01. Februar 2024 | Das Wormser Theater: Stets auf der Suche nach neuen Stoffen für die Bühne, macht die gefräßige Theatermaschine vor kaum einem erfolgreichen Film oder Roman Halt. Dabei stellt sich die Frage, was eigentlich der Mehrwert eines solchen Unterfangens ist?
Was bleibt, wenn ein Buch nicht von der Geschichte alleine, sondern von seiner feinen Ironie im Hintergrund und der Atmosphäre im Vordergrund lebt? „Der Richter und sein Henker“ von Friedrich Dürrenmatt ist so ein Beispiel. Die Geschichte ist formelhaft und geprägt von zahlreichen Zufällen. Dürrenmatt war sich seiner abenteuerlichen Prämisse rund um die Wette über das perfekte Verbrechen bewusst, denn, wie so oft in seinen Kriminalgeschichten, interessierte ihn weniger der Fall an sich, sondern die Auseinandersetzung mit den Charakteren. In der Überarbeitung für die Bühne blieb jedoch im Kern ausgerechnet diese Krimistory stets im Vordergrund. Zwar bemühte sich Regisseur Mathias Schönsee, durch visuelle und auditive Spielereien Tiefe zu vermitteln, doch das vermochte nicht von der eigentlich formelhaften Geschichte abzulenken. Das Bühnenbildgimmick, in der Bühnenmitte eine Art grotesken Totempfahl zu errichten, der inhaltlich einen gefährlichen Hund repräsentierte und symbolhaft für die Bestie Mensch stand, wirkte in diesem Kontext ein wenig zu gewollt. Sich dessen bewusst, dass Dürrenmatts Erzählungen eben von dessen atmosphärischen Beschreibungen zehren, bemühte man zusätzlich eine der Darstellerinnen als Rezitatorin von Dürrenmatts Worten. Seltsam zeigte sich überdies die schauspielerische
Interpretation des todkranken ermittelnden Kommissars Bärlachs. Dieser Kommissar wirkte erstaunlich energisch, wodurch sein gelegentlicher Griff an den Bauch eher einer Behauptung glich.
Fazit: Wer auf der Suche nach einer gepflegten, aber nicht unbedingt mutigen Bühnenadaption eines Klassikers war, konnte an diesem Abend zwei unterhaltsame Stunden verbringen. Wer allerdings hoffte, eine eigenständige Version zu erleben, wurde enttäuscht.
Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf