Umfragen der Stadt mit geringer Beteiligung

Im Dezember rief die Stadt zu einer Umfrage auf. Anlass war die neue Digitalstrategie, die die Stadt vorantreiben möchte und dabei die Bürger frühestmöglich involvieren möchte. Die Resonanz war wieder- um sehr verhalten. Das war auch bei vergangenen Umfragen nicht anders. Aber warum ist das so?

In den vergangenen Jahren mangelte es in Worms nicht an Versuchen, den Bürgern mittels Umfragen ein Meinungsbild zu entlocken. Mal war es das Thema Sicherheit in Worms, dann ging es wieder um das Thema Mobilität oder um Integration. Im vergangenen Jahr erfolgten eine Umfrage zum Wochenmarkt, dem „Stadtdörfer“-Projekt und schließlich der „Digitalen Strategie“. Allesamt hatten sie gemeinsam, dass sie mit viel Aufwand propagiert wurden und dennoch die Mitwirkung nicht repräsentativ ausfiel. Nicht anders erging es dem Projekt „Haushalt im Dialog“ (2009 bis 2012), das ebenfalls von einer überschaubaren Gruppe genutzt wurde. Zudem zeigte sich schnell, dass das Forum eher als Kummerkasten missbraucht wurde. Zuletzt forderte die Stadt im letzten November die Bürger auf, sich bei der Entwicklung einer neuen „Digitalen Strategie“ zu beteiligen. Es wurden Pressemitteilungen veröffentlicht, sowie Flyer verteilt und zu einer Eröffnungsveranstaltung in der Aula der Hochschule Worms geladen. Schon da zeigte sich, dass das Interesse eher verhalten ausfällt.

Liegt das nun daran, dass viele Bürger/innen trotz Werbung nichts von dem Start des Projekts wussten oder schlicht daran, kein Interesse an diesem Thema zu haben? Die Wahrheit ist auf beiden Seiten zu finden. Nicht wenige erklärten in Gesprächen, trotz umfangreicher medialer Berichterstattung nichts davon mitbekommen zu haben. Allerdings liegt auch der Verdacht nahe, dass es den meisten Bürger einfach egal ist, welche Digitale Strategie die Stadt am Ende ausformuliert. Ein WO! Leser formulierte es so: „Ich hab noch nie verstanden, was das Gute an Bürgerbeteiligung sein soll. Das ist ein Theorem aus der Soziologie und der Politikwissenschaft. Das funktioniert so nur unter Modellbedingungen. In der Realität bekommt man nur die individuellen Wünsche der 112 Teilnehmer (Am Ende nahmen 178 teil, Anm. der Red.). Davon kann eine Bürgerschaft als Kollektiv nichts ableiten. Viele sehen das auch so und machen deshalb nicht mit.“ Oftmals liegt es aber auch daran, dass Interesse und Engagement vielfach erst bei persönlicher Betroffenheit entstehen. Das dürfte in Bezug auf eine Digitale Strategie bei den meisten nicht der Fall sein, zumal der Wunsch nach Vereinfachung von bürokratischen Wegen schon längst bekannt ist und hinreichend diskutiert wurde. Ob es irgendwann schließlich eine Smart City gibt, dürfte die Mehrheit erst dann beschäftigen, wenn sie mit den Auswirkungen der Digitalen Strategie konfrontiert werden.

Bürgerinitiativen und Umfragen mit begrenztem Einfluss

Es ist aber auch die Lehre aus vielen Bürgerinitiativen oder -beteiligungen, die trotz großer Unterstützung letztlich doch kein Gehör fanden oder denen keine sichtbaren Schritte folgten. Nicht jede Initiative verläuft so erfolgreich wie 2013 die Bürgerinitiative zur Verhinderung des Gewerbeparks „Hoher Stein“. Aber auch hier waren es nicht die Bürger, sondern ein kleiner Hamster, der das Aus brachte. Dem gegenüber steht wiederum der bürgerliche Protest gegen das „Haus am Dom“. Mit rund 15.000 Unterstützern erreichte die Initiative eine Reichweite wie keine Umfrage oder Initiative zuvor. Gehör fand sie dennoch nicht. Das Haus steht mittlerweile. Für viele ist die Geschichte allerdings auch heute nicht vergessen. Gerade solche prominenten Beispiele befördern das Denken vieler, nur wenig Einfluss nehmen zu können. Wie begrenzt letztlich der Einfluss ist, zeigte sich bei einem Pressegespräch zu dem Thema „Sicherheit und Ordnung“. Im September 2020 startete die Stadt über einen Zeitraum von zwei Monaten die Umfrage. In Anbetracht der Kürze der Zeit war eine Resonanz von rund 2.500 Menschen durchaus ordentlich, auch wenn Christian Engelke (Bündnis90/Die Grünen) im Stadtrat zurecht kritisierte, dass man an der Umfrage mehrfach teilnehmen konnte, sodass das Ergebnis nicht repräsentativ sei. Das mag sein, allerdings fielen die Antworten erwartbar aus. Das subjektive Sicherheitsempfinden ist schlecht und das vor allem in der Innenstadt. Die Stadt fügte allerdings schnell an, dass sich leider viele Kritikpunkte ihrer Verantwortung entziehen. Die übriggebliebenen Punkte möchte man wiederum in einem Arbeitskreis verhandeln. Gemessen wird wiederum die Stadt nicht an den Arbeitskreisen, sondern an spürbaren Taten, denn nur so lässt sich vermitteln, dass Bürgerbeteiligung mehr ist als nur eine politische Fingerübung.

Der ersten Ergebnisse der Umfrage Digitale Strategie finden Sie hier: https://worms-gestalten.de/worms/de/home/file/fileId/108/name/Auswertungsergebnisse.pdf

Kommentar: Dennis Dirigo