Bosstime (Bruce Springsteen Tribute)

19. Juni 2021 | Waldstadion Eisenberg:

Eine der Ersten, die es in unsicheren Zeiten wagten, ein Corona konformes Livekonzert unter freiem Himmel auf die Beine zu stellen, war die Verbandsgemeinde Eisenberg, die am 19. Juni in ihr idyllisches Waldstadion einlud zu „BOSSTIME – A Tribute to Bruce Springsteen“ – einem fast dreistündigen Konzert, das bei Band und Publikum lange nicht mehr erlebte Glücksgefühle auslöste.

Auf den Tag genau fünf Jahre zuvor ist der echte Boss zum letzten Mal in Deutschland aufgetreten, seinerzeit im Berliner Olympiastadion vor 70.000 Zuschauern. Als die wohl derzeit beste Springsteen-Coverband Europas, BOSSTIME, nun in Eisenberg spielte, war der Rahmen deutlich kleiner. Knapp 200 Besucher dürften sich an diesem Abend eingefunden haben, um der Band auf Sitzplätzen, mit ausreichend Abstand zu den Nachbarn, zu lauschen. Aber wie der gebürtige Kölner, Frontmann THOMAS HEINEN, schon frühzeitig bemerkte, „ist Sitzen bekanntlich für’n Arsch“, weshalb Sitzplätze schon frühzeitig nur noch Makulatur waren. Denn bereits mit dem energiegeladenen Opener „My love will not let you down“ machte die Band klar, dass man gekommen war, um das Waldstadion zu rocken. Hierbei konnte man das Publikum grob in drei Kategorien einteilen: Ein Drittel Springsteen-Fans, ein Drittel Eventpublikum und ein Drittel Besucher, die glauben, eine Handvoll Springsteen-Songs zu kennen, um dann im Laufe des Abends festzustellen, dass es noch weitaus mehr sind. Wie zum Beispiel „Because the Night“, jener Song aus der Feder Springsteens, der von der Patti Smith Group gecovert zum Welthit wurde und auch an diesem Abend in Eisenberg das Publikum begeisterte. Oder der Song „The Rising“, der im letzten US-Wahlkampf vom jetzigen Präsidenten Joe Biden eingesetzt wurde. Auch das von Springsteen selbst sehr selten live gespielte „Streets of Philadelphia“, für das er 1994 einen Oscar für den besten Filmsong erhalten hat, gaben BOSSTIME in der Konzertmitte zum Besten. Überhaupt hatte die Band in Anbetracht der Open Air Verhältnisse ein knackiges „Best of“ aus der langen Karriere des Mannes zusammengestellt, über den Barack Obama einst sagte: „I am the President, but he is the Boss.“ Neben einem Streifzug durch die Erfolgsalben „Born to run“, „Darkness on the edge of town“ und „The River“ kamen aus der aktuellen Platte Springsteens „Letter to you“ der Titelsong und „Ghosts“ zum Einsatz. Das Grundgerüst bildeten jedoch acht Songs aus dem 84-er Erfolgsalbum „Born in the USA“, immerhin eine der meistverkauften Platten aller Zeiten. Wie so oft bei Tributebands stellt sich die Frage, wie nah die Band am Original ist. Ohne Zweifel klingt die Stimme von Sänger Thomas Heinen ziemlich stark nach Springsteen und die restlichen fünf Musiker, die im Laufe des Abends allesamt ihre überragenden Momente haben, sind zwar nicht die E-Street-Band, aber eine verdammt gute Kopie. Denn die Musik vom Boss lebt in erster Linie von der Energie und der Leidenschaft, aber auch von dem Spagat zwischen kraftstrotzenden Rocknummern wie „Lonesome Day“ oder „Badlands“ und zarten Balladen wie „Tougher than the Rest“ oder „Thunder Road“. BOSSTIME bringen sämtliche Facetten der Musik von Springsteen überzeugend rüber. Als die Dunkelheit hereinbrach, ließ die Band zum Finale hin mit „Glory Days“ und „Cover me“ die Menge noch einmal hochkochen, ehe eine romantische Version von „The River“ und ein entfesseltes „Born to run“ das Ende des Hauptprogramms einläuteten. Der Zugabenblock beginnt bei BOSSTIME traditionell mit einem Solo-Akustikset von Frontmann Thomas Heinen, der zunächst „No Surrender“ in einer grandiosen Akustikversion darbot, gefolgt von „Growin up“ aus Springsteens erstem Album „Greetings from Asbury Park, N.J.“ aus dem Jahr 1973. Zu der Heimathymne „My Hometown“ kam die Band wieder dazu und als die Nacht in Eisenberg nach fast drei Stunden Spielzeit längst angebrochen war, sorgte „Dancing in the Dark“ als vierte und letzte Zugabe noch einmal dafür, dass man das anfangs noch brav auf seinen Sitzen ausharrende Publikum entfesselt tanzen sah. Als der deutsche Bruce, Thomas Heinen, bei „No Surrender“ sang: „It’s so good to see your smiling faces and hear your voices again“ – war das der bewegendste Moment eines großartigen Konzertabends, der nach so langer Live-Abstinenz allen Anwesenden richtig gutgetan hat.