Im Oktober hatte man sich im Bauausschuss darauf geeinigt, dass die Fraktionen intern Empfehlungen an die Stadtverwaltung geben, welche Szenarien sie präferieren. In dem Konzept wurden sechs Modelle (einschließlich Untergruppierungen elf Varianten) und deren finanzielle Auswirkungen auf den Verkehrsmix entwickelt. Je nachdem, welches Szenario genutzt wird, verschiebt sich dementsprechend der Anteil Auto, Rad, Fußgänger und öffentlicher Nahverkehr. Einig sind die Fraktionen darüber, dass der Radverkehr in Worms ausgebaut werden muss, wenn möglich auf 25 Prozent (nicht, wie in unserer letzten Ausgabe fälschlicherweise geschrieben, 30 Prozent). Über den Weg dahin und was dies kosten darf, darüber herrscht noch keine Einigkeit. Klar ist, dass das Modell mit 25 Prozent mit maximalen Kosten von 120 Millionen Euro für die Stadt nicht finanzierbar ist, zumindest nicht ohne Fördergelder. Ein besonders umstrittenes Thema ist zudem die Frage, wie der Innenstadtverkehr gestaltet werden soll. Ein Punkt, der bei vielen Bürgern Ängste schürt, zumal das Konzept von einer autofreien Innenstadt spricht. Dass man das nicht möchte, darüber sind sich Verbände und Fraktionen weitestgehend einig, weswegen man vornehmlich von einer verkehrsberuhigten Innenstadt spricht.

EIN KONGRESS FÜR DIE ÖFFENTLICHKEIT
Um die Meinung des Bürgers in ihren Vorschlag mit einfließen zu lassen, veranstaltete die Wormser CDU unlängst einen Mobilitätskongress, der auf reges Interesse stieß. Bei der Veranstaltung wurden den Gästen vier Themengruppen präsentiert, zu denen man seine Gedanken schriftlich äußern konnte. Die Themenfelder waren Fahrradfahren/Fahrradnetz, Sicher zur Schule, ÖPNV sowie Mobilität Innenstadt. Für Diskussionsbedarf sorgte die provokant formulierte Aussage von Michael Kundel (Vizepräsident IHK Worms), dass es in Worms kein ständiges Verkehrsproblem gebe. Natürlich hat er Recht, wenn man den Verkehr auf den reinen Anteil von Stausituationen reduziert, denn die finden sich tatsächlich maximal in den Stoßzeiten am Morgen und am frühen Abend. Bezieht man die Parksituation, egal ob Zuparken von Geh- und Radwegen, sowie die Parkmöglichkeiten von Anwohnern mit ein, oder zunehmende Lärm- und Umweltemissionen, dann sieht die Verkehrsbelastung schon wieder anders aus. In Fragen des Fahrradverkehrs zeigte sich bei Vielen der Wunsch nach einem durchgehenden Netz und der Unmut über zugeparkte Radwege. Angeregt wurde auch die Möglichkeit, Fahrräder in Bussen mitzunehmen, sodass man bei plötzlich einsetzendem Regen nicht im Nassen steht. Eine wichtige Rolle spielte auch die Sicherheit, insbesondere im Kreisverkehr und bei nicht ausgeleuchteten Radwegen. Bei der Behandlung des ÖPNV stießen vor allem die Preisstruktur (zu teuer, zu wenig transparent) sowie die Taktung auf Unmut. Bei dem Thema „Sicher zur Schule“ argumentierten einige Gäste gegen das „Elterntaxi“ und verwiesen darauf, dass bereits der Weg zur Schule soziales Lernen bedeute. Ebenso regte man einen autofreien Bereich rund um Schulen an. Das emotionalste Thema war freilich die Mobilität in der Innenstadt. Hier mahnten einige zu Geduld und regten an, darauf zu warten, wie sich die fertiggestellte Südumgehung auf die Innenstadt auswirke. Vor allem anwesende Geschäftsleute sahen in einer verkehrsberuhigten Innenstadt mögliche negative Auswirkungen auf den Handel. Einig war man sich darüber, dass, wenn man den Individualverkehr aus der Kernstadt zwischen Dom und 118er Denkmal raushalten möchte, man dafür aber einen Parkring anlegen muss. Vorschläge gab es auch hinsichtlich einer Einbahnstraßenregelungen rund um die Fußgängerzonen.

WELCHE IDEEN HABEN DIE WEITEREN FRAKTIONEN UND VERBÄNDE
Für die Grünen steht fest, dass der Anteil des Radverkehrs auf 25 Prozent erhöht werden soll. Hierzu ist natürlich eine bessere Infrastruktur unabdingbar. Grünewald betont im Gespräch mit WO! aber auch, dass zugleich der ÖPNV verbessert werden muss. In diesen Punkten sind sich eigentlich die meisten Fraktionen einig. Auch Kai Hornuf (Geschäftsführer Stadtmarketing e.V.) unterstreicht, dass man den ÖPNV bei dem Thema nicht vernachlässigen dürfe. Für die Innenstadt könne er sich vorstellen, dass durchgehend die Geschwindigkeit auf Tempo 30 reduziert wird und er empfiehlt, den Lückenschluss B47 Südumgehung abzuwarten. Günther Niederhöfer vom ADFC sieht das etwas anders. Er ist der Meinung, dass man bereits zu lange warte, ohne dass Nennenswertes passiert sei, wohingegen die Verkehrsbelastungen kontinuierlich zunehmen. Die Umweltverbände betonen, dass laut einer statistischen Erhebung rund 60 Prozent aller Fahrten in Worms sich in einem Radius von gerade mal fünf Kilometer bewegen. Die Belastung wäre also möglicherweise reduzierbar, sofern ein Umdenken stattfindet. Niederhöfer meint hierzu im Gespräch mit WO! dass die Stadt mehr Aufklärungsarbeit leisten müsse. Um das Denken der Wormser in Fragen rund um Mobilität zu erfahren, verweist die SPD auf die oben genannte Bauausschusssitzung, in der man beschlossen hätte, eine repräsentative Umfrage zu dem Thema durchzuführen. In einer Pressemitteilung teilen SPD und CDU mit: „Für beide Fraktionen ist es wichtig, bei der entscheidenden Frage, der Anpassung der Verkehrsinfrastruktur neben der Information auch Möglichkeiten der Diskussion zu geben und Anregungen und konstruktiver Kritik breiten Raum einzuräumen. Am Ende muss ein Ergebnis stehen, das eine breite Mehrheit der Wormserinnen und Wormser mitträgt, (…).“ Hierzu empfiehlt man: „Eine statistisch-relevante Umfrage von einem angesehenen Meinungsforschungsinstitut ist die seriöseste und zugleich erfolgversprechendste Art der Bürgerbeteiligung.“ Eine von der Verwaltung anvisierte Online Befragung, sehen SPD, aber auch die FDP hingegen als wenig repräsentativ. Weiterhin ist eine Bürgerversammlung zu diesem Thema geplant. Ob die Meinungsumfrage kommt, konnte bis zum Redaktionsschluss nicht geklärt werden, da die Stellungnahme des Baudezernenten auf unsere Anfrage noch nicht vorlag.