Als Richard Grünewald (Bündnis90/Die Grünen) im letzten Jahr bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pfiffligheim über die Möglichkeit sprach, die Landgrafenstraße in eine Fahrradstraße umzuwandeln, waren Skepsis und Empörung groß. Das dürfte bei dem 2020 folgenden Pilotprojekt, aus der Speyerer Straße eine Fahrradstraße zu machen, nicht anders sein.

In der ersten Sitzung des neu eingerichteten Mobilitätsausschuss stellte die Stadtverwaltung die Pläne vor. Zur Überraschung des Stadtrats Albert Koch (FDP) war das Projekt zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossene Sache und wurde den Ausschussmitgliedern lediglich zur Kenntnisnahme vorgestellt. Umgesetzt werden soll das Vorhaben im Frühjahr 2020. Geplant ist der Umbau eines Teilstücks zwischen der Schönauer Straße und der Gutleutstraße, ab hier darf schließlich dann wieder der gesamte Verkehr teilnehmen, da es auf der Verbindung nach Horchheim bereits ausreichend gesicherte Fahrradwege gebe. Die Ausbaulänge beträgt insgesamt 360 Meter. „Es besteht nun die Möglichkeit, die Speyerer Straße mit einer 6 Meter breiten Fahrbahn so auszubauen, dass mind. 2,10 m breite Gehwege angelegt werden können, weiterhin Busverkehr möglich ist und ca. 3 – 4 Parkplätze im breiteren Bereich ausgewiesen werden können“, schreibt die Verkehrsbehörde in der Mitteilungsvorlage für den Ausschuss. Um ein komfortables und sicheres Fortkommen für Radfahrer zu gewährleisten, entschied man sich, an dieser Stelle das Konzept einer Fahrradstraße anzuwenden.

Doch was ist eigentlich konkret eine Fahrradstraße?

Grundsätzlich handelt es sich um eine Straße, in der das Fahrrad Vorrang hat. Autos dürfen nach wie vor die Straße befahren, allerdings nur als Anlieger. Das gilt nicht nur für Anwohner, sondern auch, wenn man ein Geschäft in der entsprechenden Straße aufsucht. Das erlaubte Tempo wird deutlich reduziert. Die Stadtverwaltung kündigte in diesem Zusammenhang an, dass man selbstverständlich den Verkehr überwachen werde. Nach dem ersten Jahr sollen die Ergebnisse dieser Überwachung in einer Vorher-Nachher-Untersuchung ausgewertet werden. Den beiden koalierten Fraktionen CDU und SPD spielt dieser Beschluss der Verkehrsbehörde buchstäblich in die Karten ihres „Worms-Plans“. Auch darin findet sich das Ziel, Fahrradstraßen zu etablieren, um damit die Attraktivität des Radverkehrs zu stärken. Die dort vorgesehenen Straßen sind jedoch deutlich weniger ambitioniert als der Plan mit der Speyerer Straße, da Straßen wie die Seidenbender-, Gewerbeschul- und Wollstraße eher zu den verkehrsberuhigten Straßen zählen. Im Falle der Speyerer Straße handelt es sich um ein Projekt, das Auswirkungen auf den Verkehr haben wird, kreuzen doch in Spitzenzeiten rund 4.800 Autos die Strecke. Albert Koch (FDP) kritisierte dann auch genau diesen Umstand, da das Vorhaben den Verkehr auf andere Straßen lenke, die damit stärker belastet werden. Ob dies der Fall ist, soll ebenfalls beobachtet werden. Richard Grünewald (Bündnis90/Die Grünen) lobte die Symbolwirkung, die von einem solchen Projekt ausginge.

Die dürfte in einem anderen Fall eher negativ sein, als im Bauausschuss zwei Wochen später die beiden Fraktionen CDU und SPD gegen einen fahrradfreundlicheren Ausbau des Pfortenrings stimmten, was Neu-Stadtratsmitglied Christian Engelke (Bündnis90/Die Grünen) bei Facebook mit den Worten „ich bin schockiert und stinksauer“ kommentierte. Der Pfortenring soll aufgrund seines schlechten Straßenzustands im kommenden Jahr saniert werden. Hierfür schlug die Stadtverwaltung zwei Varianten vor. Die erste betonte die Möglichkeit, neue Parkplätze wegen des „vorhandenen Parkdrucks“ zu schaffen. Ein Radweg findet nur als Schutzstreifen auf der Fahrbahn statt. Von einer Gefährdung durch den parkenden und fließenden Verkehr sei jedoch nicht auszugehen. Die zweite Variante sah einen deutlich ausgeweiteten Fahrradstreifen (Breite 1,85 m) sowie einen komfortableren Gehweg vor. Der Nachteil wäre das Wegfallen von Parkplätzen gewesen. In Folge dieses Szenarios sei mit einem Ausweichen in andere Straßen zu rechnen, in denen die Parksituation ebenfalls angespannt sei. Mit den Stimmen der beiden großen Fraktionen CDU und SPD entschied man sich für die Variante 1. Gerade im Zusammenhang mit dem benachbarten Prinz-Carl-Hotel wäre jedoch der fahrradfreundliche Ausbau der Straße auch ein positives Zeichen gewesen, den Fahrradtourismus, den man im aktuellen Tourismuskonzept als Markt erkannt hat, ins Visier zu nehmen. Eine geplante Verkehrswende sieht sicherlich anders aus.