Auf den ersten Blick könnte man die Frage stellen: „Was haben Hebammen, Erzieher und Sozialarbeiter gemein?“ Die Antwort lässt sich schnell finden. Alle drei Berufsgruppen beschäftigen sich mit unserem Nachwuchs. Sie kümmern sich also schlicht und ergreifend um die Zukunft unserer Gesellschaft. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass alle drei Berufsgruppen seit einiger Zeit für mehr Anerkennung kämpfen und dafür auch jüngst in Worms auf die Straße gegangen sind, um ihren Unmut über die unbefriedigende Situation zum Ausdruck zu bringen.

Natürlich muss man an dieser Stelle ein wenig differenzieren. Während es den Erziehern und Sozialarbeitern, neben besseren Arbeitsbedingungen, auch um eine gerechtere Bezahlung geht, ist bei den freiberuflichen Hebammen der Streitpunkt die immer höher steigende Berufshaftpflichtversicherung bzw. die Perspektive, dass es für freie Hebammen ab 2016 gar keine Möglichkeit mehr gibt, sich zu versichern, da dies zukünftig schlichtweg nicht mehr bezahlbar ist. Als Folge bedeutet das für werdende Eltern, dass ab kommendem Jahr Hausgeburten so gut wie unmöglich sind und ausschließlich in Krankenhäusern stattfinden. Zunächst könnte man sagen, dass ein Krankenhaus sicher auch ein adäquater Platz für eine Geburt ist, schließlich arbeiten dort genauso Hebammen und medizinisch geschultes Personal. Letztlich widerspricht dies allerdings dem Recht auf eine freie Wahl des Geburtsortes. Daneben ist die Hebamme auch eine wichtige Begleiterin in der Zeit nach der Geburt. Dies wird dann in dieser Form nicht mehr möglich sein. Aus diesem Grund formierte sich am 09. Mai unter dem Motto „Frauen tragen Schwarz“ ein Protestzug, um auf diese schwierige Situation aufmerksam zu machen. In der Prinz Carl Anlage, wo sich auch die Hebammen-Praxis Inge Gerbig befindet, kam es zu einer Kundgebung. Anwesend waren auch etliche Politiker, die in wortgewaltigen Reden ihre Solidarität mit diesem Berufsstand bekundeten. Doch Solidaritätsbekundungen alleine reichen nicht. Klar ist: wenn die freiberuflichen Hebammen ihren Beruf weiter ausüben sollen, muss irgendjemand für die Kosten aufkommen. In Zahlen bedeutet das: Musste eine Hebamme im Jahr 2004 noch 1352 Euro für die Versicherung bezahlen, sind es in diesem Jahr 5091 Euro. Grund für die steigenden Prämien ist, dass im Falle eines Geburtsfehlers die Folgekosten für die Versicherungen enorm sind. Ein Politiker sagte mir am Rande dieser Veranstaltung, dass am Ende die steigenden Beiträge wahrscheinlich auf alle Steuerzahler umgelegt werden. Das sei wohl die einzige Lösung.

Ähnlich wird es wohl bei den beiden sozialen Berufen sein. Ein wichtiger Streitpunkt ist vor allem der Betreuungsschlüssel, der zumeist von Arbeitgeberseite schön gerechnet wird und mit der Realität nichts zu tun hat. Eine Situation, die nicht nur kommunale Angestellte betrifft, sondern auch Erzieher und Sozialarbeiter anderer Träger. Dabei sind die Anforderungen im Laufe der Zeit immer größer geworden. Längere Öffnungszeiten, mehr Krippenplätze, Entwicklungsberichte, Inklusion, Ganztagsbetreuung, mehr Elternarbeit, so ließe sich die Liste noch weiter führen. Als ich für den Artikel recherchierte, stieß ich bei Spiegel Online auf einen interessanten Artikel mit der Überschrift „Mein Kind, das Schnitzel“. In einem klugen Kommentar verglich die Autorin unsere Anforderungen an die Erzieher mit unseren Erwartungen an ein Schnitzel: „Bitte Top Qualität, aber dennoch preiswert“. Aber wer Qualität möchte, der muss auch bezahlen. Schließlich kostet ein Bio-Schnitzel bei der Metzgerei David ungleich mehr als ein Aldi Schnitzel aus einer Massentierhaltung. Insofern sei hier die Frage gestellt: Was sind uns unsere Erzieher wert? Ist es wirklich zeitgemäß, wenn sich Rheinland-Pfalz damit brüstet, dass für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr keine Kita Gebühren erhoben werden? Wäre es nicht sinnvoller, dies vom Einkommen abhängig zu machen und die Gebühren für die personelle Ausstattung zu verwenden. Ähnliches gilt für das umstrittene Betreuungsgeld, das zumindest derzeit vom Verfassungsgericht auf seine Rechtmäßigkeit geprüft wird. Sollte es nicht die Aufgabe des Staates sein, mit diesem Geld die Kommunen besser auszustatten?

Und noch ein Vorschlag zum Schluss: In den vergangenen Jahren ist der Verteidigungshaushalt in unserem pazifistischen Deutschland auf die Unsumme von rund 32 Milliarden Euro angestiegen und soll in den kommenden Jahren um weitere 2,5 Milliarden steigen. Liebe Bundespolitiker, spart doch einfach ein paar Milliarden von diesem unsinnigen Etat ein und gebt diese den Kommunen, damit die unsere Erzieher, Sozialarbeiter und Hebammen vernünftig unterstützen können. Wenigsten leisten die vernünftige Arbeit, im Gegensatz zu den nicht funktionierenden Gewehren und Helikoptern. Wahrscheinlich ist es auch keine gute Idee, zusätzlich noch Drohnen anzuschaffen, wie Frau von der Leyen das möchte. Stattdessen nochmal die Frage: Was ist uns unsere Zukunft wert?