Dass Worms finanziell klamm ist, dürfte hinreichend bekannt sein. In diesem Jahr stellte sich zusätzlich die Frage, wie sehr Corona den Wormser Finanzhaushalt beuteln wird und wie die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses damit umgehen werden. Nach acht Stunden Sitzung an zwei Tagen fallen die Antworten ernüchternd aus.

394 Seiten ist die Haushaltsplanung der Stadt Worms für das Jahr 2021 stark, doch entscheidend ist vor allem eine Seite gleich zu Beginn, auf der schwarz auf weiß steht, mit welchem neuen Defizit die Stadt Worms in dem Haushaltsjahr 2021 rechnen muss. Mit einem Minus von 18.421.600 Millionen Euro kalkuliert derzeit Stadtkämmerer Andreas Soller, statt wie geplant 2,1 Millionen Euro. Da hilft es nur wenig, dass der Haushalt im Jahr 2019 mit einem Plus von 8 Millionen Euro abgeschlossen werden konnte. Wie Soller in seinem Vortrag vor dem Haupt- und Finanzausschuss erklärte, wirkt sich dieser Betrag jedoch nicht auf den aktuellen Haushalt aus, da mit diesem Geld Kredite bedient werden. Allein die Kassenkredite, einfach gesagt das überzogene Girokonto der Stadt, liegen bei knapp 260 Millionen Euro. Die Gesamtschulden der Stadt, also inklusive des neuen Defizits, liegen bei 425 Millionen Euro. Als Hauptproblem erweist sich laut Soller nach wie vor die Unterfinanzierung: „Die Stadt kann das aus eigener Kraft nicht schaffen“. Ein Problem, mit dem auch andere Kommunen in Rheinland-Pfalz zu kämpfen haben. In diesem Zusammenhang verwies er abermals auf eine Musterklage gegen das Land, die derzeit läuft und zu der es im November einen weiteren Gerichtstermin gibt. Einen kleinen Silberstreif am Horizont konnte Soller in der aktuellen Entwicklung der Zinspolitik erkennen. Die Haushaltsexperten gehen davon aus, dass das Zinsniveau niedrig bleibt, zugleich laufen 21 ältere Kredite aus, die zu höheren Zinsen abgeschlossen worden waren und somit den Haushalt langfristig entlasten.

Ausgaben

Insgesamt beträgt das Gesamtvolumen des
Wormser Haushalts 281.435.900 Euro.

