Acht Monate, nachdem Deutschland erstmals einen bundesweiten Lock-Down erlebte, befinden wir uns erneut mitten in einer Pandemie. Überraschend ist das nicht, denn dass die Corona-Fallzahlen zur Hauptvirenzeit wieder ansteigen werden, wusste man schon vor Monaten. Auf die zweite Welle hätte man diesmal besser vorbereitet sein können, aber leider hat die Politik ihre Hausaufgaben in den letzten Monaten nur sehr schlampig gemacht.

Als die Corona Pandemie Anfang März auch Deutschland erreichte, bestand die gemeinsam zwischen Bundesregierung und Virologen ausgehandelte Strategie, die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen. „Flatten the Curve“ hieß das Motto, schließlich galt es, wertvolle Zeit zu gewinnen. Unsere Krankenhäuser waren nicht ausreichend vorbereitet, es mussten zusätzliche Intensivbetten angeschafft werden, Hygienekonzepte erarbeitet und die Gesundheitsämter auf die neue Situation vorbereitet werden. Als die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eilig georderten Atemschutzmasken endlich eingetroffen waren, wurde mit zeitlicher Verzögerung auch die Maskenpflicht in Deutschland eingeführt. Besuche in Krankenhäusern oder Altenheimen waren fortan nicht mehr möglich. Wenn man sich die Entwicklung der Infektionszahlen in Deutschland in den danach folgenden Monaten ansieht, waren all diese Maßnahmen offensichtlich nicht so verkehrt. Die Kehrseite der Medaille waren die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden, deren gesundheitliche Auswirkungen erst in den nächsten Monaten und Jahren sichtbar werden. Seitdem sind acht Monate vergangen und man konnte in der Zwischenzeit einige Erfahrungswerte sammeln. Zum Beispiel, dass von dem Coronavirus hauptsächlich für ältere Leute mit Vorerkrankungen eine Bedrohung ausgeht. Anstatt aber diese Risikogruppe besonders zu schützen, sind längst andere Diskussionen in den Fokus gerückt, wie die Einführung von Bußgeldern bei Nichttragen einer Atemschutzmaske oder bei Falschangaben im Restaurant. Die Kunst besteht darin, die älteren Menschen zu schützen, aber hierbei nicht von der Gesellschaft abzukanzeln. Als es im Zusammenhang mit dem bundesweiten Lock-Down auch zu Besuchsverboten in Altersheimen kam, wurden viele ältere Leute depressiv und starben mitunter an den Folgen der Vereinsamung. Der Staat muss also auch hier unterstützend eingreifen, in dem man die Altenheime und Pflegedienste mit den finanziellen Mitteln und entsprechendem Personal ausstattet, damit sie dieser Herausforderung gerecht werden können. Dazu gehört natürlich auch das regelmäßige Testen von Pflegepersonal und Bewohnern eines Altersheims.

Richtige Einordnung der Zahlen
Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab es in Deutschland über 100.000 Covid-19-Fälle, die Anzahl der positiven Tests erreichte an manchen Tagen fünfstellige Zahlen. Das hängt zwar auch, aber nicht nur damit zusammen, dass in den letzten Wochen häufiger getestet wurde. Wurden Anfang September bei 1.062.581 Tests noch 7.941 Personen positiv getestet, so sind die Zahlen Ende Oktober bereits deutlich angewachsen. In der 42. Kalenderwoche wurden bei 1.195.661 Tests 43.208 Personen positiv getestet. Das entspricht einer Positivrate von 3,62%, Anfang September lag diese noch bei 0,75%. Auch in den nächsten Monaten wird sich diese Zahl kaum verringern, deshalb geht es jetzt darum, die Folgen der Pandemie möglichst gering zu halten. Vor allem wäre es an der Zeit, die Anzahl der positiven Tests richtig einzuordnen. Experten streiten sich darüber, wie hoch die Fehlerquote der „falsch-positiven“ PCR-Tests tatsächlich ist, laut Schätzungen liegt diese zwischen 0,3 – 1,5 %. Das würde auch erklären, warum viele, die positiv getestet wurden, keinerlei Symptome aufwiesen. Als Bestätigung für diese These könnte die aktuelle Corona Entwicklung in der Bundesliga herhalten. So wurden beim Zweitligisten FC Heidenheim die üblichen Corona-Routinetests durchgeführt, wobei der Spieler Maximilian Thiel positiv getestet wurde. Um eine spätere Ansteckung durch den Spieler auszuschließen, wurden kurz danach noch einmal alle Spieler und Funktionäre einem Test unterzogen, bei dem sogar fünf Leute positiv getestet wurden. Also hat man noch einen dritten Corona Test durchgeführt und plötzlich waren alle Personen negativ – auch der ursprünglich positiv getestete Maximilian Thiel. Ähnliches hat sich zwischenzeitlich auch bei anderen Vereinen zugetragen (u.a. Holstein Kiel, Würzburger Kickers), der prominenteste „Falsch Positive“ war Bayern Münchens Serge Gnabry. Während man aber in der Bundesliga das nötige Geld besitzt, um kostspielige Nachtests durchzuführen, muss sich Otto Normalverbraucher zwei Wochen in Quarantäne begeben und wird allenfalls danach noch einmal getestet.

