Zwei verflixte sieben Jahre haben wir schon überlebt. Sie fragen sich trotzdem, warum wir ausgerechnet unser 14-Jähriges feiern? Ehrlich gesagt wollten wir den 13. (!) Geburtstag nicht feiern und die 150. Ausgabe hätten wir vor neun Monaten beinahe selbst verpasst. Und da in einer schnelllebigen Zeit immer mehr Magazine und Zeitungen eingestellt werden, sollte man die Feste feiern, wie sie fallen. Zu unserem Jubiläum haben wir uns mit der Frage beschäftigt: „Wie hat sich Worms in dieser Zeit verändert?“

Als im März 2005 die erste Ausgabe unseres Magazins erschien, da war die Welt in Worms noch eine andere. Erst langsam begann die Stadt, sich aus ihrem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf zu schälen.
Ein Jahr zuvor hatte mit der Kaiserpassage ein neuer Einkaufsmagnet in der Innenstadt eröffnet, aktuell diskutierte man gerade über die Entstehung eines Wormser Einkaufsparks auf dem acht Hektar großen Gelände, wo in früheren Zeiten die Lederwerke Doerr & Reinhardt und später die Bundeswehr ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Die ohnehin schon durch die Eröffnung der Kaiserpassage gebeutelten Geschäftsinhaber in der Innenstadt witterten den großen Ausverkauf auf der grünen Wiese. Trotzdem wurde das WEP 2008 eröffnet und aus heutiger Sicht war es richtig, ein brachliegendes Gelände wirtschaftlich zu erschließen, denn die dortigen Geschäfte und Restaurants werden bis heute gut angenommen. Im Umfeld des WEP sind in der Zwischenzeit alleine drei Fitnessstudios entstanden. Einzig der in den 80er Jahren als große Hoffnung angepriesene Nibelungencenter konnte sich auf Dauer nicht halten. Zwar sind die Wormser damals mit Freude zum BIG einkaufen gegangen und haben anschließend den beliebten Supermarkt mit den prägnanten Papiertüten verlassen. Seinerzeit gab es dort auch noch Bauhaus und ein Bowlingcenter, das aber nie so recht angenommen wurde. Mit der Eröffnung des WEP in unmittelbarer Nachbarschaft begann der schleichende Tod des Nibelungencenters. Da auch BIG-Nachfolger Marktkauf schon bald die Segel streichen musste, blieb zum Schluss nur noch Bauhaus übrig. Als Mitte 2015 auch die Baumarktkette ihre Pforten schloss, wurde der NC an eine Investorengruppe verkauft. Seitdem steht das Haus leer, Anfang des Jahres setzte ein Brand dem Gebäude zusätzlich zu. Nach den Plänen eines Investors soll dort zukünftig das „Wohnquartier Gerbergasse“ entstehen, auch ein Hotel an der Schönauer Straße ist vorgesehen. Dass ein Hotel tatsächlich kommt, glauben die Wormser allerdings erst, wenn es gebaut ist. Gerüchte um die Ansiedlung eines Hotels gab es in den letzten 14 Jahren wahrlich einige. Immerhin soll schon bald das Grundstück zwischen Shell-Tankstelle und den beiden Fitnessstudios bebaut werden, eine Filiale von Kentucky Fried Chicken soll hier eröffnen. Bis die Entwicklung dieses Gebietes am südlichen Eingang von Worms abgeschlossen ist, müssen wir uns allerdings noch ein paar Jahre gedulden. Trotzdem kann man sagen: Worms hat sich seit 2005 stark verändert, wie an weiteren Stellen in der Stadt sichtbar wird.

