Ein Kommentar zum anstehenden Wormser Kultursommer

Der Wormser Kultursommer steht vor der Tür und wird in den Sommermonaten wieder für einige Zeit die Schwächen einer Stadt überdecken, die zwar finanziell schwer gebeutelt ist, aber auch dafür bekannt ist, dass man gerne feiert und sich das auch etwas kosten lässt. In wirtschaftlich guten Zeiten nimmt man das gerne hin, in den derzeit eher schwierigen Zeiten ist die Kritik aus der Bürgerschaft besonders laut.

Da Wirtschaftskrisen, Rezession und Inflation die Bürger in einer struktur- schwachen Stadt wie Worms besonders hart treffen, sind es vor allem die vermeintlich elitären Nibelungen-Festspiele, die ob ihrer Kosten immer wieder in den Fokus der öffentlichen Kritik geraten. Wenn dann auch noch bekannt wird, dass die beliebte Konzertreihe „Worms rockt“ oder das Schlagerfestival „Schlager Bäm“ in diesem Jahr nicht mehr auf dem Festplatz stattfinden werden, weil die privaten Veranstalter dieser Events kein Entgegenkommen der Stadt bemängeln, dann ist das Geschrei in den Sozialen Medien groß. Gleichzeitig lieferte diese Meldung einen Vorgeschmack auf das, was uns in den nächsten Jahren erwarten wird. Aufgrund immer stärkerer Reglementierungen und Sicherheitsauflagen aber gleichzeitiger Explosion der Kosten im Eventbereich werden private Veranstalter immer öfters das wachsende finanzielle Risiko einer Open Air Veranstaltung scheuen. Bei vielen Bürgern bleibt jedoch in den Köpfen hängen, dass Mainstreamevents, wie das kostenlose „Worms rockt!“ oder ein Schlagerfestival, wegfallen, während für die Nibelungen-Festspiele anscheinend immer Geld da ist.

Und das stimmt auch, denn es handelt sich um eine städtische Leuchtturm Veranstaltung, die vom Land, vom Bund, jeder Menge Sponsoren und natürlich auch der Stadt getragen wird, sonst wäre ein Theaterevent in dieser Größenordnung gar nicht möglich. Und man kann festhalten: Wenn die knapp 20.000 Besucher der Festspiele vom 7. bis 23. Juli unvergessliche Stunden in „Deutschlands schönstem Theaterfoyer“ verbringen, dann entsteht im wunderschön illuminierten Heylshof für zwei Wochen tatsächlich eine eigene kleine Welt mitten in einer von Problemen gebeutelten Stadt. Einer Stadt, die zwar mit kulturellen Veranstaltungen, wie den „Nibelungen-Festspielen“, „Jazz & Joy“, „Backfischfest“ oder dem „Spectaculum“, Touristen oder Leute aus der Region in die Stadt locken will, denen man aber, fernab der zahlreichen Sehenswürdigkeiten (Dom, Luther, Jüdisches Erbe, etc.), nur wenig zu bieten hat.

Man kann in Worms sehr viele schöne Orte entdecken, sofern man bestimmte Gebiete ausspart und keine besonderen Anforderungen an die Geschäfte oder die gastronomischen Einrichtungen in der Innenstadt stellt, gibt doch gerade die Fußgängerzone ein eher trostloses Bild ab. Und so ist die Zeit des Wormser Kultursommers auch eine Zeit, die mehr denn je für die Ambivalenz einer Stadt wie Worms steht. Während die Innenstadt deutlich an Attraktivität eingebüßt hat und mit millionenschweren öffentlichen Fördergeldern des Bundes wieder in Schwung gebracht werden soll, muss sich die Wormser Politik auf Druck des Landes mit der Frage beschäftigen, ob man die Grundsteuer für Hausbesitzer oder die Gewerbesteuer für Unternehmen erhöht, um den dauerhaft defizitären Haus- halt der Stadt in den Griff zu bekommen. Man erhält also Gelder des Bundes, damit sich neue Unternehmen in der Stadt ansiedeln, soll aber gleichzeitig die Gewerbesteuer weiter erhöhen, um Worms im Endeffekt noch unattraktiver für Neuansiedlungen von Firmen zu machen.

Die Politik gibt und die Politik nimmt es wieder. Das war schon immer so, aber selten war dies so absurd wie in diesen Tagen. Aber jetzt gibt es zur Ablenkung erst mal „Brot und Spiele“ für die Wormser Bevölkerung – den unausweichlichen Problemen können wir uns dann wieder im Herbst widmen.