Als Paul Wade und Helen Pickels den Zug an jenem Winterabend in Worms verließen, taten sie dies mit dem Wissen, in der ältesten Stadt Deutschlands zu sein. Während leise rieselnde Schneeflocken das reisefreudige Paar umtanzten, schlenderten sie entspannt durch die Fußgängerzone, entlang an weihnachtlich dekorierten Schaufenstern, passierten den Eingang zum Weihnachtsmarkt und ließen sich erstmal einen Glühwein an einer der gemütlichen Glühweinbuden schmecken.

Euphorisiert vom Geschmack aus Rotwein, Nelke und Zimt hielten sie sich kurz am Lutherplatz auf. Sie ließen sich vom größten Reformationsdenkmal der Welt beeindrucken, ehe sie beschlossen, zu schauen, ob es eine Möglichkeit gäbe, an diesem romantischen, vorweihnachtlichen Abend ausgelassen eine gute Zeit auf einer Eisbahn zu verbringen. Am Markplatz, im Schatten der Dreifaltigkeitskirche und des Doms, wurden sie schließlich fündig. Als sie sich wieder auf der Rückreise befanden, wussten sie, dass sie einen der 16 schönsten Weihnachtsmärkte Europas erlebt hatten. Ganz dieser Erinnerung verpflichtet schrieben sie für ihren Arbeitgeber, die Zeitung „The Telegraph“, 2015 einen Artikel, der rund ein Jahr später in der Nibelungenstadt für viel Aufregung sorgte. Der Weihnachtsmarkt war zwar immer noch da, aber von einer Eisbahn war seitdem keine Spur mehr zu sehen. Es ist nicht so, dass es keine Bemühungen gab, doch die Probleme, die sich seither auftun, scheinen unlösbar zu sein. Bereits vor zwei Jahren wollte ein Betreiber eine Bahn zwischen Parma Platz und dem 119er Denkmal aufbauen. Zu Beginn stieß die Idee auf viel Gegenliebe, doch nach und nach türmten sich die Auflagen, sodass die Liebe des potentiellen Betreibers schnell wieder erlosch.

Groß war insofern die Freude, als sich nach langem Suchen endlich eine Firma fand, die nach Worms kommen wollte. Die junge Eventfirma „nsp sports & experience GmbH“ aus Mosbach hatte auch schon einen favorisierten Platz, nämlich den vor dem Lutherdenkmal. Kaum war dies ausgesprochen, sorgte dieser Umstand für erste Diskussionen. Volker Fey, Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche, verwies darauf, dass es im Umfeld der Eisbahn am Marktplatz immer wieder zu Sachschäden und Verunreinigungen kam. Befürworter der Bahn witterten bereits eine religiöse Verschwörung und ließen sich besonders lautstark bei Facebook aus. Doch auch der Oberbürgermeister und sein Baudezernent hegten Zweifel daran, ob dies der richtige Platz sei. Zu teuer sei schließlich die Sanierung des selbigen gewesen. Nach einigen Debatten gab schließlich der Haupt- und Finanzausschuss der Verwaltung grünes Licht, mit dem vorgesehenen Betreiber die notwendigen Bedingungen auszuhandeln. Erstaunlicherweise ließ sich die Firma, die ein Jahr zuvor in Miltenberg am Main eine Kunsteisbahn betrieb und dort für viel Diskussionsstoff sorgte, auf alle Vorgaben ein. Kein größeres Gastroangebot, kein Problem. Beim Aufbauen keine Nutzung von schwerem Gerät, kein Problem. Eine zusätzliche Versicherung und eine extra Bürgschaft, kein Problem. Vielleicht lag die Bereitwilligkeit, mit der man alles hinnahm, in der Hoffnung begründet, mit dieser Aktion in Worms doch noch einen kleinen unternehmerischen Erfolg erzielen zu können, um im Geschäft zu bleiben. Wahrscheinlich wusste Unternehmer Thomas Kohlhepp zu diesem Zeitpunkt bereits, dass es seiner Firma nicht besonders gut ging. Mitte Oktober stellte Kohlhepp am Amtsgericht Mosbach schließlich einen Insolvenzantrag und somit zerschlugen sich erneut die Pläne, die Nibelungen Weihnacht mit einer Eisbahn zu bereichern. Vielleicht sollte sich die Verwaltung einmal selbst die Frage stellen, warum es so schwer ist, Betreiber nach Worms zu locken. Die Antwort ist nicht besonders schwer zu finden.