Auch am östlichen Eingang von Worms, von der hessischen Rheinseite kommend, hat sich in den letzten 14 Jahren einiges getan. Allem voran die Eröffnung der zweiten Rheinbrücke im September 2008. Im Zuge dessen wurden auch die Zufahrtsstraßen zum Rhein und Richtung Hessen neu gebaut. Wo man im Jahr 2005 noch quälend lange über die Rheinbrücke kriechen musste, fließt der Verkehr heute deutlich besser. Auch der Festplatz sah noch anders aus und an der Rheinpromenade fehlte eine gastronomische Einrichtung, die dort heute nicht mehr weg zu denken ist: Die Strandbar443 eröffnete erstmals im Jahr 2006 und hat sich im Laufe der Zeit zu einer der chilligsten Adressen in Worms entwickelt. Ab Sommer 2019 soll ein Eiscafe am Pegelhäusje die Lücke zwischen Hagenbräu und Kolbs Biergarten schließen. An der Rheinpromenade, wo es bei Sonnenschein Tausende hinzieht, ist sicherlich noch das größte Entwicklungspotential für die nächsten Jahre. In der Innenstadt wurde der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet und im Jahr 2013 mit einem Konzert von Max Mutzke eingeweiht. Wo früher die Bushaltestellen waren, ist heute ein sehr schöner, aber ziemlich toter Platz, der zum Verweilen einladen soll. Dass auf diesem großen Platz nicht einmal Veranstaltungen stattfinden können, ist der Tatsache geschuldet, dass man bei der Neuanlage des Platzes keine entsprechenden Leitungen und Anschlüsse verlegt hat. Im Zuge der Bahnhofsumgestaltung eröffnete auch die Fast-Food-Kette „Burger King“ eine Filiale im Wormser Hauptbahnhof. Im Jahr 2005 war noch das Döner-Restaurant ALReadys am Eingang zur KW der große Publikumsrenner. Auch im Domumfeld hat sich im Laufe der Jahre einiges verändert, nach der Meinung vieler Bürger nicht immer zum Vorteil. Da ist zum einen das umstrittene „Haus am Dom“, das im letzten Jahr fertiggestellt wurde und im Vorfeld des Baus jahrelange Diskussionen entfachte. Auch der Bau der 2013 eröffneten DomTerrassen, direkt gegenüber vom Wormser Dom, stieß in der Bevölkerung nicht nur auf Begeisterung. Zehn Jahre zuvor hatte man einen Bau an der Stelle, wo heute Mauritius leckere Cocktails ausschenkt, noch abschmettern können. Mitten im OB-Wahlkampf 2003 meldete sich ein Wormser Bauunternehmen, das am Glaskopf ein Hotel bauen wollte und mit der Ramada-Gruppe bereits einen potentiellen Betreiber gefunden hatte. Auf Druck der Bevölkerung, die ein Wegfallen der „Blickachse“ vom Weckerlingplatz zum Dom befürchtete, lehnten die damaligen OB-Kandidaten, u.a. auch Michael Kissel, den Bau ab. Danach war der gewählte OB Kissel 16 Jahre lang händeringend auf der Suche nach einem potentiellen Hotelbetreiber. Als große bauliche Veränderung seit 2005 sollte natürlich auch die Umwandlung der Fläche der amerikanischen Streitkräfte in das Wohngebiet „Liebenauer Feld“ erwähnt werden, wo sich im direkten Umfeld ein Ärztehaus, REWE-Markt und diverse Geschäfte angesiedelt haben. Mit all diesen Veränderungen wurde vor allem der Tatsache Rechnung getragen, dass die Einwohnerzahl der Stadt kontinuierlich wächst. Waren im Jahr 2005 noch 81.457 Personen in Worms gemeldet, so waren es Ende 2017 bereits 86.283 Einwohner.

Was hat sich kulturell in Worms getan?

Einen Satz, den wir in den Anfangsjahren des Öfteren hörten, war: „In Worms is nix los!“ Bedingt stimmte das auch. Aus heutiger Sicht muss man sich fragen, wie wir damals unsere Terminseiten mit Veranstaltungen gefüllt haben? Zahlreiche Events oder Kultureinrichtungen gab es „damals“, im Jahr 2005, schlichtweg noch nicht.

