Die Fußball WM in Katar entfacht auch in Worms keine Begeisterung

Wenn eine Fußball-Weltmeisterschaft stattfindet, dann merkt man das in Worms normalerweise an jeder Ecke. Man sieht Deutschland-Fahnen an Fenstern und auf Balkons, kleine Fähnchen an Autos und überall Hinweise auf Public Viewing oder Kneipen, die WM-Spiele übertragen. Bei der derzeit stattfindenden Fußball-WM in Katar ist alles anders. Es ist eine WM, die sich irgendwie falsch anfühlt.

Ob es daran liegt, dass diese WM erstmals in einem Winter ausgetragen wird, in dem die Deutschen zum Energiesparen aufgefordert werden, während die Stadien in der Wüste von Katar mittels Klimaanlagen auf angenehme Temperaturen runtergekühlt werden? Oder doch eher daran, weil im Vorfeld dieser WM zu viele negative Dinge passiert sind, so dass es schwerfällt, ein unbeschwertes Fußballfest in einem Land zu feiern, in dem elementare Menschenrechte mit den Füßen getreten werden? Kann man einfach so ausblenden, dass beim Bau der Stadien bis zu 15.000 Gastarbeiter ihr Leben lassen mussten und Homosexuelle in Katar schwere Repressalien – bis hin zur Todesstrafe – zu befürchten haben? Fakt ist, dass der Funke für diese „WM der Schande“ nicht so recht überspringen will. Echte Fußballfans werden nun argumentieren, dass man Sport und Politik trennen sollte und dass es im Endeffekt nur ein Fußballturnier ist, bei dem sich die besten Teams der Welt auf einem Rasen messen, der genauso grün wie in anderen Ländern ist. Echte Fußballfans hatten sich aber auch schon vor zwölf Jahren darüber echauffiert, dass eine Fußball- WM in einen Wüstenstaat vergeben wurde, der bis dato fußballerisch noch nicht groß in Erscheinung getreten war, geschweige denn über so etwas wie Fußballeuphorie verfügt. Das Erstaunliche dabei war, dass der krasse Außenseiter den Zuschlag für die WM nicht einmal in einem knappen Rennen für sich entscheiden konnte, denn 14 von 22 Mitglieder des FIFA-Vorstandes stimmten für die Wüsten-WM in Katar. Schon damals war ersichtlich, wie käuflich der Fußball ist, der offensichtlich immer mehr zur reinen Show verkommt. Geschätzte 100 Milliarden Dollar wird sich Katar das Spektakel in der Wüste kosten lassen. Ähnliches droht bei den Asiatischen Winterspielen, die 2029 in Saudi-Arabien stattfinden sollen – in einem Land, in dem es nicht einmal Schnee gibt. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, welcher gewiss nicht klimafreundliche Aufwand betrieben wird, um Winterspiele in der Wüste zu veranstalten. Die Kritik an der Vergabe der WM nach Katar gab es also schon lange, bevor ein Menschenrechtler in Deutschland auf die politischen Missstände in dem Wüstenstaat aufmerksam wurde. Der Druck, der dann kurz vor Beginn der WM auf das Gastgeberland ausgeübt wurde, kam schlichtweg zwölf Jahre zu spät. Auch die Medien, die diese offensichtlich gekaufte WM-Vergabe seinerzeit fast kommentarlos durchgewunken haben, entdeckten reichlich spät ihre kritische Ader.

Symbol-Protest des DFB

In der Politik spricht man von „Symbolpolitik“, wenn man eine Entscheidung trifft, die eigentlich gar nichts bringt, sondern allenfalls Symbolcharakter besitzt. Mit „Symbol-Protest“ könnte man auch das bezeichnen, was der DFB vor dem Eröffnungsspiel der deutschen Mannschaft gegen Japan inszeniert hat. Durch die tagelangen Diskussionen um das Tragen der „One Love“-Kapitänsbinde von Manuel Neuer hat man einen Nebenkriegsschauplatz eröffnet, der zumindest für die Leistung der deutschen Mannschaft nicht förderlich war. Vor allem aber war der Protest des DFB heuchlerisch und verlogen, ist es doch ein offenes Geheimnis, dass auch der DFB – in Person von Franz Beckenbauer – damals für eine Vergabe der WM nach Katar gestimmt hat. Auf Druck der Politik erfolgte diese Entscheidung, weil deutsche Konzerne wie die Deutsche Bahn, Hochtief oder Siemens mit Milliardenaufträgen zur Schaffung der erforderlichen Infrastruktur in Katar in erheblichem Maße von dieser WM profitierten. Die Entscheidung des DFB für Katar war also ebenso von wirtschaftlichen wie politischen Interessen geprägt. Auch die Franzosen, in Person von Michel Platini, stimmten für Katar, nachdem deren damaliger Präsident Sarkozy beim gemeinsamen Abendessen mit dem Emir von Katar die wirtschaftlichen Interessen Frankreichs dargelegt hatte. Kurz zuvor war der Emir zu Besuch beim damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff im Berliner Schloss Bellevue. So viel zum Thema „Trennung zwischen Sport und Politik“.

Zum sportlichen Teil der WM

Die Begleitumstände dieser Winter-WM, die mitten in einer laufenden Bundesligasaison stattfindet, haben auch bei mir keine wirkliche Vorfreude aufkommen lassen, weshalb ich mir bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nur die beiden deutschen Gruppenspiele angesehen hatte. Während die 1:2-Auftaktniederlage gegen Japan nicht gerade zur Steigerung der Euphorie in unserem Land beigetragen hat, kann man das 1:1-Unentschieden gegen starke Spanier durchaus als Achtungserfolg werten. Wenn Deutschland im letzten Gruppenspiel Costa Rica schlägt und gleichzeitig Spanien nicht gegen Japan verliert, könnte das Team von Bundestrainer Hans Flick doch noch ins Achtelfinale einziehen (Die Spiele fanden nach unserem Redaktionsschluss statt). Vielleicht entsteht dann so etwas wie Euphorie, sollten die Deutschen mit dabei sein, wenn ab dem Achtelfinale die Besten der Welt um den Titel kämpfen und es nur noch um den Sport geht.

Ein Kommentar von Frank Fischer