Dass die Entscheidung unglücklich war, die seit sechs Jahren in den Wintermonaten äußerst beliebte Eisbahn vom Marktplatz auf den Festplatz verlegen zu wollen – darüber waren sich im Nachhinein Betreiber, Sponsoren und Politiker quer durch (fast) alle Parteien einig. Nach der kurzfristigen Absage von Eisbahn- Betreiber Forlani ist das Dezernat Kosubek nun gefordert, für 2015 eine bessere Lösung als für dieses Jahr zu präsentieren.

Wo sich heute jede Menge Freizeitsportler beim Fitnessstudio Injoy in Form bringen, gab es vor vielen Jahren einmal eine Eishalle in Worms. Da sich der Betrieb einer Eisbahn übers ganze Jahr verteilt nicht trug, schloss man schon nach wenigen Jahren wieder die Pforten. Danach schimmelte das Gebäude jahrelang vor sich hin, ehe das immer mehr zerfallene Haus einem Neubau weichen musste: dem Black & White (heute Injoy). Dass hier trotzdem Bedarf für Freizeitschlittschuhsportler gegeben ist, haben die letzten sechs Jahre gezeigt. Denn so lange durfte man sich in Worms über eine Attraktion freuen, deren Betrieb sich allem Anschein nach saisonweise, vornehmlich im Winter, rentiert. Die Eisbahn auf dem Marktplatz lockte jede Menge Besucher an. Gerne genutzt wurde die Möglichkeit, die Kinder für 1 – 2 Stunden dem Eisbahn-Vergnügen zu überlassen, während die Eltern in Ruhe ihre Weihnachtseinkäufe getätigt haben. Ideal in einer selbst ernannten Einkaufsstadt. Dazu ein paar Stände, wo sich die wartenden Eltern der überwiegend jüngeren Besucher bei einem Glühwein und etwas Essbarem aufwärmen konnten. Das Konzept schien zu stimmen. Bis ein altes Problem wieder auftauchte. Da die Decke der Tiefgarage unter dem Ludwigsplatz nicht mehr tragfähig ist, beschloss die Verwaltung, den Wochenmarkt wieder dort stattfinden zu lassen, wo er vom Namen her eigentlich auch hingehört: auf den Marktplatz. Von daher musste ein neuer Standort für die Eisbahn gefunden werden, nachdem man die ursprüngliche Lösung, auf dem Marktplatz ein bisschen zusammenzurücken, wieder verwerfen musste, hätte es doch dazu einer Verkürzung der Eisbahn bedurft und es wären zusätzliche Kosten entstanden.

An der Jugend vorbei entschieden

Und so entschied sich die Verwaltung schließlich für den neuen Standort „Festplatz“ und teilte gleichzeitig mit, dass dieser einvernehmlich vom Ältestenrat der Stadt Worms zur Kenntnis genommen worden sei. Vielleicht hätte man hierbei eher das Jugendparlament nach seiner Meinung fragen sollen, dann wären schon früher absolut naheliegende Bedenken aufgetaucht. Stattdessen hat man sich den grundsätzlich nicht schlechten Standort Festplatz schöngeredet, er sei fußläufig nur zehn Minuten von der Innenstadt entfernt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar und biete ausreichend Parkplätze. Bei dem erst kürzlich dort stattgefundenen Oktoberfest hat genau diese Mischung bestens funktioniert. Jede Menge Parkplätze vor der Tür für ein Publikum im mittleren Alter – das ergab durchaus Sinn. Nicht wenige nahmen nach 2 – 3 Maß gerne das Angebot in Kauf, ihr Auto stehen zu lassen und mit einem Taxi den Nachhauseweg anzutreten. Bei einer Eisbahn ist das Zielpublikum aber entscheidend jünger. Und da lautet die entscheidende Frage: „Welches Kind darf im Dunkeln alleine runter an den Festplatz?“ Egal, ob zu Fuß oder mit dem Bus. Bevor die Besucher jedoch selbst entscheiden konnten, ob sie den neuen Standort annehmen, zog Patric Forlani selbst die Reißleine. Wie der langjährige Eisbahn-Betreiber gegenüber der Wormser Zeitung erklärte, war seine Absage in erster Linie damit begründet, dass er nur drei statt wie sonst 9 – 10 Sponsoren für Bandenwerbung gewinnen konnte. Die meisten hätten ihren Ausstieg – wen wundert’s? – mit dem schlechteren Standort begründet. Als dann auch noch mit dem EWR ein Großsponsor absprang, blieb Forlani in Anbetracht sechsstelliger Fixkosten nichts anderes übrig, als das ganze Projekt abzusagen. Der Standort Festplatz, in direkter Rheinnähe, mag im Sommer interessanter sein. Im Winter, wenn es früher dunkel wird, zieht es die Leute in der Weihnachtszeit eher in die Innenstadt als in Flussnähe.