Bitte kein weiterer Lock-Down!!
Von daher wäre es dringend geboten, sich nicht nur an die Zahl der Neuinfizierten zu klammern und willkürliche Zahlen festzulegen (50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner), wann die Corona-Ampel umschaltet, sondern vor allem die schweren Verläufe als Maßstab zu nehmen. Gemessen daran bestand bisher noch kein Anlass zur Panik. Die Anzahl der Toten, die an oder mit Covid-19 starben, bewegt sich seit Monaten im niedrigen zweistelligen Bereich und von einer Auslastung der Intensivplätze ist man ebenfalls noch weit entfernt. Gleichwohl werden auch diese Zahlen in den nächsten Monaten ansteigen. Von daher gilt nach wie vor: Abstand halten – Hygienemaßnahmen beachten – Alltagsmaske tragen. In dieser Phase kann man die Pandemie allenfalls noch abschwächen, aber das Virus nicht gänzlich ausrotten. Da die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schäden durch die Corona Pandemie vermutlich größer waren als die gesundheitlichen, sollte von der Politik ein Lock-Down diesmal dringend vermieden werden. Wir müssen lernen, das Virus mit intelligenten Lösungen in unseren Alltag zu integrieren.

GRÖSSENWAHN IN ZEITEN VON CORONA
Das Bundeskanzleramt ist mit einer Nutzfläche von 25.347 m² die größte Regierungszentrale der westlichen Welt. Rund achtmal größer als das Weiße Haus, zehnmal größer als Downing Street No. 10 und dreimal größer als der Élysée-Palast in Paris. In Anlehnung an den früheren Bauherren Helmut Kohl wurde das Kanzleramt von den Berlinern scherzhaft „Kohlosseum“ genannt. Aber offensichtlich ist das noch nicht groß genug. Bis 2028 soll das Bundeskanzleramt durch einen Neubau auf der gegenüberliegenden Spreeseite auf 50.000 m² verdoppelt werden. Als Merkels Kabinett Anfang 2019 diesen Neubau beschloss, wurde das Bauprojekt als „nüchterner, auf Funktionalität ausgerichteter Zweckbau“ angepriesen, mit Baukosten von knapp 400 Mio. Euro. Mittlerweile beziffert das Innenministerium die Baukosten auf 600 Mio. Euro. Für den Rechnungshof scheint dies immer noch eine unhaltbare Untertreibung zu sein: „Der Bundesrechnungshof hat Zweifel, dass alle zu erwartenden Kosten bekannt sind. Dadurch besteht ein erhebliches zusätzliches Kostenrisiko.“ In Zeiten wie diesen, in denen fast alle Bürger enthaltsamer leben sollen, sind das schon beachtliche Zahlen, mit denen unsere Regierung kleckert. Vermutlich ist das aber genau das Kalkül der Regierungsoberen. Wer juckt sich schon in Zeiten von Corona daran, wenn sich Politiker mal wieder ein neues Denkmal auf Kosten der Steuerzahler bauen?

PS: Wetten, dass die Baukosten im Endeffekt locker eine Milliarde Euro überschreiten?