Comeback des Jahres:
Mario Adorf
Wir schreiben das Jahr 2003, als auf Wormser Boden ein historischer Streit stattfand. Wie der ehemalige, langjährige Intendant Dieter Wedel in seiner Biografie beschreibt, soll es im Anschluss an eine Aufführung der Nibelungen Festspiele zu einem folgenschweren Streit mit Schauspieler Mario Adorf gekommen sein. So soll Adorf gebrüllt haben: „Hatten die Leute heute Abend kein Anrecht auf korrektes Licht? Scheiß doch auf das Fernsehen!“ Wedel konterte: „Weißt du was, Mario, leck mich am Arsch!“, weshalb Adorf mit kippender Stimme erwiderte: „Weißt du, was du bist? Ein kleiner Fernseharsch. Nichts weiter als ein kleiner Fernseharsch!“ Seitdem sind beide verkracht und Mario Adorf, der als einer der Initiatoren der Nibelungen Festspiele gilt, kehrte der Nibelungenstadt Worms im Groll den Rücken. Mehr als ein Jahrzehnt später tauchte der mittlerweile 85-jährige völlig überraschend wieder in Worms auf und zwar als neues Mitglied des Aufsichtsrats der Nibelungen Festspiele. Eingefädelt wurde die Versöhnungsaktion von Oberbürgermeister Kissel, der Mario Adorf im „Jahr eins nach Wedel“ nach Worms zurückholte und damit für das „Comeback des Jahres“ sorgte.
Kulturtreibender des Jahres:
David Maier
Eigentlich mag der „Kulturtreibende des Jahres“ keinen Rummel um seine Person. Dennoch müssen wir es an dieser Stelle ganz klar sagen, der Musiker David Maier hat sich in den letzten Jahren zu einer tragenden Säule der Wormser Kulturszene entwickelt. Egal, ob Hörspiele für die ganz Kleinen („Paul und Pantoffel“) oder die weniger Kleinen („Der junge Goethe“), frankophile Discomusik mit seiner Band Mini Moustache oder das audio-visuelle Livespektakel mit der Band Vereinsheim (am 02.03. in Mannheim), der Wormser lässt sich nur schwer in eine Schublade stecken. David Maier überlässt das Rampenlicht aber auch gerne anderen. Davon zeugen erfolgreich „Jazz & Joy“ sowie die Reihe „Stille Töne“. Jüngstes Baby im Jahr 2015 war das „Pop Up Festival“, das im vergangenen Jahr zum ersten Mal stattfand und auf Anhieb viele Freunde fand, auch in der Jury des Marketingpreises der Metropolregion Rhein Neckar. Dort wurde das Festivaldebüt mit einem ordentlichen zweiten Platz geehrt. Als herausragende kulturelle Reihe wurde übrigens das Vereinsheim im Rahmen des „Spielstättenprogrammpreises“ mit einem Hauptpreis gewürdigt. Natürlich ist der Einzelne nur so gut wie sein Team, insofern gebührt das Lob auch den Leuten um David Maier.
Lesung des Jahres:
Willy Wimmer
Lesungen gab es zuhauf im vergangenen Jahr. Angefangen bei Kinderbuchvorstellungen in der Stadtbibliothek, bis hin zu Plaudereien über die Wechseljahre und ihre kosmischen Verbindungen (Marianne Sägebrecht im Theater). Bei der spannendsten und wohl brisantesten Lesung des Jahres, wurde das zu bewerbende Buch („Wiederkehr der Hasadeure“) gerade ein Mal in die Hand genommen. Der ehemalige Verteidigungspolitische Sprecher der Bundesregierung während der Kohl Ära, Willy Wimmer, hatte seinen Ruhestand unterbrochen, um auch in Worms über den brandgefährlichen Ukraine-Konflikt zu sprechen bzw. aufzuklären. Wimmer sieht in dem Konflikt einen Stellvertreterkrieg, bei dem die eigentlichen Antagonisten USA und Russland sind. Leider interessierten sich nicht allzu viele Wormser für den sympathischen Rheinländer. Gerade mal 30 Besucher fanden in das Lincoln Theater. Für mehr Aufregung sorgte indes die Werbekampagne eines anonymen Willy Wimmer Fans, der diesen mit „Kreidegraffitis“ in der Innenstadt öffentlichkeitswirksam angekündigte. Das brachte sogar den „Wormser Innenminister“ Kosubek ins Schwitzen, der ankündigte, den Rowdy dingfest zu machen. Genützt hat die Kampagne freilich wenig. Und die Graffitis? Die wurden einfach mit einem Schwamm weggewischt.
