WO! im Gespräch mit Festspiel Intendant Nico Hofmann

WO! Mitarbeiter Dennis Dirigo (links) im Gespräch mit Nico Hofmann (rechts)

Heimat verpflichtet! So könnte man Nico Hofmanns Engagement bei den Nibelungen-Festspielen übertiteln. Geboren 1959 in Heidelberg, wuchs Hofmann in Mannheim auf, wo er auch in jungen Jahren für den „Mannheimer Morgen“ arbeitete. Schon früh zog es ihn aber zum Film. Nach einem erfolgreichen Studium an der renommierten Hochschule für Film- und Fernsehen in München debütierte er erfolgreich mit dem preisgekrönten Film „Der Krieg meines Vaters“. Sein letzter Film als Regisseur war der Film „Solo für Klarinette“ mit Götz George und Corinna Harfouch. Danach konzentrierte er sich erfolgreich auf das Produzieren von sogenannten Event Movies. Mit Miniserien wie „Der Tunnel“, „Sturmflut“ oder „Dresden“ brach er immer wieder Einschaltquo- tenrekorde und sorgte dafür, dass deutsche Produktionen auch internationalen Anklang fanden. Für das Kino produzierte er unter anderem die Hits „Der Medicus“ und „Der Junge muss an die frische Luft“. 2015 betrat er als Intendant der Nibelungen-Fest- spiele Neuland. Sein Interesse an dieser neuen Tätigkeit begründete er damit, einerseits der Region etwas zurückgeben zu wollen, andererseits eine Faszination für das Nibelungenlied zu hegen. Nachdem die Festspiele unter Dieter Wedel etwas redundant wirkten, gelang es Hofmann, mit wechselnden Regisseuren und Autoren frischen Wind in das Nibelungenuniversum zu blasen. Hofmanns Vertag wurde vor kurzem bis 2028 verlängert. Nachdem Hofmann mehrere Jahre auch als Geschäftsführer der Produktionsfirma UfA arbeitete, verkündete er Anfang des Jahres, dass er ab sofort wieder als freier Filmproduzent arbeiten werde. WO! sprach mit dem umtriebigen Kulturschaffenden kurz vor der Premiere über die Herausforderungen der Kultur in finanziell anspruchsvollen Zeiten und welche Projekte er als Produzent demnächst realisieren möchte.

WO! Wie haben Sie das Stück „Der Diplomat“ erlebt? Waren Sie zufrieden?

Roger Vontobel hat das aus meiner Sicht sehr klar umgesetzt. Insofern bin ich sehr zufrieden. Es ist eine sehr psychologische Inszenierung. Die Figuren stimmen und die Umsetzung ist sehr konzentriert. Ich bin dementsprechend glücklich aus dem Stück rausgekommen.

WO! Könnte man sagen, dass Roger Vontobel – im Gegensatz zu Pinar Karabulut – ein Regisseur ist, der sich klar auf die Vorlage konzentriert und diese entsprechend effizient umsetzt?

Wir haben jedes Jahr völlig verschiedene Ansätze. Man kann die Regie nur schwer vergleichen. Pinar Karabulut, von der ich mir damals verschiedene Sachen in München angeschaut habe, hat eine völlig andere Herangehensweise wie Vontobel.

WO! Vontobels Inszenierungsstil hat einen sehr filmischen Moment. Sie wiederum arbeiten seit ein paar Monaten wieder als freier Filmproduzent. Wäre Vontobel als Filmregisseur eine Option?

Tatsächlich hat Roger einen wahnsinnig genauen Umgang mit der Visualität der Bühne. Er weiß genau, wie man die Leinwände oder auch die Lichteffekte dramaturgisch nutzt. Ebenfalls schafft er es, einen sehr starken Rhythmus zu erzeugen. Von daher wäre er absolut prädestiniert als Filmregisseur.

WO! In einem Gespräch mit unserem Magazin erzählte Vontobel, dass er durchaus noch einige Ideen hätte, was man mit den Nibelungen anstellen könnte. Gibt es ein Wiedersehen mit ihm bei den Festspielen?

In meiner und Thomas Laues Fantasie können wir uns das auf jeden Fall vorstellen. Roger Vontobel ist ein Regisseur, der mich begeistert. Wir haben ein gemeinsames Verständnis dafür, was wir hier machen. Ich kann mir das in den nächsten vier Jahren durchaus vorstellen.