Beginnen wir deshalb mit dem, was es schon gab. Natürlich das Backfischfest und vermutlich stand auch damals schon die Wilde Maus auf dem Festplatz. Auch das Spectaculum gab es schon, das erstmals 2002 auf dem Torturmplatz in einem weitaus kleineren Rahmen als heutzutage ausgetragen wurde. In den Folgejahren wanderte der Mittelaltermarkt ins Wäldchen, wurde immer größer und lockt seit gut einem Jahrzehnt regelmäßig mehr als 20.000 Besucher an. Auch „Jazz & Joy“ gab es bereits seit 1991 und startete seinerzeit noch als reines Wormser Jazzfestival. Wie später das „Joy“ im Namen verriet, öffnete sich das Festival im Laufe der Jahre auch für andere Musikrichtungen. Im Jahr des Erscheinens unserer ersten Ausgabe im Jahr 2005 spielte Joe Cocker das Sonderkonzert auf dem Marktplatz. Im Line up tauchten auch regionale Bands wie Lightshy oder The Nannys auf, die auch heute noch die Bühnen der Region unsicher machen. Auch Heinz Balzer spielte mit seiner Band Altrheinpower, die im letzten Jahr zum 25-jährigen Jubiläum eine neue CD („Erregende Sehnsucht“) herausgebracht hat, im Jahr 2005 bei „Jazz & Joy“, ebenso wie die Bachmann Blues Band. Deren Frontmann Rolf Bachmann ist auch heute noch sehr aktiv und spielt seit 2008 traditionell im Sommer mit seiner Band „The Lost Hippies“ Hits der 60er und 70er Jahre im wunderschönen Ambiente von Kolbs Biergarten und lockte in manchen lauen Julinächten mehr als 1.000 Besucher an den Rhein. Aber trotz Backfischfest, Spectaculum oder Jazz & Joy waren es vor allem die Nibelungen Festspiele, die nach ihrem Start im Jahr 2002 noch einmal eine kulturelle Initialzündung auslösten. Im Jahr 2005 hat Karin Beier im zweiten Jahr ihrer Regiearbeit eine großartige Aufführung abgeliefert und die Messlatte für die nächsten Jahre ziemlich hoch gelegt. Danach übernahm Dieter Wedel wieder das Regiezepter. Auch wenn man über die Qualität seiner Aufführungen mitunter streiten konnte, hat es Dieter Wedel bis zu seinem Abschied im Jahr 2014 doch stets geschafft, das kleine Städtchen Worms in aller Munde zu bringen. Heute ist Worms als Festspielstadt anerkannt und hat seinen Bekanntheitsgrad zweifelsohne gesteigert. Aus künstlerischer Sicht sollte es, nach Karin Beiers Ausscheiden, 13 Jahre dauern, bis mal wieder eine Nibelungen-Aufführung Publikum wie Kritiker gleichermaßen euphorisierte: „Siegfrieds Erben“ (Regie: Roger Vontobel), mit Jürgen Prochnow und Ursula Strauss in der Hauptrolle, aus dem Jahr 2018. Nach dem Erfolg der letzten Aufführung schaut man bei den Nibelungen Festspielen auch im fünften Jahr unter der Intendanz von Nico Hofmann positiv in die Zukunft. 2019 wird das Stück „Überwältigung“ unter der Regie von Lilja Rupprecht aufgeführt.