Die politische Seite der Medaille

Zwar wollte man die Winterlandschaft am Festplatz mit einem Weihnachtszirkus und dem obligatorischen Weihnachtsbaumverkauf aufpäppeln, aber das würde nichts daran ändern, dass der neue Standort kontraproduktiv wäre. Denn in diesem Punkt hat SPD-Parteichef Jens Guth recht, wenn er bemängelt, dass eine Eisbahn auf dem Festplatz bestimmt nicht die Attraktivität der Innenstadt steigern würde. Das Konzept „Eltern beim Shopping und auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt, Kinder fahren außerhalb auf dem Festplatz auf der Eisbahn“ war tatsächlich etwas „weltfremd“. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Jürgen Neureuther brachte den Weckerlingplatz als Ausweichstandort ins Spiel, Mathias Englert (FWG Bürgerforum) schlug vor, den Wochenmarkt auf den Neumarkt auszulagern – quasi in knapp 50 Metern Reichweite zum jetzigen Standort. Beides klingt in jedem Fall besser als die jetzige Lösung „Festplatz“. Gleichzeitig steht der Vorwurf von Neureuther gegenüber der Verwaltung im Raum, die Alternativen nicht gründlich genug getestet zu haben. Und wieder ist es das Dezernat von Bürgermeister Kosubek (CDU), dem man Schlampigkeit vorwirft, weil dessen neues Konzept offensichtlich eine unausgegorene Sache war.

Mögliche Alternativen

Aber wo könnte die Eisbahn denn hin, wenn der Marktplatz definitiv wegfallen würde? Schlossplatz und Platz der Partnerschaft liegen zentral, scheitern aber mit Sicherheit am Widerstand der ohnehin Nibelungenund Jazz & Joy geplagten Anwohner. Der Albert-Schulte-Park ist verkehrstechnisch gut angebunden, aber dank seiner Drogenvergangenheit (noch) zu negativ behaftet. Blieben noch die Alternativen „Zusammenrücken auf dem Marktplatz“ oder „Auslagerung des Wochenmarktes auf den Parkplatz vor Totto Lotto Neef“. Auch die von Neureuther in diesem Zusammenhang vorgeschlagene Teilsperrung der Hagenstraße für einen Samstagmorgen würde den Verkehr bestimmt nicht zusammenbrechen lassen. Womöglich wäre auch der wunderschön gestaltete, aber doch oft ziemlich leer wirkende Bahnhofsvorplatz des Rätsels Lösung. Der punktet mit einer perfekten Verkehrsanbindung, negativ wäre die Verbindung zur Innenstadt, da der schönere Teil der Fußgängerzone erst ab Höhe Lutherdenkmal beginnt. Dann hätte man immer noch die Option, den Wochenmarkt auf dem Bahnhofsvorplatz abzuhalten, während die Eisbahn zurück auf den Marktplatz könnte. Jetzt sind Kosubek & Co. für ihre Kreativität gefragt, einen geeigneten Standort in der Innenstadt zu finden, der Eisbahn mit Einkaufsvergnügen und Weihnachtsmarkt verbindet. Wenn dann alle Komponenten für 2015 stimmen, kann zudem Jens Guth, der als großer Verfechter der Eisbahn gilt, bei seinem Partei- und Stadtratskollegen Stephan Wilhelm (u.a. Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Worms) ein gutes Wort für die Eisbahn einlegen. Schließlich ist der bei dem regionalen Energieriesen EWR Marketingleiter. Dann klappt‘s im nächsten Jahr auch wieder mit einem Großsponsor.