ODER: Kein ganz normaler Wormser Kultursommer
Text: Dennis Dirigo, Frank Fischer
Die Menschen treffen sich wieder in größeren Gruppen, die Außengastronomie darf sich über volle Tische freuen. Nur vier Wochen, nachdem Worms den vierthöchsten Inzidenzwert bundesweit zu verzeichnen hatte, fühlt sich hierzulande Vieles wieder nach „Normalität“ an. Aber obwohl die Inzidenzwerte im Sturzflug sind, heißt das noch nicht, dass wir einen ganz normalen Kultursommer in Worms erleben werden.
Eines der Gerüchte, das sich seit Monaten hartnäckig bei FACEBOOK hält, lautet, dass „zwar die Nibelungen Festspiele stattfinden, aber unser Backfischfest bereits abgesagt wurde“. Das sind jedoch schlicht und ergreifend „Fake News“, denn tatsächlich ist das Backfischfest keineswegs bereits abgesagt, wird aber definitiv in einer anderen Form stattfinden. Voraussetzung wird jedoch sein, dass die Corona Inzidenzwerte so niedrig bleiben wie derzeit. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe tendierte die Inzidenz in Worms gegen Null und lag bei 3,6. Auch bundesweit sind die Werte massiv gefallen und liegen im einstelligen Bereich. Trotzdem wird die städtische Kultur- und Veranstaltungs GmbH (KVG) diese Werte im Blick behalten, wenn man sich an eine mögliche Durchführung des diesjährigen Jazz & Joy Festivals vom 20. bis 22. August macht. Selbiges gilt auch für die Veranstalter des Alzeyer Da Capo Festivals, das vom 19. bis 22. August stattfinden soll. Klar dürfte sein, dass beide Festivals in diesem Jahr nicht in der bisherigen Form ausgetragen werden können. Während der Alzeyer Schlosshof bei Konzerten bis zu 1.500 Besuchern Platz bietet, wird alleine für das Sonderkonzert beim Jazz & Joy auf dem Marktplatz mit knapp 3.000 Besuchern gerechnet. Beides sind Besucherzahlen, die laut der aktuellen Corona Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz nicht zulässig sind, da bei Veranstaltungen unter freiem Himmel nur maximal 250 Personen (ab 2. Juli 500) anwesend sein dürfen. Mit einer Ausnahmegenehmigung des Landes könnte man zwar auch mehr Besucher zulassen, aber da in der Mainzer Politik niemand die Verantwortung für eine derartige Entscheidung übernehmen will, basteln die Veranstalter hinter den Kulissen an einem Plan B. Der bisherige Festivalcharakter mit 40 Bands auf fünf Bühnen an drei Tagen erscheint in der aktuellen Lage kaum durchführbar. Da man als Besitzer einer Mehrtageskarte theoretisch jede Bühne ansteuern könnte, dürfte der Zugang zu den einzelnen Konzerten nur schwer steuerbar sein bzw. bei wegen Überfüllung abgewiesenen Karteninhabern zur Verärgerung führen. Von daher sind Modelle gefragt, wie man Jazz & Joy in diesem Jahr durchführen kann. Eine Idee wäre zum Beispiel, Einzelkonzerte anzubieten, für die man sich vorher anmelden muss. Im Herbst möchte man dann ein weiteres Musikprogramm anbieten, für das bereits eine finanzielle Zusage vorliegt.
Viele Fragezeichen auch bei den Nibelungen-Festspielen 2021
Wenn man in diesen Tagen mit Sascha Kaiser, Geschäftsführer der Nibelungen-Festspiele, spricht, zeigt sich schnell, dass dieser in vielen Fragen selbst ziemlich ratlos ist. Einzig der Wille, die Festspiele am 16. Juli beginnen zu lassen, scheint vorhanden zu sein. Unklar ist nach wie vor, wie man unter den aktuellen Verordnungen die Festspiele – nebst Gastronomieprogramm – gestaltet. So fragten wir bei den Nibelungen-Festspielen nach, ob man bereits etwas über den Ablauf eines Abends sagen könne. Konkret: Gibt es eine Pause, in der es den Besuchern ermöglicht wird, etwas zu essen und zu trinken? Wie sieht es im Anschluss an eine Aufführung aus? Und natürlich auch die Frage, wie man den Zugang und Ausgang gestaltet. In den Vorjahren war es ein übliches Szenario, das Menschen dicht an dicht am Ausgang des Heylshofparks Richtung Festspielarena drängten. Zwar ist die Besucherzahl aktuell auf 500 reduziert, dennoch bedeutet das in dem engen Zugangsbereich zwischen Brunnen und der Mauer mit den Putten Engeln eine Verdichtung der Besucher. Unklar ist im Moment auch noch, ob es im Anschluss an die Aufführung möglich ist, im Park zu flanieren. Diese Unklarheit hat zur Folge, dass es, wie von uns im Vormonat prognostiziert, für einen Gastronomen ziemlich unattraktiv sein wird, seine Zelte im Park aufzuschlagen. Aus Mangel an Gastronomen hat man sich zwischenzeitlich an die Wormser Vinothek gewandt, die nun einspringen wird. In direkter Nachbarschaft zu den Nibelungenfreunden werden die 16 Vinothek-Winzer im Wechsel jeweils acht Weine anbieten. Wer darüber hinaus Kulinarisches anbieten wird, ist noch ungewiss. Gewiss ist aber, dass man eine Premiere feiern möchte. Aber auch hier stellt die Verordnung die Organisatoren vor neue Herausforderungen. Auf unsere Frage, wie die Auswahl der Gäste in Anbetracht eines deutlich reduzierten Angebots erfolge, erklärte man uns, dass man im Wesentlichen dem Auswahlverfahren der Vorjahre treu bleibe. Soll heißen, eine Reihe von mehr oder weniger bekannten Personen aus der Unterhaltungsbranche gehören ebenso auf die Gästeliste wie Sponsoren und Politiker. Die Einladungen gingen bereits raus, die Gästeliste ist jedoch noch unbekannt. In Bezug auf unsere Nachfrage erklären die Festspiele, dass die Gäste teilweise nur alleine erscheinen dürfen. In den Vorjahren war es wiederum kein Problem, einen Partner mitzubringen. Wie man allerdings entscheidet, wer einen Partner mitbringen darf, das bleibt unklar. Klar ist allerdings, dass es ein Buffetschlemmen wie in den Vorjahren nicht geben wird. Bleibt zu hoffen, dass man zumindest im Jahr 2022 wieder zur Normalität zurückkehren kann.