Dass Worms heute über eine äußerst vitale Theaterszene verfügt, ist der jahrelangen Pionierarbeit der Festspiele geschuldet, junge Leute für Theater zu begeistern. Womit wir auch schon bei den kulturellen Errungenschaften der letzten 14 Jahre wären. Theatergruppen wie die Nibelungenhorde oder Szene 9 sind aus dem Umfeld der Festspiele entstanden und zeigen seit Jahren qualitativ hochwertige Aufführungen. Ein Jahr nach dem Erscheinen unserer ersten Ausgabe öffnete das Lincoln Theater im ehemaligen Roxy-Kino am Obermarkt erstmals seine Pforten. Laut Beschluss des Wormser Stadtrates aus dem Jahr 2006 sollte das Lincoln Theater nur als Übergangslösung fungieren, so lange in Worms – wegen des Neubaus des Kultur- und Tagungszentrums mit gleichzeitiger Sanierung des Theatersaals – kein Kulturprogramm möglich war. Als fünf Jahre später „Das Wormser“ eröffnete, erhoben „die Wormser“ ihre Stimme gegen die geplante Schließung des Lincoln. Ein privater Trägerverein übernahm die Leitung der Kleinkunstbühne und die Übergangslösung erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit. Im Jahr 2007 fand erstmals die Wormser Kulturnacht statt, bei der sich Wormser Kulturtreibende an verschiedenen Orten in der Stadt präsentieren. Nach elf Auflagen mit bis zu 3.000 Besuchern wurde im letzten Jahr wegen der umfangreichen Vorbereitungen zum Rheinland-Pfalz-Tag pausiert, aber in diesem Jahr wird die Wormser Kulturnacht am 29.06. wieder zurückkehren. Ebenfalls im Jahr 2007 fand erstmals die „Wormser Weinmesse“ statt, damals noch im Alten Schlachthof. Später fanden die Weinfreunde eine neue Heimat in dem 2011 eröffneten Kultur- und Tagungszentrum, kurz „Das Wormser“. Der 50 Millionen Euro teure Bau sollte, als Ersatz für die ursprünglichen Pläne, eine Stadthalle auf dem Gelände der Prinz Carl Anlage zu errichten, hauptsächlich im Tagungsgeschäft wirtschaftlich erfolgreich arbeiten. In der Konzeption von Anfang an vorgesehen war auf dem heutigen EWR-Parkplatz ein neu anzusiedelndes Hotel, das sich von der linken Seite baulich an „Das Wormser“ anschmiegen sollte. Auch heute hat man, acht Jahre nach der Eröffnung, immer noch keinen Hotelbetreiber gefunden. Die Pläne, dass sich ein Ibis Styles Hotel ansiedeln soll, dürften sich wohl zerschlagen haben. Ohne Hotel fällt es den Verantwortlichen aber nicht gerade einfach, das angestrebte Tagungsgeschäft anzukurbeln. Dafür ist der Mozartsaal eine neue Heimat geworden für Fastnachtssitzungen, äußerst beliebte After-Work-Partys, Comedy-Stars oder eben die Wormser Weinmesse. Auch die Wormser Rocknacht kehrte nach einer zweijährigen Pause im Jahr 2013 wieder in den Mozartsaal zurück, in den sich ab und an sogar ein Weltstar wie Anastacia verirrt. Seit der Eröffnung konnten zwei Acts den Mozartsaal bereits zwei Mal in Folge bis auf den letzten Platz füllen: Schlagerbarde Dieter Thomas Kuhn (2014 & 2016) und die Rammstein-Coverband Völkerball (2017 & 2018). Ein „ausverkauft“ konnten im Laufe der Jahre auch BAP und The Sweet vermelden, nicht jedoch Christina Stürmer, Vanessa Mai, MIA oder Guildo Horn. Natürlich gab es auch in der Innenstadt noch kein Pop-up-Festival, das im letzten Jahr erst sein Vierjähriges feierte. Ein Publikumsrenner war 2005 noch das Honky-Tonk-Festival, bei dem es Livemusik in über 20 Locations zu hören gab. Damals säumten bis zu 7.000 Feierwütige die Wormser Straßen. Im Laufe der Zeit nahm das Besucherinteresse aber immer mehr ab und vor drei Jahren wurde das Festival in Worms eingestellt. Wer jedoch im Jahr 2005 Oktoberfest feiern wollte, musste noch nach München fahren und überteuerte Maß-Preise zahlen. Heute spielen die Bands, die sonst auf der Wiesn spielen, auch auf dem Festplatz in Worms. Seit fünf Jahren ist das Wormser Oktoberfest nicht mehr aus dem regionalen Veranstaltungskalender wegzudenken und erreicht mittlerweile fünfstellige Besucherzahlen.

Fazit: Ohne Frage, die Stadt Worms hat sich in den letzten 14 Jahren kulturell unglaublich gemausert. Worms ist in dieser Zeit zwar nicht zur „Kulturhauptstadt Europas“ geworden, wie OB Kissel einst frohlockte. Aber den Satz, dass hier nix los sei, den kann man so schon lange nicht mehr stehen lassen.

Viel Vergnügen beim Lesen unserer 159. Ausgabe von:
WO! – DAS Wormser Stadtmagazin

wünscht Ihnen
Frank Fischer