Was die Zukunft der im Volksmund „KW“ genannten Einkaufsstraße angeht, gibt es aktuell eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute vorab: Das jahrelang leer stehende C&A-Gebäude ist wieder vermietet, wird seit Wochen renoviert und soll „demnächst“ neu eröffnen. Die schlechte Nachricht: „Dafür stehen dann in unmittebarer Nachbarschaft zwei neue Gebäude leer…“

Dass in Worms die groß angepriesene Eröffnung eines neuen Einkaufscenters stets mit dem klassischen Satz „Ja, aber…“ verknüpft ist, daran hat man sich zwischenzeitlich gewöhnt. Als vor 12 Jahren die Kaiserpassage eröffnete und der gemeine Wormser von potentiellen Ladenmietern wie Hugo Boss oder Zara träumte, da hießen die letztendlich bekanntgegebenen Besuchermagneten u.a. C & A und Drogeriemarkt Müller, die dafür Leerstände im vorderen Teil der KW hinterließen – das dreistöckige C & A Gebäude stand bekanntlich bis heute leer. Genauso im Falle des Wormser Einkaufsparks (WEP), wo mit Kaufland und Media Markt zwei alte Bekannte als Mieter präsentiert wurden, die lediglich ein paar Meter weiter zogen und in der Schönauer Straße leere Geschäftsräume zurückließen. Von daher ist es nicht wirklich überraschend, dass zwei der neuen Mieter im C & A Gebäude mit KiK und Deichmann direkte Nachbarn sind, die dafür ihre alten Räume aufgeben. Hierbei von einem neuen Impuls für die Einkaufsstadt Worms zu sprechen, wäre in die eigene Tasche gelogen. Neue Mieter sollen aber noch folgen. Fest steht bereits ein chinesisches Restaurant, das sich im oberen Stockwerk auf der gesamten Etage auf einer Fläche von 800 Quadratmetern ansiedeln wird. Ob es jetzt in Worms unbedingt an asiatischen Restaurants gefehlt hat, sei mal dahingestellt. Alleine im näheren Umfeld von einem Kilometer befinden sich sieben asiatische Gastronomiebetriebe, was im Hinblick auf einen neuen, derart großflächigen Anbieter im Endeffekt auf einen klassischen Verdrängungswettbewerb hinausläuft. Aber auch das kennt man zur Genüge in Worms, wo zwar OBI neu eröffnet hat, aber dafür Bauhaus in unmittelbarer Nachbarschaft auf kurz oder lang schließen musste. Weitere Beispiele ersparen wir uns an dieser Stelle…

JUSOS WOLLEN MEHR JUGENDLICHEN TOUCH FÜR KW
Mitten in die Diskussion um die Steigerung der Attraktivität einer Einkaufsstraße, die als Eingang zur Wormser Fußgängerzone dient, aber bis zur Karmeliterstraße nach dem Eindruck Vieler hauptsächlich aus 1-Euro-Shops, Billigläden und Dönergeschäften besteht, platzte ein Antrag der Wormser Jusos auf dem jüngsten Parteitag der SPD Ende September. Nach deren Willen soll die KW einen jugendlichen Touch erhalten: „Aus der KW wird eine Bar-Meile. Tagsüber Restaurants und am Abend werden die Tanzflächen geöffnet.“ Weiter argumentieren die Jusos, dass durch die direkte Nähe zu Hauptbahnhof und Bussen die Anbindung optimal sei – gerade vor dem Hintergrund, dass in Worms knapp 3.500 Studenten an der Hochschule studieren. Um eines vorweg zu nehmen: Der Antrag wurde begrüßt, aber letztendlich wegen mangelnder Durchführbarkeit abgelehnt und als „Arbeitsmaterial“ für weitere Diskussionen eingestuft. Dabei ist die Idee „theoretisch“ nach wie vor gut, nur leider eben „praktisch“ für eine Kommune nicht durchsetzbar. Es sei denn, die Kommune betätigt sich selbst als Unternehmer. Nach den unternehmerischen Erfahrungen, die die SPD im Zuge des Nürburgring-Desasters gemacht hat, sollte man diese Schnapsidee allerdings schnellstmöglich zu den Akten legen…

MEHR GASTRONOMISCHE VIELFALT
Trotzdem haben die Jusos mit der Forderung nach einer Gastromeile in ein Wespennest gestochen. Denn Potential in Form von Touristen oder Studenten ist in Worms vorhanden, es wird eben nur nicht genutzt. Zudem sind in der KW mit der Kinowelt sowie den beiden Musikclubs Bonsoir und Four Know in der Karmeliterstraße bereits drei Betriebe aus der Unterhaltungsindustrie angesiedelt, einzig die gastronomischen Angebote wirken etwas einfallslos. Mal ehrlich: Was antworten Sie, wenn Sie ein Tourist am Wormser Hautbahnhof fragt, wo man im Umkreis von 5-10 Minuten Fußweg gut bürgerlich Essen gehen kann? Damit sind also nicht gemeint: Fast Food, Bäckerei/Metzgerei oder Cafès, die „nebenbei“ auch Speisen anbieten, sondern „richtige“ Restaurants. Tatsächlich findet man auf der Strecke von Bahnhof bis Obermarkt zwar vier Dönergeschäfte, drei Bäckereien/Konditoreien, zwei Eisgeschäfte, zwei Burgerläden und zwei asiatische Imbisse, aber mit der Schnitzelhütt‘ (Rathenaustraße) und Tivoli (Nähe Ludwigsplatz) nur zwei echte Restaurants. Ein bisschen mehr Vielfalt und ein bisschen mehr hochwertige Gastronomie – fernab vom üblichen Fast-Food – würde der Innenstadt/KW richtig gut tun. Es gibt nicht nur Döner, Asia Food oder Burger, sondern z.B. auch noch mexikanische, indische oder spanische Spezialitäten. Was ist mit Salatbars, Suppenküchen oder Steakhäusern? Auch was vegetarische Speisen angeht, hat Worms noch Nachholbedarf. Aber nochmal: So etwas kann freilich keine Kommune festlegen oder zuverlässig steuern. Man kann den Besitzer einer Immobilie schließlich nicht dazu verdonnern, dass er in seinem Laden nur noch hochwertige Gastronomie anbietet.

ZUKUNFTSAUSSICHTEN?
Im Endeffekt hängt die Gestaltung einer Stadt maßgeblich ab von ihren Bürgern und Gewerbetreibenden. Aber vielleicht wird der eine oder andere angehende Unternehmer dafür begeistert, ein mexikanisches Restaurant zu eröffnen, auch wenn er nicht gerade in Guadalajara geboren ist? Falls nicht, wird der Vermieter einer Immobilie weiterhin an einen Döner-, Handy- oder Ein-Euro- Laden vermieten, anstatt sein Geschäft – wie das C&A Gebäude – 12 Jahre lang leer stehen zu lassen. Ob dort außer KIK und Deichmann noch echte Publikumsmagneten einziehen, wird die Zukunft zeigen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.