Stadtrat stimmt für Konzept der intelligenten Videoüberwachung
Jedes Gewaltverbrechen ist eines zu viel. Dabei sind es vor allem Gewaltdelikte, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen und zur Frage führen, wie sicher ist es in den Städten? In Worms wurde diese Debatte durch den Angriff auf den Coffee Brothers Inhaber Jan Medert und seine Praktikantin erneut entfacht. Damit verbunden ist der politische Ruf nach Videoüberwachung.
Im Stadtrat am 13. März wurden die Weichen für diese Form der Kriminalitätsbekämpfung gestellt. Doch es bleiben Fragen. Eingereicht wurde der Antrag zur Erstellung eines Konzepts zur Videoüberwachung von den Stadtratsfraktionen der SPD und CDU. Darin heißt es: „Um die Sicherheit der Wormserinnen und Wormser zu erhöhen und zu verbessern, beantragen die Fraktionen von CDU und SPD, unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen, eine kommunale und intelligente Videoüberwachung an besonders gefährdeten Punkten unserer Stadt einzurichten. Ein Videosicherheitskonzept wird erstellt.“ Weiterhin erklären die Fraktionen: „Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erwarten zu Recht, dass die Sicherheit und auch die Ordnung in der Stadt gewahrt sind und bleiben.“ Dieser Feststellung liegt wiederum das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage zu Grunde, bei der 86 Prozent der 2.230 Teilnehmer erklärten, sich nachts auf den Straßen unsicher zu fühlen. Zwar erklären die Fraktionen im selben Text, dass man dank der Aufstockung der Ordnungsbehörde und der Zusammenarbeit mit der Polizei durch erhöhten Kontrolldruck so manche „Gefahrenlage zurückgedrängt“ habe, doch das ändert nichts an dem sensiblen Plan. Viel mehr halten sie es für unerlässlich, auf Videoüberwachung zurückzugreifen, da diese präventiv wirke.
Keine Datenschutzbedenken
Auch hegt man keine datenschutzrechtlichen Bedenken. „Zu guter Letzt tragen die neueren Technologien der intelligenten Videoüberwachung auch den datenschutzrechtlichen Einschränkungen Rechnung. Nicht nur das „Persönlichkeitsrecht“, sondern auch das Recht des Bürgers auf die Sicherheitsgewährung des Staates ist Grundrecht.“ Für Dirk Beyer (SPD) ist derweil auch schon klar, wo die Kameras positioniert werden könnten. Neuralgische Punkte sieht er am Hauptbahnhof, in der KW und in Teilen der Stadt. Im Laufe der Debatte schilderten weitere Ratsmitglieder ihre persönlichen Angsträume in Worms. Da Videoüberwachung ein scheinbar einfaches und verlockendes Instrument zur Verbrechensbekämpfung/Vermeidung ist, bat Detlef Kettner von der Freien Liste Pfeddersheim darum, bei der Konzepterstellung auch den größten Wormser Vorort nicht zu vergessen. Doch reicht ein Unsicherheitsgefühl, um einen solchen Eingriff in das öffentliche Leben vorzunehmen und rechtfertigt dies die immensen Kosten?„Die Videoüberwachung geistert immer wieder durch sämtliche sicherheitspolitische Debatten, ist uns aber immer noch den Nachweis schuldig, dass sie präventiv wirkt und Kriminelle wirklich abhält. Dieser Nachweis ist bis heute nie glaubwürdig erbracht worden“, gab David Hilzendegen (Bündnis 90 / Die Grünen) zu bedenken.
Pilotprojekt Mannheim
In Mannheim ist man mit dieser Technologie schon ein ganzes Stück weiter. Dort startete 2018 ein Pilotprojekt zur intelligenten Videoüberwachung mit 68 Kameras. Das Innenministerium Baden-Württemberg zeigt sich mit dem Projekt höchst zufrieden und erklärte auf eine Anfrage der Mannheimer CDU-Fraktion: „Das Beispiel Mannheim hat gezeigt, dass Videoüberwachung grundsätzlich einen positiven Effekt auf die Entwicklung der Kriminalität an sogenannten Kriminalitätsbrennpunkten entfaltet und zur Erhöhung der Sicherheit im Öffentlichen Raum beiträgt.“ Weiter heißt es: „So konnte die Videoüberwachungstechnik in Mannheim schon vielfach dazu beitragen, sich anbahnende körperliche Auseinandersetzungen vor dem Auftreten delinquenten Verhaltens zu unterbinden. Beispielhaft sei hierzu ein Vorfall im Juni 2022 angeführt, bei welchem sich eine männliche Person auf dem Alten Messplatz in Mannheim wiederholt äußerst aggressiv gegenüber Passanten verhielt.“
Zum Sicherheitsgefühl der Bürger hat die Überwachung allerdings nur eingeschränkt beigetragen. So erklärten in einer repräsentativen Umfrage lediglich 17 Prozent, sich sicherer zu fühlen. Dennoch wurde der Einsatz insgesamt als gut bewertet. Das Projekt in Mannheim ist auf fünf Jahre ausgelegt. In Worms dürfte ebenso viel Zeit vergehen, bis es soweit ist. Insofern sind Stadt und Stadtrat auch gefragt, sich Ideen abseits von technischen Lösungen zu überlegen.
Text: Dennis Dirigo