Rund 54 Millionen Euro bekommt die Stadt als Schlüsselzuweisungen von Bund und Land überwiesen, den Rest muss sie aus der eigenen Tasche stemmen bzw. über Kredite finanzieren. Aufgenommen wird hierfür ein Betrag von 23.032.100 Euro. Den größten Posten bilden die „Ausgaben zur sozialen Sicherung“, die mit 94.066.400 Euro zu Buche schlagen. Hiervon werden über zusätzliche Überweisungen von Bund und Land 41.361.800 Euro übernommen. Nicht mit eingerechnet bei diesem Betrag sind die Personalkosten, die sich anteilig in diesem Bereich auf rund 20 Millionen Euro belaufen. Die kompletten Personalkosten der Stadt Worms für die 1.456 Mitarbeiter belaufen sich auf 74.765.700 Euro. Das sind rund 27 Prozent der Gesamtaufwendungen. Neben dem sozialen Bereich zeigt sich hierbei besonders der Bereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung mit rund 14 Millionen Euro Personalausgaben als kostenintensiv. In den nächsten Jahren geht das städtische Finanzwesen davon aus, dass die Personalkosten allein aufgrund von tariflichen Erhöhungen weiter steigen werden. Einen kritischen Posten bilden die sogenannten „freiwilligen Leistungen“ (23 Millionen Euro), die insbesondere von der ADD jährlich angemahnt werden. Auch in diesem Jahr ist davon auszugehen, dass die ADD Kürzungen verlangen wird. Die ADD deckelte diesen Etat jedoch auf 19,6 Millionen Euro. Dennoch war im Haupt- und Finanzausschuss hierzu kein Wille zum Sparen zu erkennen. Nach Meinung der Aufsichtsbehörde gehören zu den freiwilligen Leistungen die Finanzierung von Grünanlagen (rund 3 Millionen Euro), die städtischen Museen, Musikschule (ebenfalls rund 3 Millionen Euro), die Beteiligung der KVG, ebwo AöR sowie an der Stadt Worms Beteiligungs GmbH (rund 8 Millionen Euro), aber auch der öffentliche Nahverkehr (außer Schulbeförderung), die Etats für die Ortsbeiräte (rund 1,3 Millionen Euro) und einiges mehr. Für SPD-Stadtratsfraktionssprecher Timo Horst ist klar, dass in diesen Bereichen nicht gekürzt werden kann. Zum einen, weil auch hier die Entwicklung der Personalkosten eine Rolle spiele, zum zweiten, weil diese Ausgaben für die Attraktivität der Stadt unumgänglich sind und Attraktivität letztlich mehr Einnahmen durch Zuzug von Bürgern oder Neuansiedlung von Gewerbe bedeutet. Auf Nachfrage unseres Magazins erklärte Oberbürgermeister Adolf Kessel wiederum, dass er davon ausgehe, dass es bei den nächsten Gesprächen mit der ADD ob der Missachtung der Sperre Diskussionen geben wird. Als Folge könnte es passieren, dass der Haushalt nur eine vorläufige Genehmigung erfährt und in diversen Bereichen mit Haushaltskürzungen zu rechnen ist. Kleine Ausgabenkürzungen von Seiten des Ausschusses gab es lediglich im Bereich der Investitionen. Die waren allerdings weniger durch den Willen zum Sparen motiviert. Vielmehr dürften hinsichtlich des Superwahljahres 2021 taktische Überlegungen eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben. Nach diversen Diskussionen zuvor im Bauausschuss und Stadtrat wurde entschieden, die Straßensanierungen Bleichstraße und Neubachstraße aus dem Haushalt zu nehmen. Alleine die Sanierung Bleichstraße war mit 650.000 Euro veranschlagt. Die beiden Koalitionäre forderten in diesem Zusammenhang, die Bürger stärker bei den Planungen miteinzubeziehen. Landtagskandidatin Katharina Schmitt (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte dies wiederum und fragte rhetorisch: „Wie lange kann man solche Projekte aufschieben? Es wird mir zu leichtfertig mit dem Wort Bürgerbeteiligung umgegangen.“ Während man bei den Sanierungen zunächst sparen möchte, würde die GroKo bei der Planung des anvisierten touristischen Zentrums Andreasquartier gerne mehr Geld ausgeben und beantragte dementsprechend einen Etat (rund 150.000 Euro). Selbstverständlich wurde durch die Mehrheit der beiden Parteien dem Antrag stattgegeben.

Einnahmen

Der Gesamtbetrag der Erträge beläuft sich auf 263.014.300 Euro.

Haupteinnahmequelle der Stadt sind die Gewerbesteuern – und die sind dank der Corona-Krise komplett eingebrochen. Im vergangenen Jahr spülten diese knapp 62 Millionen Euro in die leeren Kassen, mehr als man prognostizierte. In diesem Jahr rechnet Soller noch sehr optimistisch mit rund 56 Millionen Euro. In Anbetracht der bisherigen Entwicklung der Wirtschaftslage dürfte die tatsächliche Summe deutlich niedriger ausfallen. Für das Haushaltsjahr 2021 veranschlagt der Chefbuchhalter lediglich 40 Millionen Euro Einnahmen, wobei Soller auch hier darauf verweist, dass dies eine vorsichtige Prognose sei. Interessant dürfte sein, dass rund 50 Prozent der Erträge von zehn Wormser Firmen erbracht werden. Weitere Einnahmen generiert die Stadt vor allem über die Grundsteuer B. Dank der Steuererhöhung Anfang dieses Jahres fällt diese mit 16.021.000 Euro etwas höher aus. Gezahlt wird diese von ungefähr 25.000 Wormsern. Wettbüros und Spielhallen sorgen ebenfalls über die Vergnügungssteuer für ein veritables Einkommen (rund 5 Millionen Euro). Insgesamt gibt es in Worms 68 vergnügungssteuerpflichtige Einrichtungen. Eine zusätzliche Einnahmequelle benennt man im Haushalt mit dem Familienleistungsausgleich. Als Kern des Familienleistungsausgleichs können das Kindergeld und der Kinderfreibetrag bezeichnet werden. Das Land stellt der Stadt Worms 26 Prozent von den Umsatzsteuermehreinnahmen des Landes hierfür zur Verfügung.