahmen- und Ausgabenbedingungen zu erreichen, sei laut Kessel eine Erhöhung auf 959 Punkte notwendig. Das sei zwar nicht geplant, eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B möchte er indes nicht ausschließen. Was er wiederum ausschließt, ist die Gewinnausschüttung der Wormser Sparkasse. Im letzten Heft berichteten wir darüber, dass die Stadt seit vielen Jahren auf die Gewinnausschüttung der Sparkasse Worms-Alzey-Ried verzichtete. Das soll auch nach der Fusion mit der Mainzer Sparkasse zur Rheinhessen Sparkasse so bleiben. Kessel begründet diese Entscheidung damit, dass sich das Geld schließlich in Form von Spenden und Sponsoring direkt auf die Bürger auswirken würde. Konkret heißt das, dass im vergangenen Jahr die Sparkasse 260.000 Euro für Spenden ausgab, 60.000 Euro für Sponsoring, 77.000 Euro für Gewinnsparen und schließlich noch 36.000 Euro, die für die Sparkassenstiftung aufgewendet wurden. Für Kessel ein gutes Geschäft, zumal bei einer Ausschüttung dieses Geld versteuert werden müsste und man damit auf diesem Weg deutlich mehr Gutes verrichten könne. Dennoch bleibt ein Beigeschmack bei der Entscheidung der Stadt, auf die Gewinnausschüttung von jährlich rund 450.000 Euro zu verzichten. Auftrieb bekommt dieser Verzicht zudem durch die üppige Erhöhung der Vorstandsgehälter bei einer gleichzeitigen Anhebung der Gebühren oder dem Abbau von Geldautomaten, wie zuletzt in Worms-Abenheim.

Text: Dennis Dirigo

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