Parkanarchie vor dem Wormser Rathaus

Es ist noch nicht einmal eineinhalb Jahre her, da richtete die Stadt Worms einen Appell an die Besucher des Wochenmarktes, nicht auf dem Marktplatz zu parken. Dabei geht es der Stadt nicht darum, dass durch parkende Autos das optische Bild eines idyllischen innerstädtischen Wochenmarktes gestört würde, sondern schlicht und ergreifend darum, dass das Halteverbot unter Umständen Leben retten kann!

Wer kritisiert, wird beschimpft

Insofern ist es erschreckend, wie insbesondere in Sozialen Netzwerken, allen voran Facebook, das Thema diskutiert wird. Als zuletzt Mitte Mai ein Marktbesucher anmerkte, dass es unmöglich sei, an die Fahrradständer zu kommen, bekam er als Antwort jede Menge Lach-Emojis. Ihm wurde nahegelegt, sich doch einen anderen Fahrradständer zu suchen. Für beinharte Autofahrer ist es offenbar ein Unding, auf die Idee zu kommen, sich möglicherweise einen richtigen Parkplatz zu suchen. Ein weiterer Diskutant wurde bei der Anmerkung, den Kontroll- und Vollzugsdienst zu informieren, mit dem netten Spruch „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“ bedacht. Wohlgemerkt, es geht hier um einen Platz, der im Zweifelsfall von der Feuerwehr nicht angesteuert werden kann. Das Bild ist seit vielen Wochen, insbesondere am Samstag, immer das gleiche. Zahllose Autos reihen sich Blech an Blech aneinander, manche davon in unmittelbarer Nachbarschaft eines Gemüsehändlers, als sei es ein Drive-in. Zu beobachten sind gefährliche Situationen, bei denen Fußgänger von ausparkenden Autos geradezu bedrängt werden. Im Internet erklärte zudem ein Bürger im selbstbewussten Ton, dass das doch gar kein Problem sei, denn er hätte von Marktbeschickern die verlässliche Auskunft erhalten, dass es gestattet sei, kurz zu halten.

Keine Ausnahmen auf dem Marktplatz

Einer der wissen muss, ob es gestattet ist, für einen kurzen Einkauf dort zu halten, ist DIETER HERMANN. Hermann ist Abteilungsleiter der Straßenverkehrsbehörde. Im Gespräch mit WO! erklärt er ganz klar, dass an dieser Stelle ein absolutes Parkverbot herrscht, da dies, wie in dem Text bereits mehrfach erwähnt, für Feuerwehr und Notdienst freigehalten werden muss. Das betrifft auch Händler, die ihre Waren nicht direkt aus dem Fahrzeug verkaufen. Wer im Rathaus geheiratet hat, weiß obendrein, dass es für Paare zwar einen städtischen Freiparkschein gibt, aber auch dieser gilt ausdrücklich nicht auf dem Marktplatz. Hermann erklärt, dass rundherum um den Markplatz Schilder aufgestellt sind, dass es sich dort um eine Parkverbotszone handelt. Parkflächen seien entsprechend ausgewiesen. Ein gern angeführtes Argument für das rücksichtslose Parken auf dem Marktplatz sind Einschränkungen zu Fuß. Diese Ausrede lässt Hermann nicht gelten und informiert, dass es Ausnahmegenehmigung für Menschen mit Gehbeeinträchtigung gebe. Diese kann man bei der Stadtverwaltung beantragen und erlauben das Halten im eingeschränkten Halteverbot, also nicht auf dem Marktplatz. Ergänzend berichtet er, dass diese Genehmigung allerdings in Worms nur wenige Bürger beantragt haben. Etwas enttäuscht über das offenbar egoistische Verkehrsverhalten einiger Mitbürger kommt Hermann zu dem Schluss, dass die Verkehrsmoral zumeist erst steige, wenn man diesen Platz überwacht, dabei würde er lieber auf Vernunft setzen. Hermann fügt dementsprechend hinzu: „Wir erlassen kein Halteverbot einfach so aus Spaß!“ An mangelnden Parkplatzangeboten, wie oftmals kolportiert, kann es eigentlich nicht liegen. Im Umfeld des Wochenmarktes befinden sich mehrere Parkhäuser, die bekanntermaßen weit davon entfernt sind, ausgelastet zu sein. Wer unbedingt einen Parkplatz an der frischen Luft möchte, muss zumeist einige Runden um den Marktplatz drehen, dann kann man auch fündig werden. Aber das muss man halt auch wollen!