MdB Jan Metzler sieht politischen Handlungsbedarf

Weinberge in Rheinhessen. Foto: Dennis Dirigo

Bekanntermaßen ist Rheinhessen das größte Weinanbaugebiet Deutschlands und Worms die drittgrößte weinbautreibende Gemeinde. Insofern kommt dem Weinbau auch eine wirtschaftspolitische Bedeutung zu. Diese sieht der Bundestagsabgeordnete Jan Metzler zunehmend gefährdet.

„Was ich in vielen Gesprächen mit Winzerinnen und Winzern in Rheinhessen zu sinkenden Weinverkäufen und einem deutlichen Preisverfall höre, ist mehr als alarmierend“, beschreibt Metzler die Situation. Denn: Große Weinmengen aus dem Vorjahr lagern noch in den Weinkellereien, währen Überkapazitäten aus anderen Weinanbaunationen auf den deutschen Markt drängen. Oftmals übertreffen deren Gebiete die Größe der deutschen Lagen. Das ermöglicht den dortigen Winzern, letztlich die Kosten zu drücken. Da zunehmend die Konsumenten wieder auf den Preis statt auf lokale Herkunft setzen, hat das unmittelbare Auswirkungen auf den Fassweinpreis. Wie die IHK Pfalz vorrechnet, werden knapp 60 Prozent des erzeugten Qualitätsweines und deutlich mehr als 90 Prozent des Tafelweines über die gewerbliche Weinwirtschaft abgesetzt, sprich Kellereien und Großhandel. Die unterliegen wiederum dem Fassweinpreis. Fassweine machen gerade in Rheinhessen noch immer rund die Hälfte der Weinernte aus, von rund 2.000 Weinbaubetrieben sind nur etwa 1.000 „Weinbaubetriebe mit Flaschenweinvermarktung“, wie das Deutsche Weininstitut berichtet. Weinbaupräsident Reinhold Hörner erklärte unlängst, dass derzeit die Preise pro Liter bei durchschnittlich 50 Cent liegen. Ein Preis, bei dem die Winzer kaum ihre Kosten decken können. Neben dem sinkenden Verkaufspreis ist es zugleich auch ein rückläufiger Weinkonsum, der den Druck für die Winzer erhöht. Neben der Inflation, die die Menschen zum Sparen zwingt, wodurch insbesondere der Weinverkauf in der Gastronomie stark zurückgegangen ist, sieht Winzersohn Jan Metzler auch ein verändertes Trinkverhalten. So wirken sich grundsätzliche Trendveränderungen im Konsumverhalten – hin zu alkoholfreierem Genuss – schon heute spürbar bei den Weingütern aus, weiß Metzler. Eine Beobachtung, die die beiden Wormser Winzer Markus Keller und Helmut Kloos im Gespräch mit WO! teilen.

„Unsere Gesellschaft bürokratisiert sich kaputt“

Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, mit der sich die Winzer auseinandersetzen müssen. Beide Winzer, die einen Großteil ihrer Weine direkt vermarkten, sehen große Probleme in der zunehmenden Regulierungswut aus Brüssel und Berlin und wie Land und Kommunen damit umgehen. „Unsere Gesellschaft bürokratisiert sich kaputt“, bringt es Helmut Kloos auf den Punkt. Als Beispiel nennt er hier die Verpackungsverordnung, die auch andere Branchen trifft. So müsse er im Voraus schätzen, wie viel Müll er produzieren wird. Da klar ist, dass das am Anfang nur eine vage Schätzung ist, erfolgt am Ende des Jahres die effektive Berechnung. Ähnliches weiß auch Keller zu berichten. Ab dem kommenden Jahr müssen auf der Rückseite einer Weinflasche die Inhaltsstoffe aufgeführt werden. Grundsätzlich begrüßt Markus Keller die Regelung, kritisiert aber, dass hierfür eine zusätzliche Weinanalyse notwendig ist. Bisher wird diese getätigt, wenn die Winzer zur Freigabe des Weins diesen in das Weinlabor Alzey schicken. Nun muss aber vor dieser Maßnahme schon eine Analyse vorgenommen werden. Da das allerdings für die Freigabe nicht reicht, muss eine neue im Weinlabor erstellt werden. Kurzum, es entstehen doppelte Arbeit und doppelte Kosten. Auch Jan Metzler ist sich dieses Problems bewusst. „Die Winzerschaft steht unter einem massiven wirtschaftlichen Druck. Jetzt geht es darum, welche Veränderungen in den Rahmenbedingungen zu einer Entlastung beitragen könnten“, formuliert er den Prüfauftrag an die Politik. Im Gespräch mit WO! erklärt Metzler, dass er aus diesem Grund in den kommenden Wochen mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir persönlich sprechen möchte. Sein Ziel ist ein runder Tisch, bei dem offen die zunehmenden Probleme angesprochen und nach Lösungen gesucht werden soll. Bis dahin ist es ein kleiner Trost, dass nach bisherigen Einschätzungen der Winzer der 24er Jahrgang zumindest geschmacklich ein guter wird.

Text: Dennis Dirigo, Foto: Richard Semik adobestock.com