Konzert des Jahres 1
Randy Newman
Ein Oscar und Grammy Preisträger in Worms? Das kommt nicht alle Jahre vor! 2015 war es soweit und er kam für zwei Konzerte nach Deutschland. Er, das war Randy Newman, der große Singer Songwriter („Sail away“) und Filmkomponist („Toy Story“). Seine beiden ausgewählten Orte waren die Hauptstadt Berlin und selbstverständlich die Hauptstadt Rheinhessens, nämlich Worms. In unserer Redaktion waren wir uns schnell darüber einig, dass dies schlicht und ergreifend eine Sensation war, auch wenn wir uns fragten, wie dies möglich sein konnte. Da Randy Newman über einen feinen Sinn für Ironie verfügt, amüsierte dieser sich wahrscheinlich prächtig, als dessen Manager ihm von einer kleinen Stadt in good old Germany erzählte, die auf den Namen „Würmer“ (Worms) hört. Vielleicht findet sich auf dem nächsten Album ja ein Song über unser geliebtes Nibelungenstädtchen. Bis dahin bleibt die Erinnerung an ein famoses Konzert. Wer nicht dabei war, ist selber schuld. Knapp 200 Sitze blieben leer, bei stolzen Eintrittspreisen um die 70.- Euro bedingt nachvollziehbar.
Konzert des Jahres 2
Jan Delay & Disco. No. 1
Da der von der Kapazität her auf knapp 2.500 Besucher begrenzte Platz der Partnerschaft diesmal nicht zur Verfügung stand, musste das Sonderkonzert von Jazz & Joy 2015 auf dem etwas geräumigeren Marktplatz stattfinden. Bis kurz vor Bekanntgabe des Programms pokerten die Macher, um dann, dem ansonsten sehr jungen Line Up des Festivals entsprechend, auch einen jugendlichen Headliner zu verpflichten. Von Jan Delay und seiner über jeden Zweifel erhabenen Band „Disko No. 1“ gab es beim Sonderkonzert zum Auftakt einen explosiven, kurzweiligen Mix aus Soul, Funk, Reggae, HipHop und Rock, der knapp 3000 Besucher auf dem Marktplatz ausflippen ließ. Weitere Glanzlichter von Jazz & Joy 2015 waren die großartigen Moop Mama, Bob Geldof, Abby und Patrice. Statt Delay wäre wohl auch Carlos Santana möglich gewesen. Zweifellos eine Legende, die ebenfalls für einen vollen Marktplatz gesorgt hätte.
Konzert des Jahres 3
The Sweet
Bereits 2001 hatten „The Sweet“ in einem von Krone Concerts am Torturmplatz aufgebauten Zelt Station in Worms gemacht. Lag es an dem ungewöhnlichen Veranstaltungsort, einem bei zunehmenden heißeren Temperaturen entsprechend stickigen Zelt, oder daran, dass ein paar Meter entfernt jede Menge Zaungäste das Konzert kostenfrei zumindest lauschen konnten? Jedenfalls hielt sich der Zuspruch vor 14 Jahren in Grenzen. Knapp 400 Besucher sollen es wohl gewesen sein. Als nun am 22. Oktober 2015 die Überreste der einst legendären „The Sweet“, die nur aus Gitarrist Andy Scott bestanden, wieder in Worms waren, diesmal im Mozartsaal des Wormser Kultur- und Tagungszentrums, da war die Hütte voll. Knapp 1000 Besucher feierten enthusiastisch und stimmungsvoll eine Reise zurück in eine Zeit, als die Matten noch zu Songs wie „Fox on the run“, „Ballroom Blitz“ oder „Teenage Rampage“ geschwungen wurden.