WO! Welche Perspektive im Nibelungen Kosmos würde Sie persönlich interessieren?

Mich interessiert generell der Ansatz, eine Figur aus diesem Kosmos herauszunehmen und aus- zuarbeiten, wie es in diesem Jahr mit Dietrich von Bern geschehen ist. Es ist dann jedes Mal eine Entdeckung, welcher Autor oder Autorin das macht, da jeder eine andere Herangehens- weise hat. Was mich in diesem Jahr wiederum persönlich reizte, war die politische Relevanz der Erzählung. Das Stück hat doch sehr viel mit der aktuellen Weltsituation zu tun.

WO! Ist es aber nicht frustrierend, dass das Weltgeschehen auch nach dieser künstlerischen Re?exion unverändert voranschreitet. Hat Kunst weniger Ein?uss als erho?t?

Ich glaube nicht, dass Kultur nichts verändern kann. Veränderungen entstehen in einem langen Prozess. Mein Erleben bezogen auf dieses Stück war, dass es die Leute sehr beschäftigte, wodurch sehr viele kluge Diskussionen ausgelöst wurden. Insofern verändert Kunst und Kultur etwas in den Köpfen der Menschen.

WO! In Anbetracht der vielen Kon?ikte auf dieser Welt sind es vielleicht die falschen Menschen, die sich so ein Stück anschauen bzw. man könnte sagen, totalitäre Regime sind der Feind freier Kulturen?

Das ist leider so, weshalb auch viele Künstler- innen und Künstler, ob Iran oder Russland, ins Exil gehen. Zum anderen zeigt das aber auch, wie Medien negativ genutzt werden können oder gleichgeschaltet sind. Noch heute wird in Russland das Fernsehen im negativen Sinne benutzt, wodurch Putin mit seinen Taten beim Volk durchkommt.

WO! Sie sind aktuell wieder als Filmproduzent tätig. Gibt es konkrete Projekte, über die Sie sprechen können?

Wir haben vor kurzem eine Pressekonferenz abgehalten, wo wir erste Projekte angekündigt haben.

WO! Da waren wir aber leider nicht eingeladen…

(lacht) Wir haben vier große Projekte angekündigt. Zum einen eine Serie über Thomas Mann aus dem Blickwinkel seiner Kinder Klaus und Erika. Ein weiteres Projekt ist eine sechsteilige Serie über die große Marlene Dietrich, basierend auf einem Buch von Thomas Huetelin „Man lebt sein Leben nur einmal“, das aber erst im September erscheint. Und die Verfilmung von Maxim Leos, einem guten Freund von mir, Familiengeschichte „Wo wir zu Hause sind“ und dem Roman „Wir werden jung sein“. Alle vier Projekte werden für Streaming bzw. TV Sender produziert. Des Weiteren habe ich noch zwei Kinoprojekte in Planung, über die ich noch nicht sprechen kann.

WO! Im Moment scheinen tatsächlich Budgets zu explodieren, was auch für andere Projekte im Kulturbetrieb zutri?t. Provokant gefragt: Ist Kultur überhaupt noch finanzierbar?

Das ist natürlich auch eine Frage, die die Politik beantworten muss. Andererseits ist aber auch zu beobachten, dass noch nie so viel für TV und Streaming produziert wurde wie im Moment. Mit Blick auf die Nibelungen-Festspiele ist es wichtig anzumerken, dass die Landesregierung hinter den Festspielen steht und diese finanziell unterstützt. Zudem möchte ich auf die Auslastung der Fest- spiele verweisen, die bei knapp 95 Prozent liegt. Wir bewegen jedes Jahr rund 20.000 Menschen, zu den Festspielen zu kommen. Andere Theater wären über eine solche Auslastung geradezu dankbar.

WO! Dennoch stellt sich die Frage, ob bei der aktuellen Kostenentwicklung der städtische Zuschuss von 1,5 Millionen Euro überhaupt noch ausreicht?

„On the long run“ muss es garantiert erhöht wer- den, da man sonst Abstriche in der Qualität der Arbeit machen müsste. Wir haben aber ein tolles Team hier vor Ort, das absolut motiviert ist.

WO! Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch wurde geführt von: Dennis Dirigo

Foto: Andreas Stumpf