09. Dezember 2016
Lincoln Theater in Worms:

Vor vier Jahren trat der Wormser Musiker und Jazz & Joy Organisator David Maier an, um die Wormser Konzertszene um eine Attraktion zu bereichern. Das Konzept von „Stille Töne“ war dabei klar umrissen. Ein Musiker, eine Gitarre (manchmal auch Keyboard) und 30 Minuten Zeit, die selbstgeschriebenen Songs vorzutragen. Im Dezember begeisterte die beliebte Musikreihe vorerst ein letztes Mal das Publikum.

Vier Mal im Jahr trugen insgesamt 48 junge Singer / Songwriter zumeist in gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre einem anzahlmäßig kleinen Publikum ihre Songs vor. Die Frauen waren zwar in der Minderheit, doch genau diese bleiben am Ende dieser Konzertära am stärksten in Erinnerung. Während sich die Männer zumeist im sicheren Terrain der Folkmusik aufhielten, glänzten die Sängerinnen durch eine ausdrucksstärkere musikalische Beweglichkeit. Unvergessen der Auftritt der Mainzer Musikerin Mine mit ihrem platzraubenden Omnichord oder der verrückt, fiebrige Auftritt von Johanna Zeul, die demonstrierte, wie man den lang ausgetretenen Pop Pfaden neue Facetten abgewinnen kann. Auch bei der letzten Veranstaltung, die David Maier gleich mit zwei Namensvettern besetzte, war die einzige Dame des Abends, Alex Mayr, der leuchtende Turm auf der Bühne des Lincoln – und das nicht nur wegen ihrer stattlichen Größe. Den Anfang machte jedoch Joseph Myers. Der gebürtige Osnabrücker, der nach eigener Aussage seine Musikkenntnisse in der Musik-AG der Hauptschule erwarb, blieb zwar der männlichen Vorliebe für geerdeten Singer / Songwriter Pop der Marke Folk treu, schaffte es aber trotzdem, sich mit einem Händchen für die besondere Melodie von seinen Vorgängern abzuheben. Das lag aber vielleicht auch an dem sehr bescheidenen, sympathischen Auftretens des ehemaligen Kinderpflegers, der seit fünf Jahren durch Deutschland tingelt. Zwar schrien seine Songs geradezu nach einem üppigeren Arrangement und wirkten zuweilen in ihrer Kargheit etwas verloren, doch glich Myers dies durch seine unvergleichliche Reibeisenstimme aus. Wer mehr hören will, sollte sich unbedingt die CDs anschaffen, denn dort lösen die Stücke dieses musikalische Versprechen restlos ein. Eine Spur gefälliger geriet der Auftritt von Marcel Gein. Dieser war zweieinhalb Jahre zuvor schon einmal Gast in Worms, damals noch unter seinem Pseudonym Perry O`Parson. Abgesehen davon, dass Gein heute in Deutsch singt, hat sich bei dem Wahlhamburger nicht viel geändert. Musikalisch kann er die Nähe zu seinem Vorbild, Ryan Adams, kaum verhehlen. Das betrifft sowohl das sensible Gitarrenspiel als auch die klugen Texte, die zumeist mit Alltagsbeobachtungen punkten. Der Musiker, der die Bühne augenzwinkernd dazu nutzte, um sich als suchender Single zu präsentieren, hatte selbst noch einen Gast im Gepäck, nämlich Helmet Lampshade. Auch für Lampshade ist die Stadt Worms keine unbekannte, spielte er doch vor kurzem im Rahmen des Pop Up Festivals ein Schaufensterkonzert. Das Finale gehörte jedoch Alex Mayr, die zur Verstärkung den Schlagzeuger Konrad Henkelüdeke mitbrachte. Mayrs Songs bewegten sich zwischen der sprachlichen Verspieltheit von Judith Holofernes‘ Deutsch-Pop, berührten aber auch immer wieder Gefilde der Weltmusik oder überraschten mit elektronischen Elementen. Auch hier lohnte der Kauf einer CD nachhaltig. Am Ende des Abends waren alle zufrieden und David Maier sichtlich gerührt.

FAZIT: Wenn das Abschiedskonzert der „Stille Töne“- Reihe sinnbildlich für das musikalische Erbe deutscher Musiker steht, ist es um dieses nicht schlecht bestellt. Schade allerdings, dass diese gelungene Reihe vorerst ein Ende findet. Der Grund ist, dass der „Stille Töne“ Chef David Maier eine Stelle im Kulturamt Offenbach angenommen hat.