Überraschungsbesuch des Jahres 1
Herbert Grönemeyer
Wer am 03. November 2015 das Konzert von Randy Newman im Wormser Theater besucht hat, der staunte nicht schlecht, wer da zur Rechten unseres Oberbürgermeisters saß. Herbert Grönemeyer, der in London und Berlin lebt, gilt seit frühester Jugend als großer Fan des amerikanischen Musikers, dessen Texte zwischen beißendem Sarkasmus und einfühlsamer Lyrik schwanken. Eine Gratwanderung, die Grönemeyer in seinen Glanzzeiten ebenso vorzüglich gelungen war. Wie aber war er ausgerechnet in Worms gelandet? Ursprünglich hatte Grönemeyer Karten für das erste von zwei Deutschland-Konzerten im Berliner Admiralspalast geschenkt bekommen, aber einen Tag vorher feststellen müssen, dass das Konzert bereits am Abend zuvor stattgefunden hatte, weshalb er sich spontan eine Karte für den zweiten Auftritt in Worms gesichert hat. Und so flog der Ur-Bochumer kurzerhand Richtung Worms und erfüllte sich nach dem Auftritt einen großen Traum, kam es doch im Anschluss beim fünften Versuch endlich zu dem erhofften Treffen Grönemeyers mit seinem großen Idol. Zuvor hatte es in vier Anläufen nur zu einem kurzen „Hallo“ gereicht. Newman nahm sich diesmal ausgiebig Zeit, um mit dem deutschen Kollegen zu sprechen, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz immerhin Stadien füllt. Auch unser OB hat sich standesgemäß an den Promi Grönemeyer rangeschmissen und ihn hoffentlich für ein Konzert im Jahr 2016 im Wormatia Stadion verpflichtet. Falls nicht, Herr Kissel, lassen Sie mal Ihre Kontakte spielen, die nächsten OB-Wahlen stehen schließlich „schon“ 2019 vor der Tür.
Überraschungsbesuch des Jahres 2
Cindy aus Marzahn
Die Frau, die dank ihrer stetigen TV-Präsenz und ihrem prägnanten rosafarbenen Joggingschlafanzugsgemisch einem Millionenpublikum bekannt ist und dementsprechend 2016 in den mittelgroßen Hallen des Landes (z.B. Rheingoldhalle Mainz, Rosengarten Mannheim oder Jahrhundertalle Frankfurt) touren darf, machte am 2. Oktober 2015 etwas überraschend einen Abstecher ins verhältnismäßig kleine Wormser Theater. Bei allen größeren Komikern ist es üblich, dass sie ein neues Bühnenprogramm, bevor sie in die großen Hallen gehen, zunächst unter „Wettkampfbedingungen“ vor einem kleineren Publikum testen. Cindy hatte daraus eine Abstimmung gemacht, denn im Internet konnte man voten nach dem Motto „Fordere eine Show in deiner Stadt.“ Die Besucher ihrer Preview in der Nibelungenstadt kamen somit am 02. Oktober 2015 in den Genuss, als allerallererste das brandneue Programm von Cindy aus Marzahn sehen und darüber urteilen zu dürfen. Obwohl die Hütte ruckizucki ausverkauft war, hielt sich das Interesse der WO! Redaktion eher in Grenzen. „Reicht es denn nicht, wenn ich RTL einschalte und immer die gleichen Fratzen sehe?“, schallte es dem Chefredakteur entgegen, weshalb wir nur vom Hörensagen schreiben können, dass es ganz gut gewesen sein soll.